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Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck

Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck

Titel: Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Izzo
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für mich sprechen. Abwesenheit, Entfernung, Zeit werden für mich sprechen.
    Mansfield Park
    I ch stand in BH und Unterwäsche da und schaute in meinen Schrank. Nichts als ein Meer aus Schwarz mit ein paar grauen und schokoladenbraunen Flecken, die wie einsame Inseln im dunklen Ozean wirkten. Ich griff wahllos ein paar Kleidungsstücke und zog sie hastig an, dabei fiel ich fast um. Ich war schon spät dran und in keiner guten Stimmung für ein Treffen.
    Die Anwältin meiner Großmutter hatte sich ein paar Tage nach der Beerdigung bei mir gemeldet, um über das Testament zu sprechen. Da war das Haus, das auf Ann und mich überschrieben werden musste, aber meine Schwester musste arbeiten, daher ging ich allein hin und brachte ihr die Dokumente zur Unterschrift vorbei.
    Die Anwaltskanzlei lag in einem älteren kleinen Haus, das vor kurzem frisch gestrichen worden war. Es war taubengrau mit schwarzen Fensterläden. Die Anwältin hieß Nelly Lemmon und arbeitete seit Jahren für meine Großmutter. Sie musste inzwischen uralt sein.
    Ich stieg aus dem Auto, meine Absätze verdrehten sich gefährlich auf dem Kiesweg, meine zarten Samtschuhe waren nicht für die Steinchen gemacht, die bei jedem Schritt nachgaben. Unelegant stolperte ich zur Tür, strich meinen Rock glatt und klopfte an.
    »Herein!«, rief eine Frauenstimme von drinnen.
    Im Vestibül lagen stapelweise Akten, alte Zeitungen und Zeitschriften.
    »Sind Sie das, Kate?«
    »Ja, ich bin’s«, rief ich und folgte der Stimme einen schmalen Flur entlang, in dem schäbige Metallaktenschränke standen, überall stapelten sich Akten.
    »Ich bin hier hinten!«, erklang die Stimme erneut.
    Ich bog um eine Ecke und stieß fast gegen eine koboldhafte Frau, die vielleicht einen Meter fünfzig maß. Ihre Haare bestanden aus einer Unmenge roter Korkenzieherlocken, in denen weiße Strähnen blitzten. Sie trug Wimperntusche und einen hellrosa Lippenstift, aber ansonsten war sie leichenblass, als wäre sie seit Jahrzehnten nicht mehr draußen gewesen. Ihr Gesicht, mit dicken Wangen wie das einer übergewichtigen Katze, war auffallend glatt, zweifellos aus Mangel an Sonnenlicht. Sie streckte eine Hand aus: »Schön, dass Sie so schnell kommen konnten.«
    Wir setzten uns. Ihr Schreibtisch war erschreckend aufgeräumt, nur ein grauer Aktenordner lag auf dem glänzenden Holz, sie legte ihre gefalteten Hände darauf. Nelly lehnte sich vor, ihre weichen, üppigen Arme wabbelten, als hätte sie keine Knochen. Ihre Stummelbeine verschwanden unter dem Schreibtisch, während ihre Füße einen eigenwilligen Rhythmus klopften.
    »Das Testament ist einfach«, begann sie ruhig. »Sie und Ihre Schwester bekommen das Haus. Aber ich muss wissen, was Sie wegen der Bank planen.«
    »Bank?«, wiederholte ich verdutzt. »Welche Bank?«
    Sie lehnte sich zurück und verschwand praktisch in ihrem Sessel, so dass ich mich vorlehnen musste, um ihr in die Augen zu sehen.
    »Die Bank, der die Hypothek gehört.« Sie schaute mich merkwürdig an.
    »Wir haben keine Hypothek«, antwortete ich verwirrt.
    Sie schaukelte in ihrem Stuhl hin und her. Wir sahen einander an, keine von uns schien etwas sagen zu wollen. Sie war offensichtlich durcheinander.
    »Sie meinen, Alice hat Ihnen oder Ann nie etwas gesagt?«, sagte sie schließlich.
    »Was gesagt?« Meine Stimme klang fast zornig.
    »Vor ungefähr einem Jahr baten Alice und Iris mich um Hilfe«, erklärte sie zögernd. Ich merkte, dass sie nicht petzen wollte, aber sie hatte keine Wahl. »Ich gehe davon aus, dass Ihre Mutter gern spielt.«
    Mein Magen zog sich zusammen.
    »Sie spielt Bingo«, antwortete ich rechtfertigend.
    »Sehr oft«, sagte Nelly bestimmt. »Sie hat über hunderttausend Dollar Schulden angehäuft. Alice hat versucht, sie auszulösen, indem sie eine Hypothek auf das Haus aufgenommen hat. Aber Ihre Mom hat die Raten nie bezahlt.«
    Ich schwieg.
    »Sie ist im Zahlungsrückstand.«
    Weiterhin Schweigen.
    »Die Bank will eine Zwangsvollstreckung«, sagte sie langsam, als sei Englisch eine Fremdsprache für mich. »Sie werden in dreißig Tagen aus dem Haus geworfen.«
    Mein Schweigen erfüllte das Zimmer. Konnte das wahr sein? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Nana dem zugestimmt hatte, ohne es mir zu erzählen. Aber Iris ging sehr oft in die Bingohalle und in Casinos, also musste Nelly Recht haben. Meine Mutter war schon in den Monaten vor Nanas Diagnose geheimniskrämerischer und ängstlicher gewesen, aber in letzter Zeit war ihr Verhalten

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