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Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck

Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck

Titel: Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Izzo
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wenn Marianne das Kleid vor mir trug? Sie war meine beste Freundin. Wir tauschten ständig Kleider. Aber dass Marianne den Wert des Kleides eher erkannte als ich, traf mich unvorbereitet. Ich hatte mir angewöhnt, es als konservativ und altmodisch abzutun. Offensichtlich sah Marianne das anders. Meine Großmutter ebenfalls. Das bedeutete, dass ich falschlag.
    Ich zog das kleine Schwarze an. Der Reißverschluss war auf dem Rücken, und ich brauchte mehrere Versuche und musste mich akrobatisch verrenken, um ihn zu schließen. Bevor ich mir erlaubte hinzusehen, schlüpfte ich in ein Paar schwarzer Samtschuhe, die vorn offen waren. Jedes Kleid wird durch ein Paar schicke Pumps aufgewertet. Schließlich war ich bereit und drehte mich zum Spiegel um. Der Schnitt war perfekt und umschmeichelte meinen Körper. Es zog oder bauschte sich nirgends. Es war zweifellos ein elegantes Kleid. Aber es stand mir immer noch nicht, und das machte mich sehr wütend. Ich riss den Reißverschluss auf und zog es so schnell wie möglich wieder aus. Ich war so wütend, dass ich fast umfiel, als es sich um meine Beine wickelte. Marianne konnte das verdammte Ding haben. Ich trennte mich endgültig von meinem Chanelkleid.
    Marianne nahm das Kleid mit nach Paris, aber sie trug es nicht. Die Leute bei Chanel liehen ihr stattdessen etwas aus der neuen Kollektion. Als sie es zurückbrachte, ordentlich gefaltet und immer noch auffallend ungetragen, war ich erleichtert, es wieder zu berühren. Ich hatte es schließlich doch vermisst. Aber ich hängte es nicht mehr in seinen Kleidersack, sondern machte einen Termin in der Chanelboutique. Als ich aus der Umkleidekabine trat, stand die Schneiderin bereit, sie hatte das Nadelkissen in der Hand und sich das Maßband wie eine Boa um den Hals geschlungen. Ich betrat die runde Plattform und ließ meine Arme seitlich hängen.
    »Lassen Sie den Saum zehn Zentimeter raus«, sagte ich entschlossen.
    »Ich muss sehen, ob genug Stoff dafür da ist …«, begann sie, aber ich unterbrach sie. »Da ist genug«, sagte ich bestimmt. Ich ließ mich nicht von Zweifeln von meiner Mission abbringen. »Ich habe es vor Jahren kürzen lassen. Jetzt möchte ich es wieder umarbeiten lassen, damit ich es tragen kann, wie es getragen werden sollte.«
    Als ich dieses Mal vor dem Spiegel stand, schaute ich nicht weg. Der Rock umspielte meine Knie, was dem Kleid die sexy Silhouette eines Bleistiftrocks verlieh, Bleistiftröcke trug ich inzwischen fast wie eine Uniform. Ich konnte auch nicht verleugnen, dass ich mit Mitte dreißig in das Kleid hineingewachsen war. Es war endlich meines.
    Als ich es das erste Mal trug, klatschte meine Großmutter in die Hände.
    »Du siehst wunderschön aus!«, schwärmte sie, als sähe sie das Kleid zum ersten Mal. Kein »Ich habe es dir doch gesagt«. Das war nicht ihr Stil.
    »Ich bin endlich alt genug, um ihm gerecht zu werden«, sagte ich trocken. »Du hattest Recht, das ist die richtige Länge. Genau bis zum Knie.«
    Nana nickte gnädig.
    »Es bringt deine Figur richtig zur Geltung.«
    Es wurde schnell zu meinem Lieblingskleid. Ich trug es nur ab und zu, damit ich es nie leid wurde. Es war so besonders. Wir haben niemals über den Zwischenfall in der Chanelboutique gesprochen. Aber das war so typisch für meine Großmutter und mich, wir konnten verzeihen und vergessen, ohne es an die große Glocke zu hängen.
    Am Morgen der Beerdigung meiner Großmutter machte ich den Reißverschluss des Chanelkleides zu, als wäre es eine Rüstung. Es war keine große Veranstaltung, nur Familie und ein paar Nachbarn und Freunde. Ich hatte den ganzen Tag über Angst, ohnmächtig zu werden, obwohl ich bisher noch nie ohnmächtig geworden war. Doch irgendwie überstand ich die Messe und die mitfühlenden Worte, die mich ständig an den Rand der Tränen brachten. Hinterher kamen alle zu uns, und wir boten ihnen Häppchen und Sidecar-Cocktails an. Es wurde viel gelacht, und man hörte oft »Erinnerst du dich noch, als …?«, aber schließlich kam es zu dem Unausweichlichen: Die Trauergäste gingen nach Hause. Selbst Ann war wieder in ihre Wohnung gezogen, und ich blieb mit Iris zurück.
    »Ich gehe ins Bett. Ich bin kaputt«, sagte ich und stand von der Couch auf.
    Sie nickte. Ich hörte, wie sie in der Küche mit dem Geschirr klapperte, während ich die Treppe hinaufstieg. Trotz meiner Müdigkeit saß ich auf dem Bettrand und starrte aus meinem Fenster auf die Baumwipfel.

12
    Geld oder Leben

    Mein Verhalten wird

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