Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
Highschoolabschluss gekauft, womit sie den hohen Preis rechtfertigte. Das Kleid war züchtig. Raffiniert. Erwachsen. Rock und Taille bestanden aus Wollcrêpe, das Oberteil aus plissiertem Chiffon. Es war ein klassisches, ärmelloses Etuikleid, das Abbild von geschmackvollem Chic.
Das einzige Problem war, dass es mir über die Knie reichte. Es sollte mehr hermachen.
Meine Großmutter hatte einer leichten Änderung zugestimmt, aber wie hoch der Saum rutschen sollte, durfte ich entscheiden.
Die Schneiderin schien meine Gedanken zu lesen und steckte den Rock zehn Zentimeter über meinem Knie fest. Ich liebte es. Nana hasste es.
»Das ist zu kurz!«, zischte sie. Meine Großmutter war keine konservative Frau; ich hatte viele Miniröcke, die zu tragen sie mir empfahl. »Wenn man was hat, dann sollte man es zeigen«, pflegte sie zu sagen und sah voller Stolz auf meine langen Beine. Als sie also gegen das Micromini-Chanelkleid war, war ich perplex, nahm aber an, dass ich sie leicht überzeugen konnte.
»Nein, ist es nicht«, sagte ich mit jugendlichem Selbstbewusstsein.
Die arme Schneiderin wusste nicht, mit wem sie sich anlegte, und unterstützte mich.
»Das ist die Mode«, sagte sie freundlich. »Sie ist jung, und das Kleid sollte jung sein.«
»Ihr liegt beide falsch«, sagte Nana geradeheraus. »Das ist ein klassisches Kleid, es ist nicht für Discos gedacht. Es soll nicht auf diese Weise sexy sein. Ihr werdet die Silhouette ruinieren.«
Ich seufzte und verdrehte die Augen, wobei ich hoffte, den mitfühlenden Blick der Schneiderin zu erhaschen. Aber meine Großmutter sah es, und es brachte sie zur Weißglut.
»Kate«, Nana sprach durch zusammengebissene Zähne. »Dieses Kleid ist ladylike. Du kannst nicht alles, was du anziehst, abschneiden.«
Damit stand sie auf und marschierte zur Tür der Umkleidekabine. Ich spürte, wie die Schneiderin vor Angst zusammenzuckte und sich hinter meinem Rock versteckte.
»Ich verstehe nicht, warum du so wütend bist«, sagte ich tonlos, ich weigerte mich immer noch nachzugeben.
»Gut«, sagte Nana kühl. »Mach, was du willst, aber du wirst wie eine Schlampe in Chanel aussehen.«
Sie stürmte zurück in den Laden. Ich war sprachlos, aber mein Schock verhinderte nicht, dass mir Tränen der Demütigung über die Wangen liefen. Ich wischte sie weg, bevor die Schneiderin sie sehen konnte.
»Was möchten Sie, Miss?«, fragte sie sanft.
»Kürzen Sie es«, sagte ich trotzig. »Genau so, wie es abgesteckt ist.«
Wir haben nie wieder über das Chanelkleid gesprochen. Das war leicht, weil ich es nie trug, jedes Mal, wenn ich es anzog, sah es irgendwie komisch aus. Ich redete mir ein, dass ich zu jung dafür war, dass es nicht mein Stil war. Ich ging dem Offensichtlichen aus dem Weg: Es war schlichtweg zu kurz. Es hing in meinem Schrank, sein Kleidersack mit dem berühmten Logo verstaubte, unberührt und ungetragen über zehn Jahre, als Symbol meines miserablen Urteilsvermögens.
Erst als ich fünfunddreißig und Marianne zur Chefredakteurin von Haute geworden war, fand das Kleid einen Platz in meinem Leben. Um sie zu ihrer neuen Postition zu beglückwünschen, hatte Chanel Marianne nach Paris zur Haute-Couture-Modenschau eingeladen. Wir waren beide völlig aus dem Häuschen und verbrachten einen gesamten Samstag damit, nach dem perfekten Outfit für die erste Reihe zu suchen. Aber irgendwie fanden wir nichts.
»Was ist mit dem lila Marc Jacobs?«, schlug ich vor, als wir in einem Taxi zurück in ihre Wohnung fuhren. Sie hatte das lila Cocktailkleid für einen Kunstbenefizball gekauft und es nur einmal getragen, und niemand in Paris hatte es gesehen. Sie antwortete nicht sofort, rutschte auf dem Sitz herum und räusperte sich.
»Ich habe mich gefragt«, sie machte eine Pause. »Ob du dir vorstellen könntest, mir dein Chanelkleid zu leihen?«
Ich erschrak. Ich antwortete nicht sofort, aber die peinliche Stille sprach Bände. Ich wollte ihr das Kleid nicht leihen, aber ich konnte keinen Grund dafür nennen. Ich hatte es nie getragen. Marianne wusste Bescheid. Doch dass jemand mein Kleid trug, fand ich besitzergreifend, ich war richtiggehend eifersüchtig. Es war, als hätte sie mich gebeten, mit meinem Freund schlafen zu dürfen. Na ja, vielleicht nicht ganz.
»Äh«, zögerte ich.
»Ich passe gut darauf auf«, bettelte sie.
Zu Hause hielt ich mir das Kleid an und betrachtete mich in einem großen Spiegel. Ich benahm mich albern. Was für einen Unterschied machte es schon,
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