Mr. Darcy bleibt zum Fruehstueck
meiner Bemerkung über Mihailows Jugend zurückzuckte. »Vielleicht kannst du ja später auf einen Schlaftrunk zu uns stoßen«, sagte ich schnell, um das Thema zu wechseln.
»Ich bleibe heute Abend im Hotel und schaue mir schmutzige Filme an«, sagte Fawn lachend. »Ich werde auf dich warten.«
»Wie eine Anstandsdame?«, neckte ich sie.
»Ganz genau. Bloß dass ich von meiner komfortablen Luxussuite aus auf dich aufpasse.« Sie lachte. »Halte dich an mich, und du wirst einen reichen Mann angeln.«
Genau das hatte ich vor. Ich nahm meine Abendtasche, ging zum Spiegel und drehte mich.
»Wie sehe ich aus?«, fragte ich. Fawn nickte lobend.
»Wie eine Million Dollar«, sagte sie stolz.
»Das ist gut«, antwortete ich feierlich. »Denn genau das brauche ich.«
Aber als ich zum Aufzug ging, wurde ich plötzlich schwer von Selbstzweifeln geplagt. Woher kam diese Kate? In meinem ganzen Leben war meine größte Gier bisher gewesen, den letzten Cupcake vom Desserttablett zu schnappen, und hier war die neue und aufgehübschte Kate auf dem Weg zu einem Rendezvous, deren Ziel es war, einen Mann ausschließlich wegen seines Geldes zu verführen. Ich wusste eigentlich gar nicht, wer diese Kate war, die in den Aufzug stieg und durch die Lobby marschierte, und vielleicht gefiel sie mir genauso wenig wie Marianne.
23
Babuschka
Wir müssen hienieden immer für unsere Freuden zahlen …
Northanger Abbey
C hesa Veglia war von 1658 und somit das älteste Gebäude von St. Moritz. Als Mihailow und ich uns im The Grill hinsetzten, sah ich, dass Fawn Recht hatte. Es war eine Bühne. Es herrschte eine verwegene Mischung. Alle Altersstufen waren vertreten, an den Tischen saßen junge Kerle, Dutzende hübscher junger Dinger mit grauhaarigen verliebten Männern. Der gemeinsame Nenner war nicht die Leidenschaft fürs Skifahren, sondern der schillernde Glanz von Reichtum, die Kleider und Accessoires, das wissende Kopfnicken, der schamlose Konsum von seltenen, alten Weinen. In all den Jahren als provisorische Beautyredakteurin habe ich nie so viele glänzende Haare gesehen. Der Raum war ein Meer aus professionell frisierten braunen, roten und blonden Mähnen, die wie fliegende Teppiche hin und her schwangen. Der Teint war makellos und musste viel Geld gekostet haben. Wir steckten vielleicht gerade mitten in einer weltweiten Rezession, aber Reiche gab es offensichtlich immer noch. Es ging ihnen gut, in ihrem Versteck in der Schweiz, vielleicht um die berühmten Schweizer Bankkonten im Auge zu behalten. Ich entdeckte auch ein paar Semiberühmtheiten, einen früheren Tennischampion mit seiner spanischen Freundin, die nah nebeneinanderstanden und flüsterten, eine verblühte französische Schauspielerin, die, nach ihrer üppigen Figur und der sonnengeschädigten Haut zu urteilen, jede Chance auf eine Rückkehr auf die große Leinwand aufgegeben hatte.
Die Atmosphäre war recht angenehm, was man von Mihailows Gesellschaft aber nicht sagen konnte. Es heißt ja, gut sieht der aus, der Gutes tut, und das war an diesem Abend nur zu wahr. Mihailow war einer dieser Männer, die darauf bestehen, für die Dame zu bestellen. Ich hasse das. Ich war durchaus in der Lage, mein Essen selbst auszusuchen. Er fragte mich auch nicht, welchen Wein ich wollte, und obwohl er mir noch am Nachmittag einen Pinot Grigio ausgegeben hatte, schaute er auf die Weinkarte und bestellte eine Flasche Cabernet. Er hatte Glück, dass ich Lamm mochte.
Ich überlegte krampfhaft, worüber ich reden könnte, jedes Thema war als Eisbrecher willkommen, auch wenn ich das Gefühl hatte, dass ich einen sehr langen, sehr spitzen Eispickel bräuchte. Ich beschloss, das Gespräch mit einer Frage zu beginnen, die einfach zu beantworten war, einem Selbstläufer.
»Wie lautet Ihr Vorname?«, fragte ich in einem, wie ich fand, freundlichen Tonfall.
»Vlad«, raunzte er. Okay, eine Eishacke .
»Nett, Sie kennen zu lernen, Vlad«, sagte ich und hoffte, das Gespräch würde nun einen angenehmeren Verlauf nehmen. »Das ist ein sehr traditioneller russischer Name, nicht wahr?«
»Reden Sie immer so viel?«, fragte er unverblümt, als der Sommelier mit dem Wein kam. Wie Davidof trank Vlad, ohne mit mir anzustoßen. Entmutigt tat ich es ihm nach. Er war ein mürrischer Mann, und ich fragte mich langsam, warum er mich überhaupt eingeladen hatte. Er hatte nichts Nettes zu sagen, machte mir keine Komplimente. Scott sagte wahrscheinlich die ganze Zeit nette Sachen zu Tatiana. Ich seufzte
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