Mr. Joenes wundersame Reise
kaum dreißig Yards von der Bibliothek entfernt, nicht mehr als fünfzig Yards vom Physikalischen Institut und gerade zehn Yards vom Chemischen Institut. Ich denke, auf diesen Erfolg können wir wirklich stolz sein.«
Doch es waren vorwiegend die Lehrer, welche die Einrichtungen der Universität in Anspruch nahmen. Natürlich taten sie dies mit aller Behutsamkeit. Der Universitätsarzt hatte sie eindringlich vor einem Überpensum an Lerntätigkeit gewarnt und aus diesem Grund die wöchentliche Dosis der Informationsaufnahme genau rationiert. Trotzdem kam es ab und zu zu Unfällen. Der alte Geoffrard hatte einen schweren Schock, als er Das Satyricon auf Lateinisch las und dabei erwartete, eine päpst-liche Encyclica vor sich zu haben. Er brauchte einige Wochen der Ruhe, ehe er wieder zu sich selbst fand. Und Devlin, der jüngste der Englischprofes-soren, hatte unter einem zeitweisen Gedächtnisver-lust zu leiden, nachdem er Moby Dick gelesen hatte und feststellen mußte, daß er nicht fähig war, eine tragbare und überzeugende religiöse Interpretation des Werks zu liefern.
Dies waren die allgemeinen Gefahren des Pro-fessorengewerbes, und die Lehrer waren eher stolz darauf, als daß sie sich davor fürchteten. Hanley von der Anthropologie meinte dazu: »Ein Sandfloh 133
erstickt im nassen Sand; wir riskieren es, in alten Büchern zu ersticken.«
Hanley hatte sich eingehend mit Sandflöhen beschäftigt, und er wußte, wovon er redete.
Abgesehen von einigen wenigen gingen die Studenten ein solches Risiko gar nicht erst ein. Sie führten ein Leben, das sich von dem ihrer Professoren grundlegend unterschied. Einige jüngere Studenten besaßen noch die Schnappmesser und Fahr-radketten aus ihren High-School-Tagen und gingen allabendlich auf die Suche nach irgendwelchen verdächtigen Elementen. Andere Studenten nahmen an den Collegeorgien teil, für die allwöchentlich in der Freiheitshalle geübt und geprobt wurde. Andere wiederum widmeten sich dem Sport.
Die Basketballspieler zum Beispiel konnte man Tag und Nacht beobachten, wie sie ihre Basketbälle mit der mechanischen Gleichmäßigkeit der industriellen Roboterteams warfen, die sie von Zeit zu Zeit besiegten.
Schließlich gab es da auch noch die, welche schon ein sehr frühzeitiges Interesse für die Politik bewiesen. Diese Intellektuellen, wie sie genannt wurden, schlossen sich entweder der liberalen oder der konservativen Lehre an, je nachdem, was ihnen ihr Temperament und ihre Herkunft diktierte.
Es waren die Konservativen von den Colleges, denen es beinahe gelungen wäre, während der letzten Wahl John Smith zum Präsidenten der Vereinigten 134
Staaten zu wählen. Die Tatsache, daß Smith schon seit zwanzig Jahren tot war, dämpfte ihre Begeisterung nicht im mindesten; im Gegenteil, es gab viele, die meinten, daß genau dies der größte Vorzug ihres Kandidaten sei.
Sie hätten durchaus Erfolg haben können, hätten sehr viele Wähler nicht Angst gehabt, einen Prä-
zendenzfall zu setzen. Diese Angst vor der Wahl wurde von den Liberalen überaus klug ausgenutzt, als diese als Erwiderung erklärten: »Wir haben gegen John Smith, Gott sei seiner Seele gnädig, nichts einzuwenden, mehr noch, viele von uns sind der Überzeugung, daß er für das Weiße Haus eine gro-
ße Bereicherung darstellt. Doch was würde geschehen, wenn irgendwann in der Zukunft einmal der falsche Tote für das höchste Amt im Staate gewählt würde?«
Diskussionen dieser Art hatten sich sehr lange hingezogen.
Die Liberalen am Campus überließen jedoch solche Reden viel lieber ihren älteren Kommilito-nen. Dafür besuchten sie Kurse im Guerillakampf, im Bombenbau und in der Anwendung kleinerer Waffen. Dazu meinten sie immer: »Es reicht nicht aus, die verdammten Roten abzuwehren. Nein, wir müssen ihre Methoden kopieren, vor allem was die Propaganda angeht: die Infiltration, die Überwältigung, den Umsturz und schließlich die Kontrolle über die politischen Richtlinien.«
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Die Konservativen am Campus zogen es nach ihrer Wahlniederlage vor, so zu tun, als hätte sich auf der Welt seit General Pattons Sieg 1945 über die Perser nicht das Geringste verändert. Oft hockten sie in ihrer Bierhalle und sangen: »Die Sage vom Omaha Beach.« Die Puristen unter ihnen konnten das Lied sogar auf Griechisch schmettern.
*
Joenes beobachtete all diese Vorgänge und fuhr fort, Vorlesungen über die Kultur des südwestlichen Pazifik zu halten. Er fühlte sich in der Universität mit all
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