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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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Bekanntmachungen am Schwarzen Brett an. Doch die einzige Bekanntmachung, die ihn betraf, war eine Notiz, aus welcher hervorging, daß Mr. Joenes‘ Vorlesung um elf Uhr in Hörsaal 143 im Neuen Flügel stattfinden würde anstatt wie vorher angegeben in Saal 341 im Haus Waniker Hall.
    Joenes überlegte, ob er nicht einen der Professoren beiseite nehmen sollte, am besten Chandler von der Philosophie, dessen Wissensgebiet sich wohl eher mit solchen Problemen auseinandersetz-te, um ihn zu fragen, was er nun genau lehren sollte. Doch eine gewisse Abneigung und seine natürliche Scham hielten ihn davon ab. So ging dann die Party zu Ende, und Joenes suchte sein Zimmer im Personalhaus auf und war immer noch nicht schlauer.
    Am nächsten Morgen, als er an der Tür zum Hörsaal 143 im Neuen Flügel stand, erlebte Joenes einen heftigen Anfall von Lampenfieber. Er überlegte, ob er nicht einfach Reißaus nehmen und die Universität hinter sich lassen sollte. Doch im Grun-123
    de seines Herzens war das gar nicht sein Wunsch, denn ihm gefiel über die Maßen, was er bisher vom Universitätsleben kennengelernt hatte, und er wollte sich seine Chance nicht wegen einer so geringen Sache für immer und ewig verderben. Deshalb riß er sich zusammen, setzte er ein ernstes Gesicht auf und betrat mit entschlossenem Schritt den Hörsaal.
    Das Gemurmel im Saal erstarb sofort, und die Studenten schauten mit wachem Interesse auf ihren neuen Lehrer. Joenes sammelte sich und sprach die Klasse mit gespielter Selbstsicherheit an, welche manchmal noch beeindruckender ist als die echte Selbstsicherheit.
    »Meine Damen und Herren«, sagte Joenes, »bei dieser unserer ersten Zusammenkunft sollte ich wohl einige grundsätzliche Dinge klären. Da das Thema meiner Vorlesungsreihe ziemlich ungewöhnlich ist, könnten Sie vielleicht annehmen, ich würde hier über die Einfachheit reden und daß Sie die Stunden bei mir als eine Art Ruhepause betrachten können. Diejenigen, die unter diesen Voraussetzungen hergefunden haben, kann ich jetzt nur auffordern, sich einen anderen Kursus zu suchen, der ihren Erwartungen bestimmt besser gerecht wird.«
    Danach trat ein gespanntes Schweigen ein. Joenes fuhr fort. »Einige von Ihnen haben vielleicht schon gehört, daß man mir nachsagt, recht einfach im Um-124
    gang zu sein. Von dieser Auffassung sollten Sie sich sofort freimachen. Die Zensuren, die ich verteile, gebe ich unter strengen Gesichtspunkten, jedoch bemühe ich mich dabei um Fairneß. Und ich werde nicht zögern, die ganze Klasse durchfallen zu lassen, wenn mir das notwendig erscheint.«
    Ein nahezu unhörbarer Seufzer entrang sich den Lippen der Lauschenden. Es war fast so etwas wie ein Ausdruck der Verzweiflung, der sich auf den Gesichtern einiger jüngerer Studenten breitmachte. Der Angst und Unsicherheit in den Gesichtern vor ihm nach zu urteilen, wußte Joenes, daß er die Situation gut im Griff hatte. Deshalb schlug er nun einen freundlicheren Ton an. »Ich nehme an, Sie kennen mich jetzt etwas besser. Mir bleibt nur noch eines, nämlich denen, die diesen Kursus aus ihrem unstillbaren Wissensdurst heraus gewählt haben, ein freundliches Willkommen an Bord! zuzurufen.«
    Die Studenten, einem komplexen Organismus nicht unähnlich, entspannten sich.
    Die nächsten zwanzig Minuten war Joenes damit beschäftigt, sich eine Liste mit den Namen der Studenten sowie einen genauen Sitzplan anzulegen. Nachdem er den letzten Namen notiert hatte, schoß ihm eine zündende Idee durch den Kopf, die er sogleich in die Tat umsetzte.
    »Mr. Ethelred«, sagte Joenes und schaute dabei einen besonders eifrig und erfahren wirkenden Studenten in der ersten Sitzreihe an, »würden Sie 125
    bitte nach vorn kommen und in großen, deutlichen Buchstaben, so daß alle es lesen können, das Thema unseres Kursus an die Tafel schreiben?«
    Ethelred schluckte, blickte verstohlen in sein aufgeschlagenes Notizheft und kam zur Tafel. Er schrieb: »Die Inseln im südwestlichen Pazifik: Brücke zwischen zwei Welten.«
    »Sehr schön«, lobte Joenes. »Und nun, Miss Hua, würden Sie jetzt bitte die Kreide übernehmen und in kurzen Worten das Ziel dieses Kursus formulieren?«
    Miss Hua war ein großes, bieder aussehendes be-brilltes Mädchen, das Joenes sofort als besonders vielversprechende Studentin erkannte. Sie schrieb:
    »Dieser Kursus beschäftigt sich mit der Kultur der Inseln im südwestlichen Pazifik, besonders mit der Kunst, der Wissenschaft, der Musik, dem Handwerk, der Folklore,

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