Mr. Joenes wundersame Reise
Joenes, verzog sich sein Gesicht zu einer Grimasse der Wut. Er zog einen Revolver aus seinem Gürtel und legte an.
Joenes rief erschrocken: »Wartet! Was immer Sie auch annehmen – ich habe Ihnen nie etwas getan!«
Indem er sich nur mit Mühe unter Kontrolle halten konnte, gelang es dem Mann, den Abzug nicht zu betätigen. Seine Augen, die gerade noch geglüht und zornig geblickt hatten, bekamen wieder einen normalen Ausdruck. Er schob den Revolver in seinen Gürtel und sagte: »Es tut mir leid, wenn ich Sie 238
erschreckt habe. In Wahrheit nahm ich an, Sie wä-
ren jemand anderer.«
»Sehe ich dem Betreffenden denn ähnlich?« fragte Joenes.
»Eigentlich nicht«, erwiderte der Mann. »Aber an diesem verdammten Ort werde ich allmählich nervös, und ich neige mehr und mehr dazu zu schie-
ßen und dann erst zu fragen. Allerdings ist meine Mission so wichtig, daß man mir derartig hastige und nervöse Aktionen nachsehen sollte.«
»Und wie sieht Ihre Mission aus?« wollte Joenes wissen.
Das Gesicht des Mannes leuchtete, als Joenes diese Frage stellte. Stolz entgegnete er: »Meine Mission besteht darin, der Welt Frieden, Glück und Freiheit zu bringen.«
»Das ist aber eine Menge«, staunte Joenes.
»Mit weniger gäbe ich mich niemals zufrieden«, betonte der Mann. »Merken Sie sich meinen Namen gut. Ich heiße Georg P. Theseus, und ich vertraue fest darauf, daß man sich an mich als an einen Mann erinnern wird, der die Tyrannei zerschlug und die Menschheit befreite. Die Tat, die ich hier vollbringe, wird als Symbol für die Menschheit eingehen und wird als Beispiel für Güte und Recht in alle Ewigkeit weiterbeste-hen.«
»Welche Tat wollen Sie vollbringen?« fragte Joenes.
239
»Allein werde ich mich dem Tyrannen stellen und ihn vernichten«, erklärte Theseus. »Dieser Mann hat es geschafft, innerhalb dieses Bauwerks eine Position der Macht einzunehmen, und viele armselige Idioten glaubten tatsächlich, daß er ein Wohltäter ist, denn er verfügt den Bau von Stau-dämmen, um die Fluten zu bändigen, verteilt Lebensmittel an die Hungernden, finanziert medizi-nische Versorgung für die Kranken und tut viele Dinge solcher Art. Einer ganzen Reihe von Menschen mag er ja Sand in die Augen streuen, ich hingegen lasse mich davon nicht täuschen.«
»Wenn er diese Dinge wirklich bewirkt und in Gang setzt«, hielt Joenes dem entgegen, »dann klingt es wirklich so, als wäre er ein Wohltäter.«
»Ich hätte mir denken können, daß Sie so etwas behaupten«, meinte Theseus bitter. »Seine Tricks haben Sie bereits überzeugt und auf seine Seite gezogen, ebenso wie es mit all den anderen Menschen geschah. Ich kann nicht hoffen, Ihre Meinung zu ändern. Ich habe nicht die Fähigkeit, mich in harten Diskussionen zu behaupten, während der Mann sämtliche Propagandisten in seinen Diensten hat. Meine Bestimmung liegt in der Zukunft.
Im Moment kann ich Ihnen nur erzählen, was ich weiß, und zwar erzähle ich das in aller Offenheit, ohne Schnörkel und Beschönigungen.«
»Ich würde mich freuen, Ihnen zuhören zu können«, sagte Joenes.
240
»Nun dann«, begann Theseus, »hören Sie zu. Um seine guten Taten zu vollbringen, mußte der Mann ein hohes Amt erringen. Um dieses hohe Amt zu erreichen, bestach der Mann Leute und säte Zwie-tracht, teilte er die Menschen in einander bekämp-fende Fraktionen auf, tötete die, die ihm widerspra-chen, korrumpierte die wenigen Einflußreichen und hungerte die Bedürftigen aus. Am Ende, als seine Macht absolut war, begab er sich in die Öffentlichkeit. Doch es geschah nicht aus Liebe zu den Menschen. Nein, er tat es so, wie man vielleicht einen Garten pflegt, so daß man etwas Hübsches betrachten kann anstatt etwas Häßliches. So ist es eben mit Tyrannen, die keine Mühe scheuen, ihre Macht zu behalten, und die dabei genau die Übel erschaffen und erhalten, die sie zu besei-tigen vorgeben.«
Joenes fühlte sich durch Theseus‘ Rede angerührt, jedoch empfand er auch gelindes Mißtrauen, denn Theseus hatte einen unsteten und gefährlichen Ausdruck in den Augen. Daher bemühte Joenes sich um besondere Behutsamkeit bei der Wahl seiner Worte. »Ich kann sehr gut verstehen, daß Sie diesen Mann umbringen wollen.«
»Nein, das können Sie nicht«, widersprach Theseus schwermütig. »Sie denken wahrscheinlich, daß ich mit nichts anderem voll bin als mit warmer Luft und hohen Idealen, daß ich so eine Art Verrückter mit einer Waffe in der Faust bin. Nun, 241
Sie irren sich.
Weitere Kostenlose Bücher