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Mr. Joenes wundersame Reise

Mr. Joenes wundersame Reise

Titel: Mr. Joenes wundersame Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Sheckley
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verfolgt sein.«
    »Wer waren die denn?« wollte Joenes nun wissen.
    »Zu meinem großen Kummer waren es drei der Kinder, die zu retten ich mich in dieses Haus be-geben habe. Sie müssen irgendwie aus den Räumen des Tyrannen geflohen sein und befanden sich wohl auf dem Weg in die Freiheit. Ich habe sie ebenso erschossen wie den Offizier und wie ich beinahe Sie erschossen hätte, eben überhastet, ehe ich auch nur ein Wort mit ihnen wechseln konnte.
    Ich kann nicht ausdrücken, wie leid mir das alles tut, und umso mehr bin ich von dem unstillbaren 248
    Drang erfüllt, den Tyrannen für all das bezahlen zu lassen.«
    »Und was haben Sie mit seiner Tochter vor?«
    fragte Joenes.
    »Ich werde auf jeden Fall nicht meinen natürlichen Instinkten gehorchen und sie töten«, erwiderte Theseus. »Doch diese häßliche kleine Nutte wird mich nie wiedersehen. Und danach werde ich darum beten, daß dieser kleine Bastard des Tyrannen an gebrochenem Herzen stirbt.«
    Während er dies sagte, wandte Theseus seine Aufmerksamkeit wieder dem dämmerigen Korridor zu, der sich vor ihm erstreckte.
    »Und nun«, meinte er, »muß ich mich wieder in meine Arbeit stürzen. Leben Sie wohl, mein Freund, und wünschen Sie mir Glück.«
    Theseus wanderte weiter, wobei er seine schimmernde Schnur abrollte. Joenes schaute ihm nach, bis er um eine Biegung verschwand. Für einige Zeit konnte er noch Schritte vernehmen, doch dann ver-hallten auch die.
    Plötzlich erschien hinter Joenes eine Frau im Korridor.
    Sie war sehr jung, kaum mehr als ein Kind. Sie war rundlich und hatte ein rotes Gesicht, und in ihren Augen glitzerte der Wahnsinn. Leise wanderte sie hinter Theseus her. Und während sie dem Mann folgte, rollte sie die Schnur auf, die dieser ausgelegt hatte. Sie hatte bereits ein dickes Knäu-249
    el in der Hand, und sie wickelte die Schnur stetig auf, während sie sich Joenes näherte, und beseitig-te so die Spur, die Theseus gelegt hatte.
    Als sie an Joenes vorbeiging, wandte sie ihm ihr Gesicht zu, und in den Zügen nisteten Wut und Trauer. Sie sagte kein einziges Wort, sondern legte nur einen Finger auf die Lippen und bedeutete ihm zu schweigen. Dann setzte sie eilig ihren Weg fort, wobei das Knäuel in ihren Händen ständig wuchs.
    Sie war so schnell verschwunden, wie sie aufgetaucht war, und der Gang war wieder einsam und verlassen. Joenes schaute in beide Richtungen, doch nichts wies darauf hin, daß Theseus oder das Mädchen vor kurzem noch hier vorbeigekommen waren. Er rieb sich die Augen, legte sich erneut nieder und schlief ein.
    *
    Einige Geschichtenerzähler behaupten, daß Joenes während seines Aufenthaltes in den Gängen des Octagon noch eine Vielzahl weiterer Abenteuer erlebte. Es heißt, daß er die drei Parzen traf und daß diese uralten Wesen ihm ihre Pflichten und ihre Wünsche offenbarten und daß Joenes daraus sein Verständnis für die Probleme der Götter gewann und ihrer Methoden, diese Probleme zu lö-
    sen. Es heißt auch, daß Joenes zwanzig Jahre auf 250
    dem Gangboden im Octagon schlief und nur aufwachte, als Aphrodite erschien und ihm die Geschichte ihres Lebens erzählte. Und als Joenes einige Zweifel an Teilen ihrer Geschichte äußerte, soll sie Joenes in eine Frau verwandelt haben. In dieser Gestalt wurde Joenes mit vielen Schwierigkeiten konfrontiert, und oft wurde seine Seele ge-prüft, von seinem Körper ganz zu schweigen, und er erfuhr eine Menge Dinge, welche ein Mann normalerweise niemals in seinem Leben erfährt. Und am Ende soll er seine Zweifel an Aphrodites Geschichte widerrufen haben, woraufhin sie ihn wieder zurückverwandelte.
    Jedoch gibt es kaum stichhaltige Beweise für die Richtigkeit dieser Erzählungen, und ebensowenig existieren detaillierte Schilderungen. Daher werden wir nun von Joenes‘ letztem Abenteuer im Octagon berichten, welches sich ereignete, als er nach seiner Begegnung mit Theseus auf dem Gangboden lag und schlief.
    DIE GESCHICHTE VON MINOTAURUS
    Joenes wurde recht unsanft wachgerüttelt. Er sprang auf die Füße und sah sofort, daß die Halle um ihn herum nicht mehr alt und verfallen war, sondern modern und hell. Der Mann, der ihn geweckt hatte, hatte breite Schultern, war in seiner Leibesmitte noch etwas breiter und hatte ein grob-251
    flächiges, ernstes, humorloses Gesicht. Niemand hätte den Mann für etwas anderes halten können als für einen Beamten.
    »Sie sind Joenes?« fragte der Beamte. »Schön, sobald Sie Ihr Nickerchen beendet haben, können wir, glaube ich,

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