Mr. Joenes wundersame Reise
...«
265
Genosse Oruthi rüttelte sanft an Slavskis Schulter, und dieser verstummte. Oruthi sagte: »Sie dürfen diesen Ausbrüchen keine Bedeutung beimessen, Mr.
Joenes. Er ist einer der führenden Partei-Theoretiker, und deshalb hat er schon mal den Hang zum Mono-logisieren. Wo waren wir stehengeblieben?«
»Ich glaube, ich erklärte gerade«, ergriff Marschall Trigask wieder das Wort, »daß unsere Verteidigung vollkommen in Ordnung ist.«
»Genau«, übernahm Oruthi. »Ihre Regierung sollte sich in dieser Richtung keinen Illusionen hinge-ben. Auch sollten sie dem Ying-yang-Vorfall keinerlei Bedeutung zumessen. Unsere Propagandisten haben diese Angelegenheit sicherlich in vielerlei Hinsicht oft genug falsch dargestellt. Die Wahrheit ist jedoch recht unkompliziert, und sie besagt, daß die Affäre nur auf Grund eines Mißverständnisses ins Rollen kam.«
»Ich war damals dabei«, sagte Marschall Trigask,
»und ich kann Ihnen genau schildern, was damals geschah. Mein Kommando, die Erste, Achte, Fünf-zehnte und Fünfundzwanzigste Volksarmee hielt eine Ying-yang-Übung nahe der Grenze der Chinesischen Volksrepublik ab, als sie von einer re-visionistischen Bande fahnenflüchtiger Chinesen überfallen wurde, welche vom Westen mit Gold-zahlungen unterstützt wurden und welche irgendwie der Peiping-Regierung durch die Lappen gegangen waren.«
266
»Ich war damals politischer Kommissar«, übernahm Oruthi wieder das Wort, »ich kann den Wahrheitsgehalt dessen, was der Marschall erzählt, nur bestätigen. Diese Banditen überfielen uns getarnt als Chinesische Vierte, Zwölfte, Dreizehnte und Zweiunddreißigste Volksarmee. Natürlich infor-mierten wir Peiping sofort und trieben die Fahnenflüchtigen über die Grenze zurück.«
»Unsere Gegner jedoch bestanden darauf, uns über die Grenze zurückgetrieben zu haben«, meinte Marschall Trigask mit einem ironischen Lächeln.
»Wir erwarteten von den Rebellen, daß sie so etwas behaupteten, daher eröffneten wir den Kampf. Mittlerweile hatten wir eine Nachricht aus Peiping erhalten. Unglücklicherweise war sie in Bilderschrift geschrieben. Wir konnten sie nicht entziffern und schickten sie deshalb nach Moskau zum Dechiffrieren. In der Zwischenzeit wogte die Schlacht weiter, und für eine Woche feuerten die beiden Seiten aus allen Rohren gegeneinander.«
»Die Übersetzung kam wieder zurück«, erinnerte Oruthi sich, »Sie lautete: ›Die Volksrepublik China weist jeden Verdacht einer auf Expansion aus-gerichteten Politik weit von sich, vor allem im Hinblick auf das fruchtbare, an Bodenschätzen reiche Land nahe der chinesischen Grenze. Es gibt innerhalb der territorialen Grenzen der Chinesischen Volksrepublik keine Rebellen, und solche sind in einem wahrhaft sozialistischen Staat auch undenk-267
bar und nicht vorhanden. Deshalb stellt eure kriegsähnlichen Attacken gegen unsere friedfertigen Grenzer sofort ein!‹«
»Sie können sich sicherlich unsere Verwunderung vorstellen«, sagte Marschall Trigask. »Die Chinesen behaupteten, daß es keine Rebellen gäbe, und wir kämpften gegen mindestens eine Million davon, allesamt mit gestohlenen Uniformen der chinesischen Volksarmee bekleidet.«
»Glücklicherweise war ein hoher Beamter aus dem Kreml anwesend«, berichtete Oruthi, »der uns beriet. Dieser Mann war ein Experte, was China betraf. Er sagte uns, wir dürften den ersten Teil über den Expansionismus ruhig außer acht lassen, da dies eher eine Art Begrüßung darstelle. Der zweite Teil über das Nichtvorhandensein von Rebellen sollte dazu dienen, daß die Chinesen nicht das Gesicht verlören. Dementsprechend riet er uns, die Rebellen wieder nach China abzudrängen.«
»Das war jedoch ziemlich schwierig«, sagte Marschall Trigask. »Die Rebellen wurden immerhin durch sieben Millionen bewaffnete Männer verstärkt und drückten uns allein durch die ihre zahlenmäßige Übermacht bis nach Omsk zurück und nahmen auf dem Weg Semipalatinks gleich mit hopp.«
»Da die Situation nun den Verdacht nahelegte, es würde ernst«, sagte Oruthi, »mobilisierten wir unsere Reserven. Diese traten in nicht weniger als 268
zwanzig russischen Armeen an. Mit deren Hilfe schlachteten wir eine ungenannte Zahl von Rebellen munter hin und trieben den Rest über den Sin-kiang bis nach Szechuan hinein.«
»Wir dachten, damit sei alles erledigt und ein für allemal geklärt«, sagte Marschall Trigask. »Wir marschierten soeben in Richtung Peking, um mit der chinesischen
Weitere Kostenlose Bücher