Mr. K: Thriller (German Edition)
ich den Bluetooth-Hörer aus meiner Handtasche holte und ihn mir ins Ohr steckte. »Das kann eine Weile dauern.«
Ich begab mich ins Treppenhaus. Meine Idee war, im zweiten Stock anzufangen und von oben nach unten zu arbeiten. Die Lagerabteile hatten Tore wie Garagen und waren mit Vorhängeschlössern gesichert. Selbst wenn er sich in seinem Abteil aufhielt und die Tür hinter sich zugezogen hatte, brauchte ich nur nachzuschauen, wo ein Schloss fehlte, und schon wüsste ich, dass es seins war.
Im Treppenhaus roch es verstaubt, wie alter Gipskarton. Ich horchte, ob sich jemand bewegte, hörte nichts und lief dann die Betontreppe hoch, dabei zwei Stufen auf einmal nehmend. Die Klappe des Schulterholsters, in dem mein Colt steckte, war offen. In meinem Hörer rauschte es und ich drückte den winzigen Knopf.
»Diese Kopfhörer müssten größer sein«
, beschwerte sich Herb.
»Die Dinger sind zu klein für meine Finger.«
»Vielleicht solltest du dir kleinere Finger zulegen.« Ich war jetzt im ersten Stock. Langsam öffnete ich die Tür und steckte meinen Kopf hindurch, um zu sehen, ob unser Mann vielleicht in der Nähe war. Das war er nicht, also stieg ich weiter die Treppe hoch.
»Wenn das wirklich Mr. K ist«
, sagte Herb,
»dann frage ich mich, was er hier lagert.«
»Vielleicht seine Kohle.«
Eines der vielen hartnäckigen Gerüchte, die sich um den mysteriösen Mr. K rankten, besagte, dass er als Auftragskiller fürdie Mafia arbeitete. Bei den über hundert ungeklärten Morden, die man ihm anlastete, brauchte er in der Tat einen geheimen Ort, wo er sein Bargeld verstecken konnte. Banken bewahrten Belege über Einzahlungen hoher Geldsummen auf, und die meisten Mafiosi, die mir bekannt waren, bezahlten nicht mit Schecks.
Wenn Mr. K tatsächlich ein Auftragsmörder war, dann war er eiskalt. Ich hatte im Lauf der Zeit mit einigen Serienkillern zu tun gehabt. Ihre Motive konnte man auf eine perverse Art und Weise nachvollziehen; es machte ihnen Spaß, anderen Menschen wehzutun und sie umzubringen. Aber meiner Meinung nach waren Typen, die für Geld töteten und folterten, von einem ganz anderen Kaliber. Wenn das Böse wirklich existierte, trat es dann in Psychopathen zum Vorschein, die anderen Menschen aus purem Vergnügen Schmerzen zufügten? Oder war es eine Eigenschaft von ansonsten stinknormalen Leuten, die gegen Bezahlung Gräueltaten verübten und dies nur taten, weil man sie damit beauftragt hatte? Was war schlimmer: andere zu töten, weil es einem Spaß machte oder weil man sich einen Dreck um die Menschlichkeit scherte?
Ich verließ das Treppenhaus und betrat das zweite Obergeschoss. Mir war natürlich klar, dass diese Frage für mich irrelevant war. Meine Aufgabe war nicht, die Psyche von Kriminellen zu analysieren, sondern sie zu fangen. Und wenn es sich bei unserem Verdächtigen wirklich um Mr. K handelte, wäre es der Höhepunkt meiner Karriere, wenn ich den Kerl hinter Schloss und Riegel brachte.
Der Flur im zweiten Stock war in beiden Richtungen leer, und ich konnte auch keine Abteile sehen, bei denen die Türoffen stand. Ich schritt langsam die Reihen ab und sah mir die Vorhängeschlösser an. Jede der Türen hatte entweder ein Schloss oder war mit einem Metallband versiegelt, wenn das Abteil leer stand.
Ich bog um die Ecke und blieb stehen. Ein paar Meter weiter stand die Tür zu einem der Abteile einen Spalt offen und Licht drang heraus.
»Zweiter Stock, Abteil 345«, flüsterte ich Herb zu. »Frag den Lagerleiter, wer der Mieter ist.«
Ich hörte, wie Herb fragte und wie der Typ sich sträubte und wieder einen richterlichen Beschluss sehen wollte. Daraufhin wurde mein Kollege richtig ausfallend, und auf einmal verhielt sich der Lagerleiter kooperativ.
»
Niedlich«
, sagte Herb.
»Der Mietvertrag lautet auf den Namen John Smith. Er hat für ‘nen Monat bezahlt und ‘ne Kaution hinterlegt, beides in bar. Ich schau mir gerade das Formular an. Als Adresse hat er 2650 South California Avenue angegeben.«
Niedlich war das richtige Wort. An dieser Adresse befand sich nämlich das Justizgebäude, gleich neben dem Bezirksgefängnis von Cook County.
»Frag mal nach, wo unsere Verstärkung bleibt. Ich seh mir mal 345 näher an.«
Ich zog den Colt – die Waffe fühlte sich gut in meiner Hand an – und ging leise auf den Fußballen auf das Abteil zu, damit meine Absätze kein Geräusch verursachten. Es war eins von den größeren Abteilen und hatte eine orangefarbene Metalltür, die sich
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