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Mr. Lamb

Mr. Lamb

Titel: Mr. Lamb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Nadzam
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ihnen – der Aufstieg in die fernen, wolkenverhangenen Berge begann. Statt Fettholz und Beifuß wuchsen hier Büsche und kleine Bäume, um die sich Giftsumach und Efeu wanden. Einen Pfad gab es nicht.
    Es war heiß. In der unbarmherzigen Hitze war alles weiß und gelb gebleicht. Wenn Lamb sich umdrehte und das Mädchen sah, das ausschritt und schwitzte und in die Sonne blinzelte – Himmel, was konnte einer da sagen? Es war, als wären seine Knochen ein Leben lang eng umwickelt gewesen, und plötzlich hätte sich alles entspannt. Seine Gedanken hatten freien Lauf, einem Faden gleich, der von einer Spule rollt. Wie das Mädchen, einfach weil es ein Mädchen war, das man nehmen und versetzen konnte, den Mann in ihm zum Vorschein brachte: Den Mann, der er sein wollte und sein sollte, mit allem, was in ihm unverständlich und ungeplant und dabei wahrhaftig war, als er sie aus ihrer eng umschriebenen Welt herausgeholt und in diese gebracht hatte. Wie mächtig sie war, solange sie keinen eigenen Willen durchsetzen wollte.
    »Alles klar dahinten?«, rief er in das offene Blau vor sich.
    »Ja.«
    »Ganz schön kräftig.«
    »Das kommt vom Schwimmen.«
    Er blieb stehen. »Jessie geht wirklich mit dir schwimmen?«
    Sie legte eine Hand an die Stirn. »Jeden Morgen um fünf Uhr, der gemeine Hund. Er besteht darauf, dass wir zusammen eine Meile schwimmen, dann schwimmt er noch eine.«
    Er starrte sie an. »Ist er auch an den Tagen mit dir schwimmen gegangen, an denen wir zusammen Pancakes essen waren?«
    Sie zuckte die Achseln.
    »Also.« Er nickte. »Ein guter Zug von Jessie.«
    »Ja«, schnaubte sie, »aber nicht so gut für mich.«
    Er drehte sich wieder nach vorn und ging schneller. »Dann brauche ich ja keine Rücksicht zu nehmen«, sagte er, »jetzt, da ich weiß, dass du eine Meile schwimmen kannst.«
    Sie erreichten die Bäume und waren umgeben von den weißen beinartigen Stämmen der Espen, und über ihnen blinkten die gelben Blätter wie goldene Münzen. Zu ihren Füßen wuchsen Steinklee, Wilde Möhre, Bärenklau und Schafgarbe, und kleine weiße Blumen in hübschen grün-weißen Strudeln. Wolken türmten sich über dem Dach der Bäume, und der Wind trieb sie über den Himmel, der hell und dunkel war, in raschem Wechsel, sodass David Lambs Herz bei dem Anblick einen Satz machte und er dachte: Das ist es, das ist das Äußerste von allem, hier, an diesem Punkt: Ich und das Kind, und all das Geld und der Fortschritt, die uns bis hierher gebracht haben. Das ist das Äußerste. Und er roch die Sonnencreme und seinen eigenen Schweiß und wusste, das Ende der Geschichte hatte schon begonnen.
    Sie saßen im Schneidersitz auf dem Boden. Lamb nahm die Baseballmütze seines Vaters vom Kopf – schließlich setze ich mich zum Essen hin, sagte er –, machte seinen Rucksack auf und nahm die Dose mit dem Schinken und die gebutterten Broteheraus, und das Mädchen holte die Packung mit dem Apfelsaft aus ihrem Rucksack.
    »Oh je«, sagte er. »Wir haben die Becher vergessen. Macht es dir was aus, wenn wir aus derselben Packung trinken?«
    »Nein.«
    »Und wenn ich Mundfäule habe?«
    Sie verdrehte die Augen.
    »Was? Es macht dir nichts aus?«
    »Ich glaube nicht an Mundfäule.«
    »Ganz schön riskant, so zu denken, muss ich sagen.«
    »Also, ich habe Durst.«
    Eine kräftige Windbö fuhr durch die Wipfel der Fichten und Tannen, und die langen weißen Espen schwankten wie hölzerne Stecken. Dem Mädchen wehte der Wind die Haare in das bläuliche Gesicht.
    »Du siehst aus wie ein totes Mädchen.«
    »Ja?«
    »Dein Gesicht ist so weiß. Ein bisschen beunruhigend. Hast du die Blume gegessen?«
    »Nein.«
    »Du siehst sehr merkwürdig aus. Deine Haut schillert.«
    »Das würde ich gerne sehen.«
    »Hier. Ich habe eine Idee.« Lamb legte sein halb gegessenes Sandwich oben auf seinen Rucksack, fuhr mit dem Finger durch eine dunkle, grünschwarze Masse und machte damit jeweils drei Streifen über ihre Wangenknochen.
    »War das ein Kuhfladen?«
    »Irgendwann mal, wahrscheinlich.«
    »Das ist krank, Gary.«
    »Aber es sieht schön aus, Em. Du siehst sehr schön aus. Schade, dass du das nicht sehen kannst.«
    »Wie sieht es denn aus?«
    »Du siehst aus wie ein wildes Stück Erde, das die Gestalt eines Mädchens angenommen hat.« Er sah sie an. »Ich möchte dir etwas sehr Ernstes sagen, aber du musst mir versprechen, dass du es nicht falsch verstehst.«
    »Gut.«
    »Hörst du mir auch richtig zu?«
    »Ja.«
    »Einfach nur das, Tommie: Du

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