Mr Monster
viermal nacheinander. Es war eine belanglose Bemerkung wie: Läuft doch super, was? Es bedeutet nicht viel, und so etwas sagen die Leute eben, wenn sie nicht weiter nachdenken. Ich fragte mich, ob wir uns überhaupt unterhalten würden oder ob die Vernehmung nur aus nachgeplapperten Floskeln bestehen würde.
»Was wollen Sie denn von mir?«
»Nur ein paar Routinefragen.« Er schwieg für eine kurze Weile, suchte eine Akte und nahm ein Foto heraus. »Ich möchte zuerst deine Meinung hierüber hören, wenn du schon mal da bist. Es wird in ein paar Stunden sowieso in den Nachrichten kommen, also verrate ich keine Geheimnisse.« Er schob das Foto über den Tisch, und ich erkannte schon von Weitem, dass es eine Leiche zeigte. Die Augen waren offen, aber trüb und leblos.
Schon wieder eine Leiche. Das bedeutete, dass es einen weiteren Killer gab. Ich konnte vor Erregung kaum an mich halten, mir wurde schwindlig. Ein neuer Killer.
Ich sah Forman an. »Hier in Clayton?«
»Sie ist nicht von hier, aber wir haben sie heute Morgen hier gefunden.«
Ich beugte mich vor und betrachtete sie genauer, die bleiche Haut, den erschlafften Unterkiefer, das strähnige Haar. Auf ihrer Wange war ein schwarzer Fleck zu sehen, ein zweiter auf der Stirn. Vielleicht Baumrinde.
»Sie hat im Wasser gelegen«, sagte ich schließlich. »Da gibt es Ablagerungen. Man hat sie aus dem See gefischt.«
»Aus einem Bewässerungskanal«, korrigierte Forman mich.
»Wissen Sie schon, wer sie ist?«
»Noch nicht.« Auch er betrachtete kurz das Foto, dann wieder mich. »Wir wissen eigentlich überhaupt nicht viel, außer dass der Körper mit kleinen Wunden übersät ist: Verbrennungen, Abschürfungen, Einstiche und so weiter.«
»Fehlte irgendetwas?«, fragte ich. Der Clayton-Killer hatte allen seinen Opfern Gliedmaßen oder Organe gestohlen. Die Polizei glaubte, der Serienmörder habe Erinnerungsstücke an die Morde gesammelt, doch in Wirklichkeit war der Dämon dem Tod nahe gewesen und hatte die fremden Körperteile gebraucht, um die eigenen zu ersetzen. Mr. Crowley war tot – ich hatte ihn schließlich sterben sehen –, aber vielleicht war er tatsächlich irgendwie zurückgekehrt. Vielleicht konnte er seinen Körper doch besser regenerieren, als ich angenommen hatte.
Oder war es ein ganz anderer Dämon?
»Du kannst mir glauben, dass wir als Erstes nach fehlenden Körperteilen gesucht haben«, erwiderte Forman. »Das Opfer ähnelt allerdings überhaupt nicht denen des Clayton-Killers, der Tatort war anders, die Methoden waren offenbar anders, aber trotzdem …« Er schüttelte den Kopf und zeigte mir ein weiteres Foto, auf dem ein geschwärzter Fuß zu sehen war. »Von demselben Opfer – dieses Loch in der Fußsohle ist unserer Ansicht nach durch elektrischen Strom entstanden, der wahrscheinlich auch die Todesursache war. Nein, bis jetzt gibt es überhaupt keine Ähnlichkeiten, aber wir … Irgendwie wünschen wir uns inständig, dass er es ist, denn dann hätten wir es nur mit einem Serienmörder zu tun. Andererseits hat nichts gefehlt, und es gibt keine Hinweise, dass dieser Mord etwas mit den Fällen im letzten Winter zu tun hat.«
Ich betrachtete das Foto und dachte darüber nach. Dann erwiderte ich Formans Blick. »Sie wollten wissen, was mir dazu einfällt. Wenn das hier aber mit den anderen Morden gar nichts zu tun hat, warum wollen Sie dann meine Meinung hören?«
»Ich greife im Grunde nach Strohhalmen.« Forman nahm das Foto in die Hand. »Du bist der einzige Zeuge, der den Clayton-Killer gesehen und die Begegnung überlebt hat. Du hast bereits ausgesagt, dass du keine Waffe bemerkt hast, doch angesichts dieser neuen Leiche frage ich mich, ob du dich nicht vielleicht an irgendwelches Werkzeug erinnern kannst. Hat er beispielsweise einen Werkzeuggürtel getragen?«
»Welches Werkzeug meinen Sie?«
»Nun ja …« Er legte das Foto auf den Tisch zurück und deutete auf die Schulter der Toten. »Wir glauben zum Beispiel, dass diese Wunde von einem Schraubenzieher stammt.«
Ich betrachtete das Foto genauer. Die Wunde war klein, nur ein Kratzer auf der Haut, aber mit einem Schraubenzieher konnte man tief in den Körper hineinstechen. Mir schoss ein Bild durch den Kopf, eigentlich eher ein Gefühl als ein richtiges Bild, wie ich jemanden mit einem Schraubenzieher erstach, wie das Metall in die Muskeln eindrang und über den Knochen kratzte. Mr. Monster lächelte erfreut, doch ich ließ mir nichts anmerken und schob den Gedanken wieder
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