Mr Monster
heute nicht auf Lager. Falls dir noch etwas einfällt, rufst du mich auf jeden Fall an, ja?«
»Unbedingt.«
»Ausgezeichnet.« Er stand auf. »Also, bis dann.«
Ich stand auf und schüttelte ihm die Hand. Meine Gedanken rasten, ich ging alle Möglichkeiten durch. Stand dieser neue Mörder irgendwie mit Crowley in Verbindung und über ihn auch mit mir? War es Crowley selbst, auferstanden von den Toten? Oder steckte etwas völlig anderes dahinter? Gleichzeitig dachte auch Mr. Monster nach, ging alle Fakten durch und erstellte einen Plan. Wo ich eine Gefahr entdeckte, nahm Mr. Monster einen Rivalen wahr. Ich hatte den letzten Serienmörder getötet, der nach Clayton gekommen war, und Mr. Monster wollte mehr davon.
VIER
In meinen Träumen hetzten sie mich. Nicht mit Pistolen, Messern oder Krallen, sondern mit Blättern, mit dünnen, nicht greifbaren Papieren, die wie ein Virus von einem auf den anderen übergriffen. Es begann mit Agent Forman, der mir mit dem Dokument vor der Nase herumwedelte. Dank der unerbittlichen Logik der Träume war mir sofort klar, dass es sich um meinen Haftbefehl, mein Todesurteil und die Anordnung zur sofortigen Vollstreckung handelte, alles auf einem Blatt. Ich drehte mich um und wollte wegrennen, doch dort stand schon Sheriff Meier und drohte mir mit seinem Exemplar. Neben ihm standen Rob Anders und Brooke, ebenfalls mit Papieren bewaffnet. Ich rannte hinaus und stieß auf Max, meine Schwester, meine Tante und sogar meine Mutter, und dahinter stand die ganze Stadt. Alle kamen mir mit ihren unfassbaren, unausweichlichen Dokumenten entgegen. Sie waren nicht zornig oder traurig, sondern … enttäuscht vielleicht. Als hätte ich sie hintergangen.
Ich hatte es für sie getan, und als Dank dafür wollten sie mich töten.
In letzter Zeit hatte ich sowieso schon viel zu wenig geschlafen, und nach meinem Termin bei Forman wurde es noch schlimmer. Mom und ich sahen die Nachrichten, hörten Behauptungen und Spekulationen, erfuhren aber nichts Neues über die Tote. Dann ging Mom ins Bett, und ich blieb noch auf und sah eine Talkshow oder einen Film, und wenn absolut nichts Erträgliches mehr lief, ging ich in mein Zimmer und las Bücher und Zeitschriften. Egal was, solange nur mein Kopf beschäftigt war, denn sobald meine Gedanken abschweiften, sobald ich die Kontrolle verlor, übernahm etwas anderes in mir die Regie. Etwas Tiefes und Dunkles.
Denn wenn ich meinen Verstand nicht selbst benutzte, dann setzte Mr. Monster ihn für seine eigenen Zwecke ein.
Mr. Monsters Begierden waren wie ein statisches Rauschen hinter meinen eigenen Gedanken. Solange ich sie mit etwas anderem überdecken konnte, waren sie nur ein leises Summen. Sobald die Ablenkungen nicht mehr funktionierten, wurde das Rauschen lauter und schriller, chaotischer. Aus dem Rauschen formten sich albtraumhafte Gestalten und Geräusche, Körper, Gliedmaßen und Schreie, die mich nicht zur Ruhe kommen ließen. Um drei oder manchmal erst um vier Uhr morgens gab ich auf und hoffte, wenigstens noch ein bisschen Schlaf zu finden, so unruhig er auch war, bevor Mom mich um halb sieben weckte und der nächste Tag begann. In diesen Stunden übernahm Mr. Monster die Herrschaft, und ich war das Publikum, das gebannt seiner Horrorvorstellung zuschauen musste.
Die Polizei gab kein Wort über den Stand der Ermittlungen bekannt. Wir erfuhren rein gar nichts über die Ergebnisse der Autopsie und wussten nicht einmal, ob ein gestohlener Körperteil dieses Opfer mit einem neuen Dämon in Verbindung brachte. Ich wollte unbedingt etwas erfahren und blieb doch im Ungewissen.
Bald musste ich wieder zum Lagerhaus gehen. Ich musste unbedingt etwas verbrennen.
»Beruhige dich doch«, sagte Margaret, die in der Küche Salat putzte. »Du tust gerade so, als hättest du sie seit Jahren nicht mehr gesehen.«
»Habe ich auch nicht.« Mom schob eine Gabel auf dem Tisch zurecht. »Jedenfalls hat sie uns seit ewigen Zeiten nicht mehr besucht. Die Leichenhalle zählt nicht, da reden wir schließlich kaum miteinander.«
Es war Muttertag, und meine Schwester kam zu Besuch. Das war ein großes Ereignis, denn sie ließ sich sonst so gut wie nie blicken. Ich hatte sogar einen Kuchen gebacken.
Das Kochen betrieb ich wie vieles andere als Hobby, um mich abzulenken und Mr. Monster im Zaum zu halten. Mom war ein großer Fan von Food Network , und ich war ein großer Fan von gutem Essen. Eines Tages, nachdem ich von Leichen geträumt und versucht hatte, meine
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