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Mr Monster

Mr Monster

Titel: Mr Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Wells
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sich winden, bis ihm der Strom einen tiefen Krater in die Haut gebrannt hatte. Ich schüttelte den Kopf und unterdrückte den Gedanken. So durfte es nicht weitergehen. Ich musste etwas abfackeln.
    Es wurde Zeit, das Lagerhaus wieder aufzusuchen. Unterwegs holte ich mir ein Stück Hähnchen aus dem Kühlschrank – keiner hatte seinen Teller leer gegessen – und packte es in eine Plastiktüte, die ich mir in die Jackentasche schob. Dieses Mal würde mich die Katze nicht aufhalten.
    Es war kurz nach Mitternacht und im Grunde zu dunkel, um mit dem Rad zu fahren. Das Auto würde allerdings Lärm machen und Mom wecken – und außerdem allzu leicht einen Hinweis auf mich ermöglichen, falls die Brandstiftung untersucht würde. Deshalb fuhr ich fast eine Meile weit durch die dunklen Straßen, stieg schließlich ab und lief zwischen den Bäumen über den unebenen Weg. An den Stellen, die das Mondlicht nicht erreichte, tastete ich mich vorsichtig weiter. In einer Hand hielt ich einen Kanister, in dem Benzin schwappte.
    Das Feuer rief mich.
    Im schwachen Mondlicht bekamen die Betonwände des Lagerhauses einen stumpfen Glanz. Inzwischen grinste ich breit. Dies war der Augenblick, in dem meine Grenzen verschwammen. Mr. Monster war jetzt niemand anders mehr als John Cleaver. Kein Killer mehr, sondern bloß ein Junge. Kein Monster, sondern ein Mensch. Das Feuer war meine Therapie, und in diesen Momenten unmittelbar davor fühlte ich mich wirklich frei. Es waren die einzigen Augenblicke in meinem Leben, in denen ich mir keine Sorgen machen musste, was Mr. Monster tun wollte, denn er und ich wollten genau das Gleiche. Sobald ich mich entschieden hatte, ein Feuer zu legen, lag ich nicht mehr mit mir selbst im Widerstreit. Ich war einfach nur ich selbst, und alles passte zusammen.
    Die Katze starrte mich schweigend an. Sie hockte in einem geborstenen Fenster, von dem aus sie ihr ganzes Reich, drinnen wie draußen, überblicken konnte. Ich legte das Fahrrad vor den Bäumen auf den Boden und ging leise hinüber. Unterwegs holte ich das Fleisch heraus und riss ein kleines Stück ab. Die Fasern lösten sich leicht, die Schichten des durchgebratenen Muskelfleischs ließen sich mühelos in Streifen abziehen. Dann wedelte ich so dicht wie nur möglich vor der Katze mit dem Fleisch herum, damit sie es riechen konnte, ließ ein Stückchen vor mir auf den Boden fallen und warf den Rest mehrere Meter weit weg. Die Katze verfolgte die Flugbahn, als wären ihre Augen Laserpointer. Schließlich eilte ich durch die offene Tür ins Lagerhaus.
    Als ich mich zum Fenster umsah, hockte die Katze immer noch dort. Wenn ich mich bewegte, wandte sie langsam den Kopf, betrachtete mich kurz und starrte wieder das Fleisch draußen an. Gut so, dachte ich. Jetzt hol’s dir!
    Ich zog die alte Matratze hinter dem Palettenstapel hervor. Sie war dick und schimmelig, voller Dreck und Spuren von Tieren, und die Unterseite war feucht. Als ich sie umdrehte, stieg eine stinkende Wolke auf. Ich kippte sie, damit die trockene Seite oben lag, überlegte es mir noch einmal anders und wendete sie abermals. Ich konnte einige andere Gegenstände wie die Holzpaletten benutzen, um die Matratze aufzurichten und darunter einen Herd zu bauen. Die trockene Seite würde rasch Feuer fangen und die obere Seite trocknen. Der Rauch konnte in die Luft steigen, ohne die Flammen darunter zu ersticken.
    Die Katze hockte immer noch auf der Fensterbank und beobachtete mich neugierig. Ich hielt inne, versuchte mich so uninteressant wie möglich zu machen, und erwiderte den Blick. Das Tier rührte sich nicht.
    Ich wartete noch eine Weile, doch die Katze blieb sitzen. Schließlich sammelte ich das Material für meinen Ofen. Früher oder später würde sie sich schon bewegen.
    An einer Wand des Lagerhauses standen Metallfässer, die meines Wissens alle leer waren. Sie konnten nicht verbrennen und enthielten wohl auch kein brennbares Material, also ließ ich sie einfach stehen und ging weiter. In der hinteren Ecke fand ich einen Stapel Farbeimer, und hier und da waren im großen Raum weitere Behälter mehr oder weniger willkürlich verteilt. Bei früheren Besuchen hatte ich bereits eine Bestandsaufnahme gemacht: Überwiegend waren es Latexfarben, die nicht brannten. Daneben gab es jedoch einen hübschen Vorrat an weißer Lackfarbe, die hochgehen würde wie Raketentreibstoff. Mit einem Schlüssel hebelte ich einen Deckel auf und lächelte, als mir der Alkoholgeruch entgegenschlug. Die Farbe war

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