Mr Monster
verständigen, weil sie sich schon so lange kannten. Mom starrte zurück, ihre Nasenflügel bebten. Sie war unglaublich wütend. Lauren dagegen hatte sich Curt zugewandt und achtete nicht auf die beiden älteren Frauen.
»Popcorn machen kann sie dagegen wirklich gut«, fuhr Curt lächelnd fort. »Bloß bei allem, was mit einem Herd zu tun hat, kriegt sie Schwierigkeiten.«
»Ihr wisst ja, was herausgekommen ist, wenn ich mal backen wollte«, stimmte Lauren zu. »Wisst ihr noch, wie ich auf der Junior High Brownies machen wollte? Außen verbrannt und innen roh.«
»Ja, so macht sie das heute noch.« Curt nahm sein Wasserglas und trank einen großen Schluck. Ich fand es faszinierend, wie er in der dritten Person über sie redete und direkt auf ihre Bemerkungen antwortete, ohne sie dabei anzusprechen oder anzusehen. Er tauschte sich auch mit uns nicht aus, weder einzeln noch als Gruppe, sondern erzählte uns einfach irgendetwas, weil wir zufällig als Publikum zur Verfügung standen. Mr. Monster spitzte die Ohren und wanderte unruhig in meinem Kopf hin und her. Er wollte diesem Trottel die selbstbewusste Fassade zertrümmern, bis er vor Angst heulte. Der Kerl sollte um Gnade winseln.
Ich zog mich in mich selbst zurück und gab mir die größte Mühe, nicht auf Curt und das Essen zu achten. Stattdessen dachte ich über Agent Forman nach und fragte mich, was er im Schilde führte. Sah er mich inzwischen als Verdächtigen, oder hatte er noch andere im Visier? War er überhaupt misstrauisch, oder versuchte er nur, mich einzuschüchtern, damit ich ihm weitere Informationen lieferte? Nicht unbedingt etwas Belastendes, aber wenigstens irgendeine neue Spur, die er verfolgen konnte? In diesem Mordfall gab es zahlreiche offene Fragen, die ihm vermutlich umso mehr unter den Nägeln brannten, je länger er sich damit beschäftigte. Wie lange war Mrs. Crowley gefesselt gewesen? War es denkbar, dass ein und derselbe Täter sie gefesselt und Dr. Neblin getötet hatte? Warum war Mr. Crowleys Leiche bis heute nicht aufgetaucht, obwohl doch bei allen anderen Morden ein verstümmelter Leichnam gefunden worden war? Selbst wenn Forman keinen Verdacht hegte, ich könne der Täter sein, musste er ahnen, dass ich mehr wusste, als ich ihm verriet.
»Eigentlich hat ja John den Kuchen gebacken«, sagte Mom.
Überrascht hob ich den Kopf und stellte fest, dass mich vier Menschen anblickten. Was hatte ich sonst noch verpasst?
»Jim?«, sagte Curt.
»John«, berichtigten Mom, Margaret und Lauren ihn wie aus einem Mund.
Ich nickte.
»Ja, verdammt will ich sein«, sagte Curt. »Eine Übung für Hauswirtschaftslehre in der Schule oder so was?«
»Er backt meistens«, erklärte Mom. »Er kann das sehr gut, und er macht es gern.«
»Backen.« Curt hob die geballte Faust, als wolle er mir Mut machen. »Eine wahnsinnig männliche Beschäftigung.«
»Und ob«, bekräftigte Lauren. Zum ersten Mal widersprach sie Curt ernsthaft. »Ich fände es riesig, mal was Gutes von dir vorgesetzt zu bekommen.«
»Das geht nicht, weil es in diesem Kaff kein vernünftiges Restaurant gibt«, erklärte Curt.
»Außerdem mögen es Frauen, wenn Männer sich die Zeit nehmen, etwas für sie zu tun.«
»Ich hab dir doch die Schuhe gekauft«, meinte Curt.
»Die sind traumhaft.« Lauren nickte begeistert.
»Das will ich doch hoffen«, sagte Curt lachend. »Sie waren teuer genug.«
»Wenn die Mädchen erst herausfinden, wie gut John kochen kann, werden sie vor der Tür Schlange stehen«, verkündete Mom. Sie stand auf, um die Salatteller abzuräumen.
»Na ja, da ist was dran.« Curt breitete die Arme aus. »Männeressen ist sowieso meistens besser, was? Kein Gejammer über Kalorien und Fett und diesen ganzen Mist – einfach nur Berge von sauguten Sachen.« Er blickte zur Anrichte und schnüffelte laut. »Hat er auch das Hähnchen gemacht?«
Mom und ich wechselten einen Blick. Wir waren beide nicht sicher, was wir darauf antworten sollten. Ich hatte vor sechs Wochen aufgehört, Fleisch zuzubereiten, weil dies meinen Absichten zuwiderlief. Statt mich von toten Körpern abzulenken, dachte ich sogar noch öfter daran, während ich weiches rotes Fleisch mit dem Messer zerteilte und mit nackten Fingern in Bergen von blutigem Gehacktem herumwühlte. Mittlerweile aß ich überhaupt kein Fleisch mehr.
»John ist Vegetarier«, erklärte Mom.
Als Vegetarier hätte ich mich nicht bezeichnet. Das klingt viel ehrgeiziger als Er isst kein Fleisch . Ich war ja nicht der
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