Mr Nanny
wieder die Medien übertrieben? Und noch was: Mein Mann und ich waren im Internet, aber wir wussten nicht, welche Gasmasken man nun nehmen soll.«
George Patten, ein Mann, der sich vor fünfzehn Jahren, im Alter von fünfunddreißig, mit einem Fünfzig-Millionen-Dollar-Erbe zur Ruhe gesetzt hatte, verbrachte seine Tage Landkarten studierend im Wohnzimmer. »Elektrisierend« war nicht gerade das Wort, das einem im Zusammenhang mit ihm in den Sinn kam. Er fügte eifrig hinzu: »Wir haben uns schließlich für diese israelische Firma entschieden, die auch die israelische Armee versorgt. Hat uns ein Vermögen gekostet.«
Jussuf holte tief Luft, um sich von den Höhen der Geopolitik in die Tiefen dessen hinabzubegeben, was NewYorker wirklich interessierte, nämlich wie etwas sie selbst betraf.
»Christina, das können wir doch nach dem Dinner besprechen«, unterbrach Susannah gereizt. Es ärgerte sie, dass Christina den hochintellektuellen Dialog in solch ordinäre Tiefen gezerrt hatte.
Jussuf, der Susannahs Verlegenheit spürte, versuchte rasch, die Kluft zu überbrücken. An Christina gewandt sagte er: »Nun, als jemand, der aus dem Libanon fliehen musste, als das Land zum ersten Mal zusammenbrach, kann ich natürlich nachfühlen, wie es ist, Angst zu haben. Aber es fällt mir schwer, genau zu sagen, wo und wann die Terroristen wieder zuschlagen werden. Und vergessen Sie nicht, Anthrax löst sich in frischer Luft auf. Es besteht also nur dann Gefahr, wenn Sie sich in engen, abgeschlossenen Räumen aufhalten, wie der U-Bahn zum Beispiel oder in einem Autotunnel. Ich halte es für eher unwahrscheinlich, dass man zu Hause, in der Wohnung, wirklich eine Gasmaske braucht. Aber ich kann Ihnen bestätigen, dass die Israelis tatsächlich über die beste Ausrüstung verfügen. Selbst mein Vater hat israelische Gasmasken gekauft. Und da wohnten wir noch am Stadtrand von Beirut.«
»Okaaaaay«, sagte Christina langsam. Dann machte sie eine ausholende, den ganzen Tisch umfassende Geste. »Ich hätte jetzt noch eine Frage, die alle anwesenden NewYorker betrifft!« Ich dachte, Susannah würde sich gleich eine Serviette über den Kopf legen, um nicht sehen zu müssen, dass ausgerechnet Christina Patten ihre schöne Dinnerparty an sich gerissen hatte. »Soll das dann heißen, wir brauchen fürs Personal keine Gasmasken zu kaufen?«
Eiskalte Stille. Ich blickte zu Jussuf; er hatte die Augen geschlossen, nippte an seinem Wein und hustete in seine Serviette. Niemand wusste, was er sagen sollte. Nicht einmal George Patten versuchte, seine Frau zu retten.
Da stand Susannah abrupt auf. »Wie wär’s jetzt mit einer schönen Tasse Kaffee im Salon?«
Wo war Peter? Ich stellte mir vor, dass er wahrscheinlich in irgendeiner supercoolen Bar in Red Hook rumhing, im Arm ein paar umwerfende, blutjunge Dinger. Ich hätte ihn jetzt so gut brauchen können. Er hätte mir geholfen, den Witz an dieser ganzen erbärmlichen Szene zu sehen. Aber ich gehörte natürlich dazu zu dieser erbärmlichen Szene, war ein Teil von ihr. So weit hatte er recht.
Ich saß allein auf dem dick gepolsterten Ecksofa im Wohnzimmer, in der Hand eine winzige Tasse aus feinstem chinesischem Porzellan - Espresso mit einem kunstvoll geringelten Stückchen Limonenschale. An den vier riesigen Terrassenfenstern, die auf Susannahs Dachgarten hinausgingen, hingen an antiken Gardinenstangen lagunengrüne Taftvorhänge. Die Sitzmöbel waren mit kostbaren Brokatstoffen überzogen: einige mit rotem Hintergrund und bestickten Blumen, andere bernsteinfarben oder grün. Je ein Zebrateppich lag vor den beiden großen offenen Kaminen, die zwei gegenüberliegende Wände zierten.
Mr. Newsweek kam zu mir herüber und setzte sich neben mich. Er wusste bereits, dass Goodman einer Riesenstory auf der Spur war, aber wie groß, ahnte er nicht.
»Habt ihr Theresa gekriegt? Hat sie sich hingesetzt und tatsächlich Tacheles geredet? Ich meine, in Bezug auf Hartley? Oder wird’s bloß ein Kathy-Seebright-Aufguss?«
»Sag ich nicht.«
Ich wusste, was jetzt kam. »Jamie, überlegen Sie doch mal.
Ich weiß, dass Ihre Sendung am Mittwoch ausgestrahlt wird. Ich könnte selbst jetzt noch was in die aktuelle Ausgabe setzen - kein Problem. Solange es vor Mitternacht ist.« Er warf einen Blick auf seine Uhr. »Ich will Ihnen was sagen. Ich werde Ihnen einen Gefallen tun. Ich werde einen Artikel bringen, der die Stimmung ein wenig anheizt.«
»Wie selbstlos von Ihnen.«
»Ich meine, wir werden NBS
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