Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)
und spähte in die Nacht.
Da.
Sein Verfolger stand keine fünf Meter von ihm entfernt und hatte Darwen den Rücken zugewandt. Er trug einen hellen Overall und einen Helm aus Leder und stocherte mit seinem Netz im Unterholz. Wieder dröhnte ein schwerer Schlag zu ihnen herunter, und es klang, als sei etwas kaputt. Der Schrubbler sah in die Richtung, aus der das Geräusch kam, und Darwen konnte kurz einen genaueren Blick auf ihn erhaschen. Er hatte riesige Hände, die in Lederhandschuhen steckten, und einen leicht herabhängenden Unterkiefer, der den Blick auf übergroße Zähne freigab, die fast wie Reißzähne über seine Lippen ragten. Die Haut rund um den Mund war hornig und grünlich. Sie mochten zwar wie Menschen aussehen, diese Schrubbler, aber sie waren keine.
Das Wesen drehte sich wieder um und ließ das Netz weiter über den Boden gleiten. Es kam näher.
Darwen überlegte fieberhaft, was er tun sollte, aber er hatte viel zu viel Angst, um sich überhaupt zu bewegen. Auch war ihm klar: Wenn er jetzt zu fliehen versuchte, dann würde ihn dieses Ding sofort entdecken und mit seinem Netz einfangen. Der Schrubbler machte erneut einen Schritt.
Noch einen, und er würde ihn unweigerlich sehen.
Doch plötzlich stieß er ein Grunzen aus, richtete sich auf und schlug mit der freien Hand durch die Luft. Ein winziger, grüner Lichtpunkt schwirrte um seinen Kopf.
Motte!
Der Schrubbler schwang seine Faust nach der Talfee, aber sie schoss flink davon, bevor sie wieder auf sein Gesicht zuhielt. Nun holte der Schrubbler mit dem Netz aus, und Motte konnte nur noch knapp entwischen. Diesmal hielt sie Abstand und schwankte leicht in der Luft. Als der Schrubbler wieder um sich schlug, konnte sie gerade noch rechtzeitig mit einem Surren ihrer mechanischen Flügel außer Reichweite des Netzes gelangen, aber sie sah müde aus. Das konnte nicht mehr lange so weitergehen.
Darwen wusste, was er zu tun hatte. Geräuschlos ging er in die Hocke, holte tief Luft, dann machte er einen Satz aus dem Unterholz und rannte so schnell er konnte den Hügel hinab.
Nun war da keine Motte mehr, die ihn mit ihrem Licht führte, und er konnte nur hoffen, dass er bald den Waldweg fand. Er lief, so schnell er konnte, und gab sich keine Mühe mehr, Geräusche zu vermeiden. Das würde ohnehin nichts nützen, und außerdem hoffte er, dass Motte vielleicht leichter würde entwischen können, wenn der Schrubbler von ihr abgelenkt war.
Sein Kopf dröhnte immer noch von dem Zusammenstoß mit dem Baumstamm, und die Schürfwunden an seinem Arm brannten, aber er fühlte kaum etwas außer der Angst und Verzweiflung, die seine erschöpften Beine immer weiter vorantrieben.
Mit kanonenartigem Donnern startete das Motorrad erneut, aber dieses Mal wandte Darwen sich nicht um. Stattdessen suchte er zwischen den Bäumen nach dem Pfad, und er war dankbar über den Abhang, der zwar das Laufen erschwerte, ihm aber zumindest anzeigte, dass er in die richtige Richtung rannte. Auch der Schrubbler mit dem Netz hatte zu Fuß die Verfolgung aufgenommen; er hörte dessen lange, hungrige Sprünge und sein Schnaufen.
Hoffentlich war Motte entkommen!
Darwen sah den Pfad kaum, als er endlich auf ihn traf, und um ein Haar wäre er darüber hinweggerannt. Schnell wandte er sich scharf nach links und wusste genau, dass der Schrubbler hinter ihm ebenfalls aus dem Gebüsch stürzte. Nach nur zehn Schritten sah Darwen endlich den Spiegel, der keine fünfzig Meter entfernt in der Dunkelheit aufblinkte.
Der Wettlauf begann.
Verzweifelt mobilisierte Darwen seine letzten Reserven und sprintete den Weg hinunter. Plötzlich hörte er auch das Motorrad deutlicher – es schien aber dennoch weit entfernt zu sein. Es dauerte einen Moment, bis er erkannte, dass der Fahrer einen anderen Weg den Berg hinunter genommen hatte, denn in dieser Sekunde kam das Fahrzeug ein Stück hinter dem Spiegel auf den Pfad und fuhr nun in seine Richtung. Während ihm der eine Schrubbler mit dem Netz auf den Fersen war, kam der andere also genau auf ihn zu.
Darwen hatte nur noch eine Chance – er musste als Erster beim Spiegel sein. Er biss die Zähne zusammen und spurtete auf den Rahmen zu, obwohl er damit gleichzeitig auf den Scheinwerfer des riesigen Motorrads zu hielt und auf das Geschöpf, das auf der Maschine hockte. Er hörte, wie das andere mit dem Netz nach ihm schlug, und fühlte den Luftzug am Rücken. Er sah das Motorrad mit seinem riesenhaften Fahrer auf sich zukommen. Und er sah den
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