Mr. Peregrines Geheimnis: Roman (German Edition)
Verborgenes in dem Apparat in Bewegung setzte, dann schob er sich mit einem lang gezogenen Zischen nach unten. Der Hebel rastete ein, und zwei Sekunden herrschte Stille, bis eine große Wolke aus Dampf aus den Seiten der Baumstämme hervorschoss und das Tor, das Motte und Darwen am nächsten war, in eine neblig-graue Wand verwandelte.
Einen Wimpernschlag später war ein Brüllen zu hören, und mit einem grellen Lichtblitz kam etwas zum Vorschein.
Etwas Großes.
»Schrubbler!«, schrie Motte. »Lauf!«
K A P I T E L 9
Darwen erhaschte nur einen ganz kurzen Blick auf das, was da aus dem Tor kam, aber das genügte, dass er wie ein Wilder hinter der Talfee hinterherstürmte.
Es war eine Art Motorrad mit Beiwagen, nur viel, viel größer und wuchtiger. Überall aus dem glänzenden Metall ragten Rohre heraus. Die Maschine besaß in der Mitte so etwas wie einen großen Kessel, der mit Holzplanken verkleidet und mit nietenbeschlagenen Lederriemen befestigt war, und über dem riesigen Vorderrad ragte eine spitz zulaufende Schürze hervor, wie Darwen sie von alten Diesellokomotiven kannte. Vorn war ein einziger, massiver Scheinwerfer angebracht. Aber das Motorrad an sich war nicht das Schlimmste.
Auf dem Fahrzeug und im Beiwagen saßen zwei riesenhafte Männer mit Lederhelmen, Schutzbrillen und breitem, massigem Kinn. Sie hatten lange, affenartige Arme, und der Kerl, der im Beiwagen hockte, schwenkte ein großes Netz an einem Stock.
Sie wollen mich fangen.
Daran hatte Darwen nicht den geringsten Zweifel. Er wusste zwar nicht, warum – denn er hatte keine Ahnung, wer sie waren und was sie wollten –, aber er war sich sicher, dass er fliehen musste. Und so rannte er schneller, als er jemals in seinem ganzen Leben gerannt war, trotz der Dunkelheit und den Baumwurzeln, trotz der rankenden Kletterpflanzen am Boden und seinem wild schlagenden Herzen. Er rannte. Sein Mund war trocken, seine weit aufgerissenen Augen tränten, und er musste sich anstrengen, Mottes grünen Lichtfleck nicht aus den Augen zu verlieren.
Sieh dich nicht um, dachte er, als die Maschine dröhnend die Verfolgung aufnahm. Sieh dich bloß nicht um.
Das Fahrzeug der Schrubbler klang eher wie ein Panzer als wie ein Motorrad, und Darwen konnte hören, wie die breite Schürze kleinere Bäume einfach aus dem Weg pflügte. Er hielt sich also an die dickeren Stämme und hoffte, seine Verfolger auf diese Weise abschütteln zu können, aber sie kamen trotzdem immer näher. Darwen rannte den Hügel hinab, wurde dabei immer schneller und kam beinahe ins Straucheln. Verzweifelt versuchte er, die Richtung einzuhalten, in der er den Waldweg vermutete. Schon erfasste ihn das Scheinwerferlicht und zuckte zwischen den Bäumen hin und her, während das Fahrzeug hinter ihm den Abhang hinunterraste.
Vor ihm hielt Motte inne und sah sich um. Darwen hatte den Eindruck, als ob sie ihm wild zuwinkte und dabei etwas rief, aber was, das konnte er wegen des brüllend lauten Motorengeräuschs nicht verstehen. Er machte noch zwei schwankende Schritte, dann hörte er etwas anderes, etwas Neues: das Pfeifen eines Netzes, das hinter ihm geschwungen wurde. Beinahe hatten sie ihn. Er duckte sich plötzlich nach links, huschte um den größten Baum, der in seiner Nähe stand, und wandte sich dann nach rechts. Mit einem mächtigen Krachen donnerte das große Motorrad gegen den Stamm.
Nun riskierte es Darwen doch, sich kurz umzusehen.
Bei dem Aufprall war der Beiwagen fast abgerissen worden. Der Schrubbler mit dem Netz kletterte heraus, wirkte aber noch ein wenig benommen, während der andere einen riesigen zweiköpfigen Hammer schwang und damit gegen die Kupplung schlug, die Beiwagen und Antriebsmaschine miteinander verband. Darwen grinste, aber es war ein Fehler gewesen, sich im Laufen umzusehen.
Er rannte zu schnell und hatte durch das starke Gefälle noch immer zu viel Schwung. Als er den Kopf wieder nach vorn wandte, war es schon zu spät. Sein Fuß verfing sich in einem auf dem Boden liegenden Ast, er stolperte, stürzte ins Farnkraut, überschlug sich und rollte gegen einen Baumstamm.
Vor seinen Augen wurde alles schwarz.
Als er wieder zu sich kam, schmerzte sein Kopf, sein rechter Arm war abgeschürft und blutete. Das Farnkraut, das rund um den Baum wuchs, verdeckte ihn zwar ein wenig, aber nicht gut genug. Von weiter oben ertönte wieder ein schwerer, metallischer Schlag. Das war der Schrubbler mit dem Hammer. Aber wo war der mit dem Netz? Darwen bewegte sich vorsichtig
Weitere Kostenlose Bücher