Mr Pink Floyd
dass er mich immer für ein Monster hielt. Doch derjenige, der bei Mama geblieben ist, war ich, nicht er, der sich erst ein schönes Leben am Polytechnikum gemacht hat und dann sein Leben damit verbrachte, für diese geifernden Mädels zu spielen. Sicherlich habe ich nie die Summen nach Hause schicken können wie er, aber ich war vor Ort, und wenn Mama weinte, war ich es, der sie getröstet hat, als es ihr schlecht ging, hab ich sie gepflegt.
Mister Coleman hat mich gebeten, eine Zeugenaussage zu machen: Warum nicht? Wahrscheinlich hat er diese eine Nacht im Jahr 1970 im Kopf, als Rog mich anrief und aufforderte, ihn an einen gewissen Ort zu bringen. Es war zwei Uhr nachts, und am nächsten Morgen musste ich um sechs wieder raus! Ich fragte ihn, warum er nicht mit seiner feudalen Corvette fahren würde: Sie war in der Werkstatt. Dann solle er sich eben an Nick wenden, der habe sein Geld doch immer schon in Ferrari und Maserati gesteckt: Aber Nick musste angeblich aus der Sache rausgehalten werden. Als er mir schließlich ein neues Taxi versprach, sagte ich zu. Ich brachte ihn zu einem Dock in
Southend: Dort saß Dave an einem kleinen runden Tisch und wartete auf uns. Da nicht einmal der kleine Kerzenstumpen mehr brannte, war alles dunkel, die total verkratzte, alte weiße Telecaster konnte ich trotzdem auf dem Tisch erkennen.
»Hey, das ist ja die Gitarre von Syd«, sagte ich, »wie seid ihr denn an die gekommen?«
»Das geht dich nichts an, geh nach draußen und pass auf, dass keiner kommt.«
Daraufhin ließen sie den Rollladen herunter, hinter dem sie sich über eine Stunde lang einschlossen. Als sie herauskamen, machten sie den Eindruck, als … den Eindruck … Ach, Schluss damit! Sie schauten sich auf jeden Fall die ganze Zeit in die Augen, Dave irgendwie hin und weg, aber auch verstört, und mein Bruder mit zufriedener Miene, nach dem Motto: Hab ich’s dir doch gesagt, oder?
Sechs, sieben Monate später gehe ich aus dem Haus und sehe vor dem Zaun mein nagelneues Taxi stehen. Das Kennzeichen lautete AHM 146: Merkwürdig, denn wenn man kein Geld für ein persönliches Kennzeichen hinlegte, bekam man zu jener Zeit Kürzel wie RTO, RWE oder RZY, weshalb ich bei der nächsten Gelegenheit, als ich mich bei ihm bedankte, nachfragte.
» Atom heart mother , was sonst? Was, meinst du, haben wir uns damals nachts besorgt?«
VIERTES DOKUMENT
Textkasten aus Melody Maker
Stücke, die immer länger werden und die ganze Seite eines Albums belegen, Stücke von ambitionierter, komplexer Architektur, die sich wie lebende Organismen von allein weiterentwickeln: Das ist die Mode des Progressive Rock, der bereits von einigen wenig geschmackvoll als Progrock bezeichnet wird; und, unglaublich, aber wahr, so manchem ist dieses neue Genre bereits zu begrenzt. Fügt man also noch eine sinfonische Prise hinzu, hat man den Sinfoprog. Und nachdem wir letztes Jahr von The Who mit einer »Rockoper« beschert wurden, von wem sonst als Pink Floyd stammt nun selbstverständlich das erste Beispiel eines Sinfoprogs? Wenn wir der uneingängigen ATOM HEART MOTHER richtig zugehört haben, meinen wir zu glauben, dass auf der Seite A die Erschaffung der Welt aus dem Chaos inszeniert wird, die Behauptung des Lichts über die ursprüngliche Finsternis. Schade nur, dass die formlose Unordnung am Anfang (all diese dissonanten Blechbläser!), nachdem sie zu Form und Harmonie gefunden hat, am Ende erneut ins Chaos stürzt. Handelt es sich um eine pessimistische Botschaft, oder haben unsere kühnen Burschen einfach nur nicht die geringste Ahnung davon, wie man einen sinfonischen Apparat bedient? R. B.
VIERZEHNTE KLAGE
Joe Boyd
Ich hab nun schon einige sich beklagen gehört, aber wenn es einen gibt, der dazu das Recht hat, dann ich. Bevor sie mir weggeschnappt wurden, haben Pink Floyd mir gehört, das dürfte ausreichen. Alles geschah aufgrund mangelnder Klarheit: Sie waren noch keine professionelle Band und hatten bereits drei Manager, Jenner, King und mich! Aber nur, weil wir Freunde waren, die ihnen bei der Suche nach Auftrittslokalen und beim Beschaffen ihrer Ausrüstung halfen, und dabei dachte keiner von uns an Erfolg, weder wir noch sie. Als Jenner und King Blackhill Enterprises gründeten, hielt ich mich raus, zum einen weil sie keinen einzigen Penny besaßen, zum anderen weil das Einzige, worauf sie sich stützten, Syd war: Ihrer Ansicht nach stellten die anderen nur ein irrelevantes Anhängsel dar, während ich an der Gruppe arbeiten
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