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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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ist mehr als nur ein Sturm.«
    »Was denn?«
    »Ich glaube, es geht viel weiter. Die anderen sagen, dass der Sturm ein Fluch ist, dass diese hungrigen Zeiten ein Fluch sind. Genauso wie sie erwarten, dass alles grundsätzlich sicher sein muss, und deshalb denken, dass dieser Hunger neu und fremd ist. Dass es immer alles im Überfluss gibt. Aber genau das ist doch das Seltsame daran. Das ist das Neue. Ohne Mühsal zu leben. Genau das ist seltsam.«
    »Finden Sie?«
    »Ja.«
    »Nun. Interessante Idee.«
    Hammond schniefte wieder. Dann sagte er: »Hey, Connelly?«
    »Ja?«
    »Haben Sie schon mal davon gehört, dass die letzte Tat eines Mannes darin besteht, sich vollzuscheißen?«
    »Und?«
    Hammond hielt inne. »Glauben Sie, dass Jesus das getan hat, als er am Kreuz starb?«
    Connelly zuckte zusammen und lehnte sich dann unbehaglich zurück. »Gottverdammt! Wie kann man so etwas Verrücktes sagen?«
    »Das stimmt. Aber die Frage stellt sich doch, oder? Er war definitiv ein Mensch. Und er ist definitiv gestorben. Also wäre es doch nur wahrscheinlich, oder?«
    »Ich dachte, Sie glauben nicht an Jesus.«
    »Ich frage mich das bloß, das ist alles. Wir alle wollen Würde. Wir haben viele Wünsche. Aber vermutlich bekommen wir nichts davon.«
    Lottie trat ein, sah die beiden Männer an und setzte sich dann neben Connelly. Sie löste das Tuch, und ihr Haar fiel auseinander. Sie schüttelte es aus. Um ihren Kopf formte sich eine rote Wolke wie ein Heiligenschein.
    »Ihr hättet nicht vermutet, dass ich Irin bin, oder?«, sagte sie und versuchte zu lächeln.
    »Was geht dort drinnen vor, Lottie?«, fragte Hammond. »Wird noch immer gestöhnt und gejammert?«
    »Es würde mich überraschen, wenn es anders wäre.« Sie kaute auf ihrer Lippe herum. »Er ist schon längst fort, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Connelly.
    »Ein Mann kann wohl blindlings drauflosrennen, wenn ihm egal ist, wo ihn das hinbringt«, sagte sie. Sie biss fest auf ihre Lippe, dann begann sie an ihren Nägeln zu kauen. »Gehen wir noch einmal durch, was in dem Haus passiert ist«, sagte sie.
    »Das habe ich schon oft genug getan«, erwiderte Connelly. »Darum hat mich jeder von euch gebeten, seitdem wir zur Ruhe gekommen sind.«
    »Wir sind nicht zur Ruhe gekommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand unter diesen Umständen ruhig ist.«
    »Nun, dann eben seitdem nicht mehr alles so gottverdammt verrückt ist.«
    »Es ergibt keinen Sinn, das ist alles. Wie hat er es aus dem Haus geschafft? Durch das Fenster? Was, zum Teufel, hat er dort gemacht? Ich werde Jake nicht danach fragen, aber wie hat er … Wie hat er Ernie das nur so schnell antun können?«
    »Jake weiß das nicht«, sagte Hammond. »Er war nicht dabei.«
    »Haben Sie es gesehen?«
    »Nein. Aber wäre Jake da gewesen, dann ist es doch nur wahrscheinlich, dass man ihn genauso aufgeschlitzt hätte wie seinen Bruder.«
    Sie schüttelte mit weit aufgerissenen Augen den Kopf. »Und der Sturm …«
    »Ich will nichts mehr von diesen Geistergeschichten hören«, sagte Connelly. »Er ist ein Mann. Ich weiß das besser als sonst jemand. Ich habe ihn vor nicht weniger als einem oder zwei Tagen verängstigt gesehen, als ich ihn beinahe erwischt und ihm die Eingeweide herausgerissen hätte. Geister kennen keine Angst.«
    »Ich hoffe, Sie haben recht«, sagte sie und tätschelte seinen Arm. Connelly sah auf ihre Hand. Sie nahm sie weg, schien seinen Blick aber nicht bemerkt zu haben.
    Hammond hustete. »Ich weiß nicht. Ich habe die verrücktesten Sachen über ihn gehört. Eine alte Frau hat mir einmal erzählt, dass er die Nacht singen lassen kann.«
    »Singen?«
    »Ja. Ich fragte sie, was die Nacht denn singt, ob es ein Walzer oder ein Marsch oder eine Melodie ist, zu der man tanzen kann, und sie wurde fuchsteufelswild. Dachte, ich würde sie auf den Arm nehmen. Was ich auch tat. Dann sagte sie, er könne alle möglichen Dinge zum Singen bringen, wenn er wolle. Er würde einen Knochen nehmen, etwas darauf schreiben, und schon würde der anfangen zu singen. Von den Albträumen, die er dir vorsingt, würde dir kotzübel. Sie sagte, das würde das Land beschmutzen, würde es irgendwie vergiften.«
    »Haben Sie das geglaubt?«, fragte Lottie.
    Hammond schnaubte und lachte. »Natürlich nicht. Die Alte war so blau wie eine Haubitze, und die französische Krankheit hatte ihr übel zugesetzt.«
    »Oh.«
    »Sagen Sie mal, warum sind Sie eigentlich hinter ihm her?«, fragte Hammond. »Das haben Sie uns nie

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