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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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gingen an einer Reihe hoher Tannen vorbei, dann erreichten sie ein kleines, malerisches Städtchen, das sich an die Hügel schmiegte, und die Umgebung war grüner und gesünder, als sie sie seit Monaten gesehen hatten. Aus dem trockenen Unterholz wurde ein saftiges Grün, als würden zwei verschiedene Meere aufeinandertreffen. In der Mitte erhob sich eine weiße Kirche, von der aus kleine Häuser in alle Richtungen strebten. Aus den Schornsteinen stiegen fröhliche Rauchschwaden auf. Connelly hatte den Eindruck, noch nie zuvor in seinem Leben einen glücklicheren Ort gesehen zu haben.
    »Das ist es«, sagte Roosevelt leise. »Das ist mein sicherer Hafen.«
    Sie betraten die kleine Stadt und hielten auf die Kirche zu. Gerade fand eine Art Fest statt. Von den Straßenlaternen hingen grüne und gelbe Wimpel, irgendwo spielte jemand auf einer Flöte. Sie gingen durch die Straßen, bis sie zur Kirche kamen. Dort hatte sich eine Menschenmenge auf dem Stadtplatz versammelt. Sie konnten nicht viel von dem sehen, was dort vor sich ging, aber in der Mitte stand ein toter, grauer Baum, von dessen Ästen gelbe und grüne Wimpel hingen. An die Astspitzen hatte man grüne Zweige anderer Bäume gebunden.
    Sie blieben am Rand der Menge stehen, bis sie von einem Kirchenmann entdeckt wurden. Eigentlich rechneten sie damit, dass er so misstrauisch wie alle anderen Leute sein würde, die ihnen begegnet waren, aber er kam auf sie zu und fragte höflich: »Kann ich Ihnen helfen?«
    Bevor sie antworten konnten, sagte Roosevelt: »Wie ich sehe, machen Sie den toten Baum wieder lebendig. Möge er ein langes Leben haben – zumindest sollten Sie seinen Boden gut wässern.«
    Der Kirchenmann hob ungläubig die Brauen und sah Connelly und die anderen überrascht an.
    »Sie müssen unseren Freund entschuldigen«, sagte Pike. »Er ist etwas umnachtet. Kürzlich hatte er einen Unfall, darum verhält er sich manchmal wie ein Kind.«
    »Sind Sie schon lange unterwegs?«, fragte der Kirchenmann.
    »Ja. Sehr lange. In der Tat ausgesprochen lange. Unser Freund war einmal als Kind hier, und … und wir dachten, es würde ihm guttun, wenn er diesem Ort einen Besuch abstattet.«
    Der Mann musterte Rosie lange, und er schien etwas in seiner Miene zu entdecken. »Ah ja, ich erkenne ihn. Es ist in seinen Augen, ja. Ich sehe ihn dort.« Er strahlte Connelly und die anderen an. »Sie scheinen alle hungrig und von Sorgen gebeugt zu sein.«
    »Das stimmt«, sagte Hammond. »Wir wollen keine Unannehmlichkeiten machen, aber unsere letzte Mahlzeit ist schon eine Weile her.«
    »Nun ja, wir wollten uns gerade zum Essen setzen, und es würde uns wirklich freuen, Ihnen etwas servieren zu dürfen. Für uns ist heute ein Feiertag, und ich würde mich schämen, hungrige Gäste abzuweisen«, sagte der Mann. »Ich bin Pastor Leo.«
    Er führte sie durch die Menge. Connelly fiel auf, dass alle, die sie ansahen, breit lächelten und winkten.
    »Was wird denn gefeiert?«, fragte er.
    »Wir feiern das Ende der Herbstmonate«, sagte der Pastor. »Der Winter kommt. Und die Ernte. Wir haben viel zu ernten und viel, wofür wir dankbar sein sollten.«
    »Mir ist aufgefallen, dass diese Gegend gesünder als der Großteil des Landes zu sein scheint«, sagte Pike.
    »Das liegt daran, dass der Regen an den Bergen hängen bleibt«, erklärte Leo. »Damit gelingt es uns, weiter zu wachsen, obwohl sich der Rest der Nation in einem schlechten Zustand befindet.«
    Peachy musterte die Hänge. »Das kann doch gar nicht stimmen«, sagte er zu Connelly. »Wenn ich mich nicht irre, scheinen die ganz schön trocken zu sein.«
    Connelly zuckte bloß mit den Schultern, und sie gingen weiter. Der Pastor begrüßte jeden, an dem er vorbeikam, und jedes Mal begrüßten die Leute auch Pike und die anderen, hießen sie in ihrer Stadt willkommen und klopften ihnen auf die Schulter. So freundlich waren sie schon seit Wochen, Monaten, vielleicht auch schon Jahren nicht mehr begrüßt worden. Hammond war so überwältigt, dass er stehen blieb, sich abwandte und die Tränen aus den Augen wischte.
    »Mein lieber Junge, alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Leo. »Oh, ich kann mir gar nicht vorstellen, was Sie alles auf Ihrer Reise gesehen haben müssen.«
    »Mir geht es gut«, murmelte Hammond.
    »Machen Sie sich keine Sorgen. Quälen Sie sich nicht länger. Das ist jetzt alles vorbei, kommen Sie einfach mit mir, und ich kümmere mich um Sie.«
    Der Pastor führte sie durch die Kirche weiter in einen

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