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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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Augerspier total nervös und schaut die ganze Zeit aus dem Fenster.«
    »Aber warum denn, zum Teufel?«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls sind wir inzwischen nicht mehr die richtigen Leute, sondern ein merkwürdiger Haufen mit einem Zirkus im Schlepptau. Mensch – die eine ist Pakistani und die andere beschwipst! Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
    »Das ist doch lächerlich«, gab der Major zurück. »Ich dulde nicht, dass man meine Freunde einem derart unhöflichen Benehmen aussetzt!«
    »Du hast versprochen, mir zu helfen«, sagte Roger. »Aber offenbar bin ich dir weniger wichtig als deine Freunde. Und seit wann zählst du eigentlich irgendwelche Ladenbesitzerinnen zu deinen Freunden? Ist jetzt auch der Milchmann dein Kumpel?«
    »Du weißt genau, dass es in Edgecombe St. Mary schon seit zwanzig Jahren keinen Milchmann mehr gibt«, erwiderte der Major.
    »Das ist doch nicht der Punkt, Dad«, sagte Roger, öffnete die Cottagetür und trat beiseite, als wollte er ein schwieriges Kind ins Haus führen. Der Major kochte innerlich, als er so hineinbugsiert wurde.
    Sandy saß starr lächelnd auf dem wackligen Sofa. Mrs. Augerspier spähte gerade einmal wieder aus dem Fenster.
    »Seit diesem Pärchen letzte Woche bin ich einfach nervös«, erklärte sie und hob die Hand ans Herz. Sandy nickte mit augenscheinlichem Verständnis.
    »Mrs. Augerspier hat mir gerade von einem sehr unhöflichen Paar erzählt, das sich letzte Woche das Cottage ansehen wollte.«
    »Ich habe ihnen gesagt, dass sie ein wärmeres Klima gewohnt sind und das Cottage viel zu feucht finden würden. Aber das wollten sie partout nicht einsehen.«
    »Woher kamen sie denn?«, wollte Roger wissen.
    »Sagten Sie nicht aus Birmingham, Mrs. A.?«, fragte Sandy mit Unschuldsblick.
    »Aber ursprünglich stammten sie von den Westindischen Inseln«, erklärte Mrs. Augerspier. »So etwas Ungezogenes – und obendrein Ärzte! Ich habe ihnen gesagt, dass ich sie bei der Ärztekammer melden werde.«
    »Da ist es doch nur verständlich, dass Mrs. Augerspier im Umgang mit Ausländern ein bisschen eingeschüchtert ist«, sagte Sandy. »Aber nur, solange sie sie nicht kennt.«
    »Eine Dame fühlt sich mit jedem Menschen wohl, sobald er ihr korrekt vorgestellt wurde«, erklärte Mrs. Augerspier. »Ich bin stolz darauf, mich als vollkommen vorurteilsfrei bezeichnen zu können!«
    Der Major sah zu Roger hinüber. Dessen Mund stand offen und vollführte winzige Bewegungen, brachte aber keinen Ton hervor. Sandy wirkte gelassen. Irgendwie schien ihr das Ganze sogar Spaß zu machen.
    »Sie nehmen wirklich kein Blatt vor den Mund, Mrs. Augerspier«, sagte sie. »Ich kann es kaum erwarten, Ihre Meinung zu erfahren über – ach, einfach über alles.«
    »Für eine Amerikanerin sind Sie ziemlich zivilisiert, muss ich sagen. Stammt Ihre Familie ursprünglich aus Europa?«
    »Bist du fertig mit der Besichtigung, Roger?« Der Major hoffte, die Frage so schroff gestellt zu haben, dass seine Missbilligung der Witwe deutlich wurde, ohne eine direkte Konfrontation zu provozieren. Mrs. Augerspier schenkte ihm ein vages Lächeln. Es zeigte ihm, dass er durch das Vermeiden jeglicher Unhöflichkeit kläglich daran gescheitert war, sie zurechtzuweisen.
    »Wir sollten Ihre Zeit nicht noch länger beanspruchen«, sagte Roger. Er ging zu Sandy hinüber und klopfte ihr auf die Schulter. »Bist du fertig, Liebling?«
    Der Major zuckte zusammen, als er das beiläufig dahingesagte Kosewort hörte; für ihn war das auf verbaler Ebene dasselbe, wie einem Fremden den Schlüssel zum eigenen Haus zuzuwerfen.
    »Ich könnte hier auf der Stelle einziehen«, verkündete Sandy. »Was meinen Sie, Mrs. Augerspier – sind wir die Richtigen?«
    Mrs. Augerspier lächelte, aber ihre Augen wurden auf unerfreuliche Weise schmal. »Es ist wichtig, dass ich die perfekt geeigneten Leute finde …«
    Sandy drehte sich zu Roger um und tätschelte ihm die Hand wie eine Mutter dem kleinen Sohn, der seine Manieren vergessen hat.
    »Ach ja, das habe ich ganz vergessen«, sagte Roger, kramte in seiner Manteltasche und wedelte schließlich mit einem braunen Umschlag herum. »Meine Verlobte und ich haben uns erlaubt, einen Bankscheck über sechs Monatsmieten auszustellen für den Fall, dass Sie uns das Cottage sofort überlassen.« Er öffnete den Umschlag und reichte der verblüfften Mrs. Augerspier einen Scheck.
    »Bist du sicher, dass das nicht ein bisschen arg spontan ist, Roger?«, warf der Major ein, während er

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