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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
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gleichzeitig größte Mühe hatte, das Wort »Verlobte« zu verarbeiten, und sich lieber darauf konzentrierte, die entzückte Witwe zu beobachten, die beide Seiten des Schecks inspizierte, schließlich einen Schmollmund zog und Roger skeptisch ansah.
    »Also, mit sechs Monaten könnte ich mich einverstanden erklären – aber nur probeweise. Und ich habe keine Zeit, um irgendwelche Reparaturen durchführen zu lassen. Es wird mich meine ganze Kraft kosten, die persönlichen Habseligkeiten meiner armen Tante zusammenzupacken.«
    »Wir sind mit dem jetzigen Zustand völlig zufrieden«, versicherte ihr Sandy.
    Die Witwe schob den Scheck in die Jackentasche und stopfte ihn sorgsam nach unten. »Ich werde ein paar Tage brauchen, bis ich entschieden habe, von welchen Gegenständen ich mich möglicherweise trennen kann.«
    »Lassen Sie sich ruhig Zeit«, sagte Roger und gab ihr die Hand. »So, und jetzt schlage ich vor, dass wir alle zusammen irgendwo eine Tasse Tee trinken, um den Abschluss zu besiegeln.«
    »Das klingt ausgesprochen gut«, erwiderte Mrs. Augerspier. »Ich glaube, es gibt hier ein Hotel, in das man sehr schön zum Fünfuhrtee einkehren kann – wo habe ich denn jetzt den Mietvertrag?« Der Major hätte es angenehmer gefunden, Brennnesseln zu kauen und sie mit einem Glas Abwaschwasser hinunterzuspülen, als mit anzusehen, wie die Witwe ihre Federn über einem Berg Schlagsahne wippen ließ.
    »Major, Sie machen den Eindruck, als hätten Sie eine dringende Verabredung«, sagte Sandy und zwinkerte ihm zu. Roger hob den Kopf und warf seinem Vater einen flehenden Blick zu.
    »Ja, ich glaube, ich muss die Damen jetzt nach Hause bringen. Grace geht es nicht gut.«
    Die Tür wurde geöffnet, und Mrs. Ali steckte den Kopf herein.
    »Entschuldigen Sie bitte vielmals die Störung«, sagte sie. »Ich wollte Ihnen nur sagen, dass es Grace schon wieder wesentlich bessergeht.« Der Major spürte Panik in sich aufkommen. Nur mit Müh und Not konnte er sich davon abhalten, Mrs. Ali anzusehen und dabei den Kopf zu schütteln. Doch offenbar war er unwillkürlich zusammengezuckt, denn Mrs. Ali schlug sofort geschickt eine andere Richtung ein.
    »Ich glaube aber trotzdem, dass es besser ist, wenn Sie sie so bald wie möglich nach Hause fahren, Major.« Sie hielt das leere Wasserglas von sich gestreckt. Die Witwe lief zu ihr und nahm es ihr ab.
    »Wir sind gerade eben fertig geworden«, sagte Mrs. Augerspier. Während Sandy und Roger den Vertrag unterschrieben und die Durchschrift an sich nahmen, blieb sie an der Tür stehen. »Selbstverständlich müssen Sie Ihre Freundin nach Hause bringen, Major. Es würde uns nicht im Traum einfallen, Sie mit zum Tee zu zerren.«
     
    Als sie draußen auf der Straße warteten, während die Witwe das Haus abschloss, konnte Roger vor lauter Begeisterung nur noch stammeln. »Ist es nicht sagenhaft? Ich meine, ist das nicht das tollste Cottage überhaupt? Ich fasse es nicht, dass wir es gekriegt haben!«
    »Schatz, es ist eine Müllhalde. Aber es ist unsere Müllhalde, und ich kann etwas daraus machen«, sagte Sandy.
    »Sie hätte lieber dieses andere Haus gehabt«, erklärte Roger, »aber ich habe gesagt, ich weiß genau, dass es dieses hier ist.«
    »Kommt ihr hinterher zu mir?«, fragte der Major. »Dann könnten wir vielleicht über eure Verlobung reden.« Er hoffte, Roger würde den scharfen Unterton in seiner Stimme bemerken, aber sein Sohn grinste ihn nur an.
    »Tut mir leid, Dad, wir müssen zurück. Aber wir kommen an einem der nächsten Wochenenden.«
    »Großartig.«
    »Na ja, ein, zwei Sachen – mein alter Schreibtisch zum Beispiel und die Eichentruhe auf dem Dachboden – würden sich, glaube ich, toll machen in unserem Cottage.«
    »Aber ich habe bei allen Möbelstücken ein Vetorecht!«, sagte Sandy. »Ich will mir keine hässlichen Möbel aufhalsen, nur weil du deine Schulbubenphantasien reingeschnitzt hast.«
    »Ja, natürlich«, sagte Roger. »Hier drüben, Mrs. Augerspier!« Die Witwe erschien auf dem Gartenweg. Sie war in einen wallenden Tweedmantel gehüllt und trug einen sichtlich bejahrten Fuchs um den Hals.
    »War nett, Sie kennenzulernen, meine Damen«, sagte Sandy und winkte Mrs. Ali und Grace zu, die bereits im Wagen des Majors saßen. Nachdem Mrs. Augerspier mit großem Zeremoniell auf dem Beifahrersitz untergebracht war und Sandy sich auf die Rückbank gezwängt hatte, ließ Roger den Motor so laut aufheulen, dass die Vögel von der Hecke stoben.
     
    Der Major

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