Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Simonson
Vom Netzwerk:
der Major.
    »Ja, der Ruhestand auch«, erwiderte Roger. »Trotzdem sollte man beides so lange wie möglich aufschieben.«
    »Könnte einem das nicht als Dilettantismus und mangelndes Rückgrat ausgelegt werden?«, fragte der Major, dem es nur mit Mühe gelang, seine Empörung in Schach zu halten. »Dieser fehlende Bindungswille – riecht der nicht nach Charakterschwäche?«
    »Ich als einer, der schwach war«, sagte Abdul Wahid leise, »kann Ihnen bestätigen, das ist nicht der Weg zum Glück.«
    »Ich habe doch nicht Sie gemeint, Abdul Wahid«, sagte der Major, entsetzt darüber, dass er seinen Gast ungewollt beleidigt hatte. »Ganz und gar nicht!«
    »Sandy ist ihr eigener Chef, und sie hat kein Problem damit«, warf Roger ein. »Nicht wahr, Sandy?«
    »Eigentlich war es auch meine Idee gewesen«, sagte sie. »Meine Firma hat mich wegen der Visumssache unter Druck gesetzt, da hielt ich die Verlobung mit einem Briten einfach für die ideale Reaktion. Ich will Sie nicht beleidigen, Abdul Wahid.«
    »Ich fühle mich nicht beleidigt.« Abdul Wahid blinzelte ein paarmal und holte tief Luft. »Aber wenn man sich aus allen Regeln immer nur die Rosinen herauspickt, merkt man später manchmal, dass man dabei etwas Wertvolles außer Acht gelassen hat.«
    »Aber alle schieben das Heiraten auf, wenn es geht«, sagte Roger. »Schau dir doch nur die königliche Familie an.«
    »Ich dulde keine Respektlosigkeiten, Roger«, erwiderte der Major. Die herrschende Mode, mit irgendwelchen Geschichten und Witzen um sich zu werfen, als wären die Mitglieder der königlichen Familie Darsteller in einer TV -Soap, fand er zutiefst geschmacklos.
    »Ich muss jetzt zurück in den Laden.« Abdul Wahid stand auf und nickte dem Major und Sandy zu. Der Major erhob sich, um ihn an die Tür zu bringen.
    »Hoffentlich sehen wir Sie wieder!«, rief Sandy.
    »Was ist sein Problem?«, fragte Roger, als der Major zurückkam.
    »Abdul Wahid hat gerade erfahren, dass er einen Sohn hat. Das sollte uns allen eine Warnung sein – unorthodoxe Liebesbeziehungen bleiben nun einmal nicht ohne Konsequenzen.«
    »Da hast du recht, zumindest was die Arbeiterklasse und die Ausländer angeht. Völlig ignorant in Sachen Empfängnisverhütung und so weiter. Aber wir, Sandy und ich, sind da anders.«
    »In Liebesdingen sind alle Menschen gleich«, wandte der Major ein. »Ein verblüffender Mangel an Impulskontrolle verbunden mit kompletter Kurzsichtigkeit.«
    »Wir warten jetzt erst mal ab, wie es mit dem Cottage läuft, Dad«, sagte Roger. »Wer weiß, vielleicht sind wir in einem halben Jahr bereit, uns festzulegen.«
    »Zu heiraten?«
    »Zumindest, gemeinsam eine Immobilie zu kaufen«, antwortete Roger. Sandy leerte schweigend ihr Weinglas.
     
    Nach dem Mittagessen wollte Roger im Garten eine Zigarre rauchen. Der Major machte Tee und versuchte, Sandy vom Geschirrspülen abzuhalten.
    »Bitte lassen Sie alles auf dem Tisch stehen«, sagte er. Er empfand noch immer jedes Angebot, in der Küche zu helfen, als peinlich und wertete es als Mitleid.
    »Ach, ich spüle so gern Geschirr«, entgegnete Sandy. »Ich weiß, für Sie bin ich wahrscheinlich nur eine grauenhafte Ami-Tusse, aber ich finde es so wundervoll, dass die Leute hier in winzigen Häusern leben und den Haushalt ohne komplizierte Geräte erledigen.«
    »Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Rose Lodge als ein ziemlich geräumiges Haus gilt. Und ich möchte anmerken, dass mein Dampfbügeleisen ein Spitzenprodukt ist.«
    »Lassen Sie nicht außer Haus bügeln?«
    »Als meine Frau krank war, kam eine Büglerin ins Haus. Aber die hat meine Hosennähte gebügelt, bis sie glänzten. Ich sah aus wie ein Tambourmajor.« Sandy lachte, und der Major zuckte nicht mehr ganz so stark zusammen. Entweder gewöhnte er sich allmählich an sie, oder der Rotwein wirkte noch nach.
    »Vielleicht will ich gar keinen Geschirrspüler fürs Cottage«, sagte Sandy. »Vielleicht belassen wir alles authentisch.«
    »So wie mein Sohn mit Kochgeschirr umgeht, werden Sie doch eine brauchen.« Der Major schlug mit einer Gabel an die verkohlte Pfanne und sprach so laut, dass Roger, der gerade aus dem Garten hereinkam, die Bemerkung hören musste.
    »Ich war letzte Woche im Club«, verkündete Roger. Er nahm das trockene Geschirrtuch entgegen, das ihm der Major hinhielt, setzte sich dann aber an den Tisch, anstatt zu helfen.
    »Ist mir zu Ohren gekommen. Warum hast du mich nicht angerufen? Ich hätte mit dir hinfahren und dich offiziell

Weitere Kostenlose Bücher