Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist
Ohne die Nase zu rümpfen. Wie ihnen der Geruch entgehen konnte, ist mir unbegreiflich. Er ist schwer und nussig. Ich würde gerne hingehen und selber mal schnuppern.« Tucker begann auf dem Wohnzimmerteppich auf und ab zu zockeln.
»Vermutlich hat es nichts zu tun mit dieser … Sache.« Mrs Murphy dachte eine Minute nach. »Andererseits …«
»Willst du hin?« Tucker wedelte mit dem Schwanz.
»Gehen wir heute Nacht, wenn Harry schläft.« Mrs Murphy wurde ganz aufgeregt. »Wenn es eine Spur gibt, nehmen wir sie auf. Jetzt können wir nicht weg. Harry ist zu sehr durcheinander. Wenn sie von Craycrofts zurückkommt und sieht, dass wir weg sind, wird es noch schlimmer.«
»Du hast recht«, pflichtete der Hund bei. »Warten wir, bis sie schläft.«
Autos säumten die lange Zufahrt zum imposanten Wohnsitz der Craycrofts.
Josiah und Ned parkten die Wagen der Leute. Josiah öffnete Harrys Wagenschlag. »Hallo, Harry. Schrecklich, schrecklich« war alles, was der sonst so geschwätzige Mann sagen konnte.
Als Harry ins Haus kam, sah sie, dass es genug zu essen gab, um eine lateinamerikanische Guerillatruppe satt zu kriegen, und sie war froh, dass sie stattdessen Blumen für die Tafel mitgebracht hatte. Sie war nicht froh, Fair zu sehen, aber um nichts in der Welt würde sie das zeigen.
Boom Boom saß in einem riesigen, damastbezogenen Schaukelstuhl am Kamin. Obwohl sie erschöpft und abgespannt aussah, war sie schön, durch den Schmerz vielleicht noch mehr.
Harry und Boom Boom, in der Schule zwei Jahre auseinander, hatten sich nie nahegestanden, aber sie waren miteinander ausgekommen – bis zum Ball vom Jagdklub im vergangenen Jahr. Harry verdrängte den Gedanken. Sie hatte den Klatsch gehört, dass Boom Boom sich Fair hatte schnappen wollen und umgekehrt. Waren Männer Kaninchen? Stellte man ihnen Fallen? Harry hatte nie die bildliche Sprache verstehen können, die viele Frauen benutzten, wenn sie über das andere Geschlecht diskutierten. Sie behandelte ihre männlichen Freunde nicht anders als ihre Freundinnen, und Susan behauptete, dass das die Ursache ihrer Eheprobleme war. Harry wollte lieber geschieden sein als eine Lügnerin, und dabei blieb sie.
Boom Boom wandte die Augen von Big Marilyn Sanburne ab, die neben ihr saß und seichtes Mitgefühl bekundete. Ihre Lider flatterten einen Sekundenbruchteil, dann fasste sie sich. Fair war neben sie getreten, und sie streckte ihm die Hand hin.
»Es tut mir so leid, Boom Boom. Ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Fair stolperte über seine Worte.
»Du hast ihn sowieso nicht gemocht.« Boom Boom setzte das Zimmer, in dem sich fast ganz Crozet befand, in Erstaunen.
Fair drückte ihr verdattert die Hand, dann ließ er sie los. »Und ob ich ihn mochte. Wir hatten Meinungsverschiedenheiten, gewiss, aber ich mochte ihn.«
Boom Boom ließ es damit bewenden und sagte: »Es war korrekt von dir zu kommen. Danke.« Nicht nett, nicht lieb, sondern korrekt.
Harry wurde eine bessere Behandlung zuteil. Nachdem sie ihr Beileid bekundet hatte, ging sie an die Bar, um sich eine Ingwerlimonade zu holen und von Fair wegzukommen. Was für ein unglücklicher Zufall, dass sie so kurz hintereinander eingetroffen waren. Die Hitze und die schwelende Anspannung trockneten ihren Mund aus. Little Marilyn Sanburne schenkte ihr ein.
»Es ist so furchtbar, dass einem die Worte fehlen.«
Harry dachte mitleidslos, dass es für Little Marilyn wohl aus einer ganzen Reihe von Gründen furchtbar war, unter anderem deshalb, weil die bevorstehende Hochzeit zumindest vorübergehend neben diesem Ereignis verblasste. Little Marilyn könnte es vielleicht gefallen, endlich einmal im Rampenlicht zu stehen. Ihre Hochzeit war die einzige Gelegenheit, bei der nicht ihre Mutter der Star sein würde; jedenfalls schien sie das zu denken.
»Ja, furchtbar.«
»Mutter ist am Boden zerstört.« Little Marilyn trank einen tiefen Schluck Johnny Walker Black.
Mims makelloses Profil verriet kein äußeres Zeichen von Zerstörung, dachte Harry bei sich. »Das tut mir leid«, sagte sie zu Little Marilyn.
Big Jim Sanburne kam keuchend ins Wohnzimmer. Mim trat neben ihn, als er Boom Boom etwas ins Ohr flüsterte und ihre Hand tätschelte.
So schwer es ihm fiel, er mäßigte sein Stimmvolumen. Als er mit Boom Boom fertig war, wälzte er seine Riesengestalt durch den Raum. Ein Zimmer voller Leute zu unterhalten, was Big Jim zur zweiten Natur geworden war, fiel seiner Frau nicht so leicht. Mim erwartete,
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