Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
hierhergekommen. Können Sie sich vorstellen, wie mir zumute war, als der Kopf aus dem Kürbis gezogen wurde?«
Der Ton des Sheriffs wurde sanfter. »Das war für keinen von uns ein schöner Anblick.«
Blair atmete tief ein. »Ich kannte Robin Mangione von Aufnahmen für Baker und Reeves, das große New Yorker Kaufhaus. Das dürfte vor drei Jahren gewesen sein. Eins führte zum anderen, und wir ließen unsere anderen Bekanntschaften sausen und fingen eine Beziehung an. Wir mussten beide oft außerhalb der Stadt arbeiten, aber in New York waren wir immer zusammen.«
»Sie haben nicht zusammengewohnt?«, fragte Rick.
»Nein. In New York ist es ein bisschen anders als hier. In einer Stadt wie Crozet heiraten die Leute. In New York kann man ein Leben lang so gut wie verheiratet sein und trotzdem getrennte Wohnungen haben. Vielleicht braucht man wegen der Millionen von Menschen stärker als hier das Gefühl, für sich sein zu können, einen Platz für sich allein zu haben. Außerdem hatte ich nie das Ziel, mit jemandem zusammenzuwohnen.«
»Und Robins Ziele?« Cooper war höchst skeptisch, was dieses Getrenntwohnen anging.
»Ehrlich gesagt, sie war unabhängiger als ich. Jedenfalls, die Männer beteten Robin an. Sie konnte den ganzen Verkehr aufhalten. Ruhm, und zwar jede Art von Ruhm, bringt Gutes und Schlechtes mit sich. Das Strandgut des Ruhms, wie ich das nenne. Und Robin wurde manchmal von Verehrern belästigt. Gewöhnlich ließ sich das Problem mit einem scharfen Wort von ihr oder von mir aus der Welt schaffen. Außer für den Kerl, der sie umgebracht hat.«
»Was wissen Sie über ihn?«
»Kaum mehr als Sie, nur, dass ich ihn dann in der Gerichtsverhandlung gesehen habe. Er ist klein, mit einer Halbglatze, einer von diesen Typen, die einem auf der Straße nie auffallen würden. Er schickte Briefe. Er rief an. Sie besorgte sich eine andere Nummer. Er wartete vor dem Theater auf sie. Ich habe sie dann immer abgeholt, weil er so lästig wurde. Er begann zu drohen. Wir haben die Polizei informiert. Das Resultat ist bekannt.« Rick sah einen Moment zu Boden, während Blair fortfuhr: »Und eines Tages, als ich zu Aufnahmen auswärts war, hat er das Schloss aufgebrochen und ist in ihre Wohnung eingedrungen. Sie war allein. Den Rest kennen Sie.«
Den kannten sie allerdings. Stanley Richard, der wahnsinnige Verehrer, war in Panik geraten, nachdem er Robin getötet hatte. In New York City eine Leiche zu beseitigen würde sogar den Erfindungsreichtum eines weitaus intelligenteren Mannes als Stanley auf eine harte Probe stellen. Er steckte sie in die Badewanne, schlitzte ihr Kehle, Hand- und Fußgelenke auf und versuchte, so viel Blut wie möglich aus der Leiche auslaufen zu lassen. Dann zerstückelte er sie mithilfe eines Fleischermessers. Er warf Teile der Leiche in den Müllschlucker, aber durch die Knochen war er schnell verstopft. Verzweifelt verbrachte der Mann dann den Rest der Nacht damit, die Leiche in kleinen Stücken nach draußen zu schleppen und im Osten, Westen, Norden und Süden abzuladen. Den Kopf bewahrte er für Sheep Meadow mitten im Central Park auf, wo er ihn erschöpft ins Gras legte. Er wurde im Morgengrauen von einem Jogger beobachtet, der die Sache dem ersten Polizisten meldete, der ihm über den Weg lief.
Weder Rick noch Cynthia hielten es für nötig, diese Einzelheiten wieder aufzuwärmen.
»Finden Sie es nicht seltsam, dass –«
»Seltsam?«, fiel Blair Rick ins Wort. »Es ist krankhaft!«
»Haben Sie irgendwelche Feinde?«, fragte Cynthia.
Blair verstummte für eine Weile. »Manchmal meine Agentin.«
»Wie heißt sie?« Rick hatte Bleistift und Block gezückt.
»Gwendolyn Blackwell. Sie ist nicht meine Feindin, aber sie wird sauer, wenn ich nicht jeden Job annehme, der sich bietet. Die Frau würde mich vorzeitig ins Grab bringen, wenn ich sie ließe.«
»Ist das alles? Keine wütenden Ehemänner? Keine sitzen gelassenen Damen? Kein eifersüchtiger Nebenbuhler?«
»Sheriff, das Leben eines Fotomodells ist nicht so glamourös, wie Sie vielleicht meinen.«
»Ich dachte, ihr Jungs wärt alle schwul«, entfuhr es Rick.
»Halb und halb, würde ich sagen.« Blair hatte das so oft gehört, dass er sich nicht darüber aufregte.
»Fällt Ihnen irgendjemand ein – egal, wenn es noch so abwegig scheint –, irgendwer, der genug weiß, um zu wiederholen, was mit Robin passiert ist?«
Blair sah Cynthia tief in die Augen. Sie bekam Herzklopfen. »Kein Mensch. Ich glaube wirklich, es ist
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