Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
dich da, als in deinem Postfach steckt, aber ich weiß nicht, wann ich sie finde. Du siehst ja, hier herrscht Hochbetrieb.«
»Deswegen bin ich nicht gekommen. Morgen, Mrs Hogendobber.«
»Morgen, Fair.«
»Du weißt wahrscheinlich schon, dass Boom Boom heute Morgen nach New York abgereist ist. Weihnachtskaufrausch.«
»Ja.« Harry wusste nicht, wie viel Fair wusste, deshalb hielt sie sich bedeckt.
»Vermutlich weißt du auch, dass Blair Bainbridge sie auf den Knickerbocker-Weihnachtsball im Waldorf Astoria mitnimmt. Wie ich höre, werden Prinzen und Herzöge anwesend sein.«
Er wusste es also. »Hört sich ziemlich pompös an.«
»Europack«, urteilte Mrs Hogendobber.
»Miranda, Sie haben wieder mal die Revolverblätter gelesen, als Sie im Supermarkt an der Kasse anstanden.«
Mrs Hogendobber warf den nächsten leeren Postsack in den Behälter; sie verfehlte Mrs Murphy um Haaresbreite. »Na und? Ich bin auch bestens über die Ehe von Charles und Diana informiert. Falls es jemanden interessiert.« Sie lächelte.
»Mich interessiert nur«, sagte Fair zu Mrs Hogendobber, »ob Blair und Boom Boom was miteinander haben.«
»Woher soll ich das wissen?«
»Sie kennen Boom Boom.«
»Fair, verzeih das Wortspiel, aber das ist nicht fair«, warf Harry ein.
»Ich wette, du lachst dir einen Ast, Harry. Und ich gucke dumm aus der Wäsche.«
»Hältst du mich für so rachsüchtig?«
»Mit einem Wort, ja.« Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte hinaus.
Miranda stellte sich neben Harry. »Vergessen Sie’s. Das geht vorbei. Und er schaut wirklich dumm aus der Wäsche.«
»Und zwar aus der schmutzigen. Sieht ganz schön bekleckert aus.« Harry fing an zu kichern.
»Bitte keine Schadenfreude, Mary Minor Haristeen. Der Herr blickt nicht mit Milde auf die Schadenfrohen. Und wenn ich mich recht erinnere, haben Sie Blair Bainbridge gern.«
Das ernüchterte Harry im Nu. »Klar, ich mag ihn, aber verzehren tu ich mich nicht nach ihm.«
»Ha!«, schnaubte Tucker.
»Gern haben Sie ihn trotzdem«, beharrte Miranda.
»Okay, okay, ich hab ihn gern. Wieso nimmt eigentlich ganz Crozet Anstoß an einer alleinstehenden Person? Bloß weil ich meinen Nachbarn mag, heißt es noch lange nicht, dass ich mit ihm schlafen will, und es heißt noch lange nicht, dass ich ihn heiraten will. Alle zäumen sie das Pferd von hinten auf. Ich lebe gern allein, wirklich. Ich brauche Fair nicht mehr seine Klamotten nachzuräumen, ich muss sie nicht mehr waschen und bügeln, und ich brauch mir nicht zu überlegen, was ich zum Abendessen kochen soll. Ich brauch nicht um sieben ans Telefon zu gehen, um zu hören, dass es Probleme mit einer fohlenden Stute gibt und er nicht nach Hause kommt. Und ich vermute, eine der Stuten war Boom Boom Craycroft. Ich dachte, mich tritt ein Pferd. Ich will mich nie wieder um einen Mann kümmern.«
»Na, na, eine Ehe ist ein Fifty-fifty-Unternehmen.«
»Ach Quatsch, Miranda. Zeigen Sie mir eine x-beliebige Ehe in dieser Stadt, und ich werde Ihnen nachweisen, dass die Frauen fünfundsiebzig Prozent der Arbeit machen, sowohl körperlich wie emotional. Himmel, die Hälfte der Männer hier in der Gegend mäht nicht mal den Rasen. Das erledigen ihre Frauen.«
Das Körnchen Wahrheit in diesem Ausbruch veranlasste Miranda, darüber nachzudenken. Wenn sie einmal einen Standpunkt eingenommen hatte, fiel es ihr sehr schwer, ihn zu revidieren – abschwächen vielleicht, revidieren nein. »Aber, meine Liebe, glauben Sie nicht, dass die Männer von ihrer Arbeit erledigt sind?«
»Wer hat so viel Geld, dass er sich eine Ehefrau leisten kann, die nicht arbeitet? Die Frauen sind genauso erledigt. Wenn ich nach Hause kam, hatte ich die Hausarbeit am Hals. Er wollte sie nicht machen, dabei habe ich selbst auch verdammt hart gearbeitet.«
Little Marilyn kam herein.
»Habt ihr Krach, ihr zwei?«
»Nein!«, brüllte Harry sie an.
»Weihnachten«, sagte Miranda lächelnd, als würde das die Spannung erklären.
»Nimm Valium. Wie meine Mutter. Sie hat an die dreihundert Namen auf ihrer Einkaufsliste. Du kannst dir vorstellen, wie durchgedreht sie ist. Ich kann nicht behaupten, dass mir das Ganze Spaß macht. Aber wir haben einen Ruf zu bewahren, und wir dürfen die kleinen Leute nicht im Stich lassen.«
Da brannte bei Harry die Sicherung durch. »Schön, Marilyn, dann gestatte mir, dass ich dich und deine Mutter von einer Person befreie, die zu den kleinen Leuten gehört!« Harry ging zur Hintertür hinaus und knallte sie
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