Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
wollen Filmstar oder Schauspielerin werden. Brookie will Trainerin werden.«
»Klingt vernünftig.« Blair bemerkte Susans Tochter inmitten einer Gruppe Achtklässler. Ein anstrengendes Alter, für die jungen Leute ebenso wie für die Erwachsenen.
Market Shiflett trat zu ihnen. »Tolle Party. Ich kann es jedes Jahr kaum abwarten. Es ist das einzige Mal, dass Mim mich hierher einlädt, außer wenn ich eine Bestellung abliefern soll.« Sein Gesicht glänzte. Er hatte sich Johnnie Walker Black einverleibt, seine Lieblingsmarke.
»Sie denkt einfach nicht dran«, sagte Harry diplomatisch.
»Quatsch«, widersprach Market. »Möchtest du mit Nachnamen Shiflett heißen?«
»Market, wenn Sie ein typisches Exemplar sind, wäre es mir eine Ehre, den Namen Shiflett zu tragen.« Blairs Baritonstimme klang beschwichtigend.
»Hört, hört.« Ned hob sein Glas.
Das Klirren von splitterndem Glas lenkte sie ab. Boom Boom hatte Mrs Drysdale in Rage gebracht, weil sie ihre Brüste unter Patrick Drysdales Adlernase schwingen ließ. Patrick, nicht unempfänglich für solche Gaben, vergaß, dass er ein verheirateter Mann war, eine Vergesslichkeit, die sich auf solchen Riesenpartys geradezu seuchenartig ausbreitete. Missy warf mit einem Glas nach Boom Booms Kopf. Aber es flog knapp an Dr. Chuck Beegles Kopf vorbei und krachte an die Wand.
Mim beobachtete das Ganze. Sie nickte Little Marilyn zu.
Little Marilyn schwebte herbei. »Na, Missy, Schätzchen, wie wär’s mit einem Schluck Kaffee?«
»Hast du gesehen, was das Biest getan hat? Die kann sich wohl nicht anders empfehlen als mit ihren … ihren Titten!«
Boom Boom, halb betrunken, lachte. »Ach komm, Missy, stell dich nicht so an. Du warst schon in der sechsten Klasse neidisch auf mich, als wir die Geflügelarten durchnahmen und die Jungs dich Hühnerbrüstchen nannten.«
Diese Bemerkung brachte Missy derart in Wut, dass sie in eine Schüssel mit Käsedip langte. Gleich darauf war Boom Booms Busen mit einer Handvoll von dem pappigen gelben Zeug dekoriert.
Boom Boom schubste Missy: »Verdammter Mist, du hast meine Saphire bekleckert!«
»Ach, das sollen Saphire sein?«, kreischte Missy.
Harry stieß Susan an. »Los.«
»Darf ich helfen?«, erbot sich Blair.
»Nein, das ist Frauensache«, sagte Susan lässig.
Harry flüsterte ihrer Freundin zu: »Wenn sie ausholt, landet sie einen Rundumschlag. Boom Boom ist zu keinem gezielten Schlag fähig.«
»Ja, ich weiß.«
Susan legte flugs einen Arm um Boom Booms schmale Taille und bugsierte sie in die Küche. Das Gezische erstarb.
Harry schlich sich unterdessen hinter Missy, legte ihr beide Hände auf die Schultern und steuerte sie zum Badezimmer. Little Marilyn kam mit.
»Gott, ich hasse sie, und wie ich sie hasse.« Missy schäumte, ihre Haarsprayfrisur wippte bei jedem Schritt. »Wenn ich wirklich gehässig wäre, würde ich sie Patrick an den Hals wünschen. Sie vernichtet jeden Mann, den sie anfasst!« Jetzt merkte Missy, wer sie dirigierte. »Verzeihung, Harry. Ich bin so wütend, dass ich nicht mehr weiß, was ich rede.«
»Schon gut, Missy. Du weißt genau, was du redest, und ich bin absolut deiner Meinung.«
Das eröffnete eine neue Gesprächsgrundlage, und Missy wurde deutlich ruhiger. In dem geräumigen Badezimmer ließ Little Marilyn kaltes Wasser über einen Waschlappen laufen und legte ihn Missy auf die Stirn.
»Ich bin nicht betrunken.«
»Ich weiß«, erwiderte Little Marilyn. »Aber bei mir hilft das, wenn ich durchdrehe. Mutter unterstützt natürlich den Upjohn-Konzern.«
Missy kapierte den Witz nicht: »Wie bitte?«
»Mummy hat Pillen, die sie beruhigen, Pillen, die sie aufputschen, und Pillen, die sie einschläfern, verzeih den Ausdruck.«
»Marilyn« – Missy berührte Little Marilyns Hand –, »das ist ernst.«
»Ich weiß. Auf ihre Familie hört sie nicht, und wenn Hayden McIntire ihr die Pillen nicht verschreiben will, geht sie einfach zu einem anderen Arzt und bezahlt ihn bar. Also stellt Hayden ihr die Rezepte aus. So hat er wenigstens einen Überblick, wie viele sie nimmt.«
»Geht’s wieder?«, wollte Harry von Missy wissen.
»Ja. Ich hab die Beherrschung verloren, und ich werde mich bei deiner Mutter entschuldigen, Marilyn. Eigentlich ist Patrick die Aufregung nicht wert. Er kann sich auf der Speisekarte ansehen, was er will, solange er nichts bestellt.«
Diese Redewendung bekamen Harry und auch Little Marilyn oft von Ehepaaren zu hören. Little Marilyn lächelte, und Harry zuckte
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