Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
seiner Schwester. Kein glückliches Abkommen, aber immer noch besser als verhungern. Das Stigma des Yankeebluts war durch den Zweiten Weltkrieg verblasst, jedenfalls so weit, dass Mim gegen die Verwendung ihres väterlichen Familiennamens nichts einzuwenden hatte; allerdings stellte sie den Namen ihrer Mutter stets voran.
Architekturfans freuten sich über eine Einladung nach Zion Hill, weil die Räume nach dem Abstand zwischen dem Ellbogen des Poliers bis zur Spitze seines Mittelfingers abgemessen worden waren. Die Maße waren nicht exakt, aber optisch wirkten die Zimmer vollkommen. Gärtner erfreuten sich an den Buchsbäumen und dem Garten mit immergrünen und einjährigen Pflanzen, der über zwei Jahrhunderte liebevoll gepflegt worden war. Und auch die Speisen erfreuten jedermann. Dass die Gastgeberin sich als Herrin aufspielte, freute niemanden, aber auf der Weihnachtsparty waren so viele Leute, mit denen man reden konnte, dass man zu Mim nur »Hallo« und beim Gehen »Danke für den wunderbaren Abend« sagen musste.
Die Säufer von Albemarle County, die an der Punschschüssel und an der Bar festklebten, hatten Nasen so rot wie das Gewand des Weihnachtsmanns. Dieser erschien pünktlich um 20 Uhr für die Kinder. Er verteilte seine Gaben, danach konnten die Mamis und Papis ihre Engel nach Hause bringen und schlafen legen. Als das junge Gemüse abtransportiert war, drehten die Leute voll auf. Alle Jahre wieder konnte man sich darauf verlassen, dass jemand stockbesoffen umkippte, Streit anfing, heulte oder einen unglücklichen oder auch glücklichen Partygast verführte.
Dieses Jahr hatte Mim den Chor der lutheranischen Kirche bestellt. Der Auftritt war für 21 Uhr 30 festgesetzt, damit die Frühaufsteher die Weihnachtslieder mitsingen und anschließend nach Hause gehen konnten.
Giftgrün glitzerten Mims Smaragde an ihrem Hals. Ihr weißes Kleid war eigens kreiert, um den Schmuck zur Geltung zu bringen. Die Smaragdohrgehänge passten zur Halskette. Der Gesamtwert dürfte sich im Einzelhandel bei Tiffany auf 200.000 Dollar belaufen haben. Auf dem Edelsteinsektor gab es harte Konkurrenz durch Boom Boom Craycroft, die Saphire bevorzugte, und Miranda Hogendobber, die eine Vorliebe für Rubine hatte. Miranda, beileibe nicht wohlhabend, hatte ihre kostbare Halskette aus Rubinen und Diamanten von der Schwester ihrer Mutter geerbt. Susan Tucker trug schlichte Diamantohrringe, und Harry trug überhaupt keine Steine. Für eine Frau war Mims Weihnachtsparty wie ein Eintrag in die Gesellschaftsklatschspalten. Es war über die Maßen wichtig, wer was trug, und Harry konnte da nicht mithalten. Sie wünschte, sie wäre darüber erhaben, aber sie hätte liebend gern eine schicke Garnitur aus Ohrringen, Halskette und Ring gehabt. Wie die Dinge lagen, trug sie den verbogenen Ohrring.
Die Herren trugen grüne, rote oder bunt karierte Kummerbunde zu ihren Fräcken. Jim Sanburne trug einen Mistelzweig im Knopfloch, womit er tatsächlich die gewünschte Wirkung erzielte. Fitz-Gilbert trat im Kilt auf, was ebenfalls die gewünschte Wirkung hatte. Die Frauen bemerkten seine Beine.
Fair begleitete Boom Boom. Harry konnte nicht ergründen, ob es eine vor Längerem getroffene Verabredung war, ob er schwach geworden oder schlicht masochistisch veranlagt war. Blair begleitete Harry, was sie freute, obwohl er sie erst in letzter Minute gefragt hatte.
Fitz-Gilbert bot Macanudo-Zigarren an. Seine kubanischen Montecristo verwahrte er für ganz besondere Gelegenheiten auf oder verteilte sie nach Lust und Laune, aber eine gute Macanudo war gewissermaßen der Jaguar, wenn eine Montecristo der Rolls-Royce unter den Zigarren war. Blair paffte frohgemut die Gratiszigarre.
Susan und Ned gesellten sich zu ihnen, außerdem Rick Shaw im Frack und Cynthia Cooper, die einen Samtrock mit einem festlichen roten Oberteil trug. Die kleine Gruppe unterhielt sich über die Damen-Basketballmannschaft der Universität von Virginia. Alle waren stolz auf dieses Team. Unter der geschickten Führung der Trainerin Debbie Ryan hatten sich die Frauen landesweit Anerkennung errungen.
Ned meinte: »Wenn sie bloß den Korb niedriger hängen würden. Ich vermisse den Sprungwurf. Ansonsten spielen die Mädels großartig Basketball, und sie können werfen.«
»Besonders die an der Dreipunktelinie.« Harry lächelte. Sie liebte diese Basketballmannschaft.
»Ich finde die Abwehrspielerinnen am besten«, sagte Susan. »Debbie Ryan ist Brookies Heldin. Die meisten Mädchen
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