Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
eine gewisse rassistische Redensart gehört zu haben.« Mim blickte zur Decke, denn sie hatte gelernt, derlei Redensarten zu verachten. »›Da ist irgendwo ein Nigger im Holzstoß.‹ Stammt ursprünglich von der Underground-Railroad-Bewegung her, die Sklaven zur Flucht verhalf. Aber ihr versteht, was es bedeutet.« Lulu Coles zappelte auf ihrem Sitz. »Nein, ich nicht.«
»Jemand verbirgt etwas«, erklärte Mim knapp.
»Natürlich verbirgt jemand etwas. Sie haben es zweihundert Jahre verborgen, und jetzt steckt Martha Jefferson Randolph mit drin.« Lulu zügelte ihre Wut. Sie wusste, dass Mim Samson wegen seines Ausbruchs bei der Trauerfeier um Immobilienaufträge gebracht hatte. So wütend Lucinda auf ihren Mann war, sie war klug genug, nicht zu wünschen, dass ihr Nettoeinkommen sank. Sie war grundsätzlich wütend, Punkt. Wenn sie in den Spiegel blickte, sah sie, dass ihre Mundwinkel sich nach unten zogen, genau wie bei ihrer Mutter, einer verbitterten Frau. Sie hatte sich geschworen, es nie so weit kommen zu lassen. Jetzt wurde sie zu ihrem Entsetzen wie ihre Mutter.
Harry kippte ihre Cola hinunter. »Mim meint, dass heute jemand etwas verbirgt.«
»Warum?« Susan fuchtelte mit den Händen in der Luft. Der Gedanke war absurd. »Es gibt einen Mörder im Stammbaum. In unseren Stammbäumen ist doch unterdessen alles vertreten. Wen kümmert das schon?«
»›Herr, errette meine Seele von den Lügenmäulern, von den falschen Zungen.‹ Psalm 120,2.« Mrs Hogendobber hatte wie immer eine passende Bibelstelle parat.
»Verzeihen Sie, Mrs H., aber es gibt noch ein treffenderes Zitat.« Kimball schloss die Augen und grub in seiner Erinnerung. »Ah, ja, ich hab’s. ›Ein Freund täuscht den andern und reden kein wahres Wort; sie fleißigen sich darauf, wie einer den andern betrüge, und ist ihnen leid, dass sie es nicht ärger machen können.‹«
»Jeremia 9,5. Ja, das ist treffender«, stimmte Mrs Hogendobber zu. »Ich meine zwar, es dürfte niemanden aus der Fassung bringen, wenn die Katze nach so vielen Jahren aus dem Sack gelassen wird, aber wenn es in die Zeitung und ins Fernsehen kommt, na ja – ich kann’s verstehen.«
Susan feixte. »Ja, dein Ururururgroßvater wurde ermordet. Wie findest du das?«
»Oder dein Urur … – wie viele Urs?« Harry wandte sich an Susan, die zwei Finger hochhielt. »Dein Ururgroßvater war ein Mörder. Soll man den Nachkommen des Opfers dafür eine Entschädigung zahlen? Offensichtlich ist unserer Gesellschaft der Begriff Privatsphäre abhandengekommen. Man kann doch niemandem zum Vorwurf machen, dass er vor neugierigen Augen so viel wie nur möglich verbergen will.«
»Genug davon. Kimball, Sie können gerne die Coles-Papiere einsehen. Vielleicht finden Sie dort den Mörder.« Lulu lächelte.
Kimball strahlte. »Das ist sehr großzügig von Ihnen. Die Coles-Papiere werden für mich von unschätzbarem Wert sein, auch wenn sie den Mörder nicht preisgeben.«
Mim rutschte auf der harten Bank hin und her. »Es wundert mich, dass Samson seine Schätze nicht der Alderman-Bibliothek gestiftet hat. Oder einer anderen Bibliothek, von der er meint, dass die Manuskripte und Tagebücher dort gut aufgehoben sind. Mir persönlich ist natürlich die Alderman-Bibliothek die liebste.«
Sie hatte den Ölzweig hingestreckt. Lulu griff danach. »Ich werde versuchen, ihn zu überreden, Mim. Samson fürchtet, dass sein Familienarchiv beschriftet, in Kartons gepackt und nie wieder das Tageslicht sehen wird. Wenn es in ferner Zukunft jemand findet, wird es verrottet sein. Er verwahrt das ganze Material in seiner klimatisierten Bibliothek. Die Coles sind führend, was die Konservierung von Dokumenten betrifft«, sie holte Luft, »aber vielleicht ist jetzt die richtige Zeit, anderen einen Einblick zu gewähren.«
»Ja.« Mim strahlte, als ihr Hauptgericht, pochierter Lachs in Dillsauce, aufgetragen wurde. »Was hast du bestellt, Lucinda? Ich hab’s schon wieder vergessen.«
»Bries.«
»Ich auch.« Harry lief das Wasser im Mund zusammen, als ihr der verlockende Duft des Gerichts in die Nase stieg.
»Ein klasse Mittagessen.« Kimball nickte den Damen zu. »Schöne Frauen, köstliche Gerichte und Hilfe bei meinen Untersuchungen. Was will man mehr?«
»Ein Jagdpferd von 1,65m Stockmaß, das über ein meterhohes Hindernis setzt.« Harry ließ sich die mächtige Soße auf der Zunge zergehen.
»Ach, Harry, du mit deinen Pferden. Du hast Gin Fizz und Tomahawk.« Susan stieß sie mit dem
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