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Mrs Murphy 03: Mord in Monticello

Mrs Murphy 03: Mord in Monticello

Titel: Mrs Murphy 03: Mord in Monticello Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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war, blieb er stehen, während Mrs Murphy und Tucker zum Kamin sausten.
    »Heul, Paddy. Dann denkt er, du bist eingeklemmt oder so was.«
    Paddy sang, so laut er konnte: »Wälz mich, wälze mich im Saal / leg mich flach und mach’s noch mal.«
    Tucker kicherte. Mrs Murphy sprang zu Paddy hinauf, verzichtete jedoch darauf, in den Gesang einzustimmen. Larry ging zum Kamin und erblickte Paddy, der den Kopf zurückgeworfen hatte und trällerte, was das Zeug hielt.
    »Bist du eingeklemmt?« Larry sah sich nach einer Leiter um. Er fand keine, erspähte aber einen großen Farbeimer. Als er ihn am Henkel in die Höhe hob, merkte er, wie schwer er war. Er schleppte ihn zum Kamin unter die Öffnung, wo die Katzen jetzt erbärmlich miauten, und stellte sich vorsichtig darauf. Er konnte gerade eben hineinsehen.
    Er griff nach Paddy, der zurückfuhr. »Aber, aber, Paddy, ich tu dir doch nichts.«
    »Das weiß ich, du Trottel. Du sollst gucken.«
    »Seine Augen sehen nicht gut im Dunkeln, außerdem ist er alt. Bei alten Leuten sind sie besonders schlecht«, klärte Mrs Murphy ihren Exmann auf. »Kratz an der Ölhaut.«
    Paddy kratzte wie toll. Seine Krallen machten kleine Knallgeräusche, als er an dem robusten Tuch zerrte.
    »Blinzel, Larry, und dann guck richtig hin«, empfahl Mrs Murphy.
    Als hätte er verstanden, beschattete Larry die Augen und spähte hinein. »Was in drei Teufels Namen …?«
    »Lang rein«, forderte Mrs Murphy ihn auf, gleichzeitig bewegte sie sich rückwärts auf den Schatz zu.
    Larry stützte sich mit der linken Hand, die unterdessen rußverschmiert war, am Kamin ab und griff mit der rechten hinein. Mrs Murphy leckte ihm zur Ermunterung die Finger. Er ertastete die Ölhaut. Paddy sprang vor und kam an die Öffnung. Mrs Murphy versuchte, das Paket zu schubsen, aber es war zu schwer. Larry zog und zerrte, und es gelang ihm, die schwere Last zentimeterweise vorzuziehen, bis sie in der Öffnung klemmte. Er vergaß die Katzen für einen Augenblick und versuchte, das in Ölhaut eingeschlagene Paket herauszuziehen, aber es passte nicht durch. Er beklopfte die Steine rund um das Loch, und sie gaben etwas nach. Vorsichtig nahm er einen heraus, dann einen zweiten und dritten. Diese Steine waren absichtlich so locker gelassen worden. Die zwei Katzen steckten die Köpfe aus der neuen Öffnung. Larry zwängte das Paket durch und fiel fast vom Eimer, weil das Zeug so schwer war. Er schwankte und sprang rückwärts hinunter.
    »Nicht schlecht für einen alten Mann«, bemerkte Tucker.
    »Mal sehen, was er da hat.« Mrs Murphy hüpfte herunter, Paddy hinterher.
    Larry kniete sich hin und machte sich an dem Knoten auf der Rückseite des Paketes zu schaffen. Die drei Tiere saßen schweigend daneben und sahen mit großem Interesse zu. Endlich öffnete Larry triumphierend die Ölhautumhüllung. Drei voluminöse ledergebundene Bände kamen zum Vorschein. Mit zitternder Hand schlug Larry den ersten Band auf.
    Als Larry die energische Handschrift sah, in schwarzer Tinte, war ihm, als hätte ihn ein Medizinball mit voller Wucht auf die Brust getroffen. Er erkannte die Schrift, und im selben Moment wurde der Mann, den er bewundert und mit dem er gearbeitet hatte, wieder lebendig. Larry erinnerte sich an den Geruch von Jims Pfeifentabak, daran, wie er immer die Daumen unter seine Hosenträger gesteckt und sie auf und ab geschoben hatte, und seine glühende Überzeugung, dass er der reichste Arzt auf der ganzen Welt sein würde, wenn er ein Mittel gegen Glatzen finden könnte. Larry flüsterte laut: »›Die geheimen Tagebücher eines Landarztes, Band 1, 1912, von Dr. med. James Craig, Crozet, Virginia ‹.«
    Als Mrs Murphy und Tucker Larrys Betrübnis bemerkten, setzten sie sich neben ihn und drückten ihre kleinen Körper an seinen. In jedem Menschenleben gibt es Momente, wo die Seele von der Harpune des Schicksals geritzt und dem Menschen Gelegenheit gegeben wird, durch seinen Schmerz die Welt auf neue Weise zu sehen. Dies war ein solcher Augenblick, und durch seine Tränen sah Larry die zwei pelzigen Köpfe und streichelte sie, während er überlegte, wie oft im Leben wir von Liebe und Verständnis umgeben und zu selbstbezogen, zu sehr auf uns Menschen fixiert sind, um zu erkennen, was die Götter uns geschenkt haben.

 
44
     
    Ein warmer Südwind erfüllte die Herzen mit der Hoffnung, dass der Frühling nun wirklich gekommen war. Schneestürme konnten Mittel-Virginia noch im April heimsuchen, und sogar im Mai hatten einmal

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