Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
gesprungen‹?«, fragte Harry Cooper. »Das war Thomas Mann Randolph.«
»Er war aber nicht der Einzige. Schauen Sie nur, was aus Jeffersons zwei Neffen, Lilburne und Isham Lewis, geworden ist.« Mrs Hogendobber liebte jede Art von Neuigkeiten oder Klatsch, egal aus welcher Zeit. »Sie haben am 15. Dezember 1811 einen Sklaven namens George getötet. Gottlob war ihre Mutter Lucy, Thomas Jeffersons Schwester, schon am 26. Mai 1810 gestorben, sonst wäre sie vor Scham vergangen. Jedenfalls, sie haben den unglücklichen Untergebenen getötet, und Lilburne wurde am 18. März 1812 angeklagt. Er hat sich am 10. April das Leben genommen, und sein Bruder Isham ist getürmt. Oh, es war schrecklich.«
»Ist das hier passiert?« Coopers Bleistift flog nur so über das Papier.
»Im Grenzgebiet. Kentucky.« Mrs Hogendobber nahm Harry den Block aus der Hand. »Darf ich?« Sie las. »Hier ist noch ein Zitat von Patsy, es geht immer noch um den Sklavenverkauf. ›Nichts kann gedeihen in einem solchen System der Ungerechtigkeit.‹ Fragen Sie sich nicht auch, wie die Geschichte dieser Nation aussähe, wenn Frauen von vornherein an der Regierung beteiligt gewesen wären? Frauen wie Abigail Adams, Dolley Madison oder Martha Jefferson Randolph.«
»Wir haben seit 1920 das Wahlrecht und sind immer noch nicht zu fünfzig Prozent an der Regierung beteiligt«, sagte Harry verbittert. »Ehrlich gesagt, unsere Regierung ist ein einziges Tohuwabohu von Widersprüchen, vielleicht tut man besser daran, sich von ihr fernzuhalten.«
»Ach, Harry, sie war schon zu Jeffersons Zeiten ein einziges Tohuwabohu. Politik ist wie ein Hahnenkampf«, bemerkte Mrs Hogendobber.
»Könnten Sie beide mir Jeffersons Einstellung zur Sklaverei umreißen? Seine Tochter scheint sie jedenfalls verachtet zu haben.« Cooper fing an, an ihrem Radiergummi zu kauen, ertappte sich dabei und hörte wieder auf.
»Am besten fängt man mit der Lektüre seiner Notizen über Virginia an. Die wurden erst 1785 in Paris gedruckt, aber geschrieben hat er sie schon früher.«
»Mrs Hogendobber, bei allem gebührenden Respekt, ich habe keine Zeit, das alles zu lesen. Ich muss einen Mörder finden, der ein Geheimnis zu verbergen hat, und wir sind immer noch mit der Leiche, vielmehr den Überresten, von 1803 befasst.«
»Leichnam der Liebe«, entfuhr es Harry.
»So sehen wir ihn«, fügte Mrs Hogendobber hinzu.
»Weil der Mann Medleys Geliebter war oder Sie das zumindest annehmen?«, fragte Cooper.
»Ja, aber vermutlich war es mit der Liebe irgendwann vorbei.«
»Weil sie einen anderen liebte?« Für Cooper, daran gewöhnt, die Leute zu verhören, war es ganz natürlich, dies auch jetzt zu tun.
»Es war eine Form von Liebe. Vielleicht nicht von der romantischen Art.«
Cynthia seufzte. Fürs Erste steckte sie wieder mal in einer Sackgasse. »Okay. Eine von Ihnen muss mir etwas über Jefferson und die Sklaverei erzählen. Mrs Hogendobber, Sie haben eine Begabung für Daten und dergleichen.«
»Buchführung trainiert das Zahlengedächtnis. Also, Thomas Jefferson wurde am 13. April 1743 geboren, nach der neuen Zeitrechnung. Sie wissen, alle außer den Russen sind vom Julianischen zum Gregorianischen Kalender übergegangen. Nach der alten Zeitrechnung ist er am 2. April geboren. Muss lustig gewesen sein für die Menschen in Europa und in der Neuen Welt, gewissermaßen zwei Geburtstage zu haben. Sehen Sie, Cynthia, er wurde in eine Welt der Sklaverei hineingeboren. Wer sich mit Geschichte befasst, stellt fest, dass alle großen Zivilisationen eine ausgedehnte Periode der Sklaverei durchlaufen haben. Es ist wohl die einzige Möglichkeit, die Arbeit getan zu bekommen und Kapital anzusammeln. Stellen Sie sich vor, die Pharaonen hätten beim Bau der Pyramiden Arbeitskräfte bezahlen müssen.«
Cynthia hob die Augenbrauen. »So habe ich das noch nie gesehen.«
»Sklaven wurden vornehmlich Männer, die man vorher im Kampf besiegt hatte. Die Römer hatten viele griechische Sklaven, von denen die meisten viel gebildeter waren als ihre Herren, weswegen die Römer von ihnen erwarteten, dass sie sie unterrichteten. Und die Griechen selbst hatten häufig griechische Sklaven, die sie im Kampf gegen andere Poleis, also Stadtstaaten, gefangen genommen hatten. Nun, unsere Sklaven waren auch nichts anderes als Besiegte. Dass es sie aber nach Amerika verschlug, kam so: Die Sklaven, die nach Amerika kamen, waren die Unterlegenen in afrikanischen Stammesfehden, und sie wurden von den
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