Mrs Murphy 04: Virus im Netz
Boden lag.
»Gute Familie. Aysha will Queen der White Hall Road sein, bevor sie vierzig ist.«
»Mach fünfzig draus, Murphy, sie muss jetzt Mitte dreißig sein.« Pewter stupste die Tigerkatze mit der Hinterpfote an. Murphy stieß sie zurück.
»Hast du Don Giovanni schon gesehen?«, erkundigte sich Mrs Hogendobber bei Mim. »Ich geh vielleicht morgen hin, am Freitag.«
»Ich fand’s fantastisch. Little Marilyn kann Opern nicht ausstehen, aber sie hat durchgehalten. Jim ist natürlich eingeschlafen. Als ich ihn weckte, sagte er, seine Pflichten als Bürgermeister unserer schönen Stadt hätten ihn ausgelaugt. Das einzige musikalische Ereignis, bei dem Jim nicht durchschläft, ist die Kapelle des Marine Corps. Die Pikkoloflöte rüttelt ihn jedes Mal wach. So, ich hab heute Abend eine Bridgeparty -«
»Warten Sie, eine Frage. Wie sieht die Hauptpartie aus?« Harry war neugierig.
»Sie hatte eine Perücke auf -«
»Ich meine, die männliche Hauptpartie.«
»Oh, der sah gut aus. Aber Harry, Sie werden doch nicht an so was denken. Sie haben doch schon zwei Männer, die verrückt nach Ihnen sind. Ihren Exmann und Blair Bainbridge, und ich muss sagen, der ist der bestaussehende Mann, den ich in meinem Leben gesehen habe, ausgenommen Clark Gable und Gary Cooper.«
Harry tat Mims Bemerkung mit einer Handbewegung ab. »Verrückt nach mir? Ich sehe Fair ab und zu, und Blair ist mein Nachbar. Bauschen Sie das bloß nicht zu einer Romanze auf. Sie sind meine Freunde, weiter nichts.«
»Wir werden sehen«, lautete die überlegene Antwort. Und damit verabschiedete sich Mim.
Harry wusch sich die Hände. Ihre Fingerspitzen waren von der kastanienbraunen Stempelfarbe des Postamts verschmiert. »Wir sollten die Farbe unseres Stempelkissens jedes Jahr wechseln. Ich kann dieses Braun nicht mehr sehen.«
»Und Sie beklagen sich über die Steuern … bedenken Sie, was das kosten würde.«
»Ja schon, aber dauernd sehe ich die Briefmarken anderer Länder und die Farbe der Poststempel, und einige sind sehr hübsch.«
»Solange die Post pünktlich ankommt …«, sagte Miranda. »Und wenn man bedenkt, wie viele Briefe der US-Postdienst an einem einzigen Tag befördert, an einem normalen Geschäftstag, das ist schon erstaunlich.«
»Okay, okay.« Harry lachte und hielt ihre Hände zur Begutachtung in die Höhe. »Ich möchte an meine Finger keine kostspielige Stempelfarbe verschwenden.«
»Sagen wir, Sie haben rosige Fingerspitzen von einer Farbe, die in der Natur nicht zu finden ist.«
»Okay, ich mach Schluss für heute.«
5
Die Batterieanzeige in Harrys Transporter flackerte, deshalb hielt sie an der alten Amoco-Tankstelle an, die eine Mobil-Tankstelle gewesen war. Der uralte Cola-Automat verlockte Harry. Sie schob das Geldstück ein und »bewegte« dann die kurvenreiche Flasche, bis das metallene Maul sich öffnete und sie die Flasche in die Freiheit zog. Sie mochte die alten Geräte, weil man den Deckel hochheben und die Hand in den kalten Kasten stecken konnte. Die neuen Getränkeautomaten waren so glitzernd und mit Lichtern gespickt, dass sie das Gefühl hatte, eine Sonnenbrille aufsetzen zu müssen, um sie zu bedienen. Als sie klein war, bekam man eine Coca-Cola für ein Fünfcentstück. Dann, als sie zur Grundschule ging, war der Preis auf zehn Cent hochgeschnellt. Jetzt kostete eine Cola fünfzig Cent, aber in einer Großstadt konnte man leicht fünfundsiebzig berappen. Wenn das Fortschritt war, dann fand Harry ihn schrecklich deprimierend.
Gewöhnlich machte sie sich nach der Arbeit sofort auf den Heimweg, aber die Pferde grasten auf einer fetten Weide. Im Sommer musste sie keine Körner zufüttern. Die strahlende Abenddämmerung verweilte. Warum sich beeilen?
Geistesabwesend lenkte sie das aufgeladene Gefährt auf der Route 810 nach Norden.
»Wo fahren wir hin?« Tucker legte die Schnauze auf das Fenstersims.
»Das ist wieder so eins von Moms Abenteuern.« Mrs Murphy rollte sich hinter dem langen Schalthebel zusammen. Diesen Platz mochte sie am liebsten.
»Das letzte Mal, als sie so was gemacht hat, sind wir in Sperryville gelandet. Ich hab Hunger. Ich will nicht so lange Auto fahren.«
Mrs Murphy lachte. »Dann musst du winseln. Quetsch dir die süßen Hundetränchen aus den Augen. Das weckt ihre mütterlichen Instinkte.«
»Du weißt ja, wie ich übertreiben kann. Aber das muss ich mir für besondere Gelegenheiten aufsparen.« Tucker ergab sich in ihr Schicksal.
Harry schaltete das Radio ein,
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