Mrs Murphy 04: Virus im Netz
Zeit zu Zeit warf Norman einen Blick zur Haustür. Er sah elend aus. Aysha machte ein angemessen trauriges Gesicht.
Harrys Ankunft mit den beiden Männern fesselte die Aufmerksamkeit der Menschen, bis Kerry, die an diesem Morgen aus dem Krankenhaus entlassen worden war, mit Cynthia Cooper eintraf. An der Tür begrüßte sie Dudley, der Ottoline abwinkte. Er hörte Kerry aufmerksam zu, dann brachte er sie direkt zu seiner Mutter. Ottoline war empört, und man sah es ihr an. Es wurde ganz still im Raum.
»Laura, es tut mir so schrecklich leid.«
Laura, die Kerry erkannte, hob den Kopf. »Haben Sie meinen Hogan erschossen?«
»Nein. Ich weiß, es sieht schlimm für mich aus, aber ich war’s nicht. So etwas Entsetzliches würde ich nie tun. Ich bin gekommen, um mein tief empfundenes Beileid auszusprechen.«
Man hätte eine Stecknadel fallen hören können.
Jim Sanburne bemächtigte sich der Lage. »Leute, wir müssen immer gegenseitig das Beste in uns zum Vorschein bringen. Wir werden über diesen Verlust hinwegkommen, wir werden Hogans Leben Ehre erweisen, indem wir ein bisschen werden wie er, indem wir anderen Menschen helfen.«
»Und seinen Mörder fangen!« Aysha sah Kerry unverwandt an, bis Norman sie in den Oberarm kniff – und zwar fest.
»Hört, hört.« Viele Anwesende teilten diese Meinung.
Während die Menschen sich um Aysha scharten, strömten immer mehr ins Haus. Es war kaum genug Platz, um sich umzudrehen. Norman schlüpfte hinaus. Kerry sah das und ging ebenfalls, nachdem sie sich von Laura verabschiedet hatte. Cooper folgte ihr in diskretem Abstand.
Norman zündete sich eine Zigarette an. Er stand verloren auf der weiten Fläche des gepflegten Rasens.
Kerry überraschte ihn und schob ihren Arm durch seinen. »Ich muss dich sehen.«
»Bald.« Er bot ihr eine Zigarette an.
Ein Auto hielt auf sie zu. Er wich den sich nähernden Lichtern geschickt aus und zog Kerry mit sich. »Wir sollten wohl besser ein Stück vom Haus weggehen.«
Als sie in den Hof einbogen, klagte Kerry: »Ich kann so nicht leben, Norman. Wirst du es ihr sagen oder nicht?«
»Was?«
»Dass du sie verlässt.«
»Kerry, ich hab dir gesagt, ich kann nicht gleichzeitig eine Krise in meinem Privatleben und eine bei der Arbeit bewältigen. Und im Moment guckst du eben in die Röhre.« Er hielt inne. »Verzeih, das ist bloß so eine Redensart. Lass mich diese Arbeit hinter mich bringen, und danach kann ich mich mit Aysha befassen.«
»Befass dich zuerst mit Aysha«, bat sie.
»Das ist nicht so einfach. Sie ist nicht so einfach.«
»Ich weiß. Sie war schließlich mal meine beste Freundin.«
»Kerry« – er schnippte die Zigarette ins Gras –, »vielleicht sollte ich meiner Ehe eine Chance geben. Vielleicht hat der Stress bei der Arbeit mich abgestumpft, daran gehindert, mich Aysha nahe zu fühlen.«
Kerry sagte leicht zitternd: »Bitte, tu das nicht. Lass mich nicht zappeln. Aysha interessiert sich nur für Aysha.«
»Ich will dich nicht zappeln lassen, aber ich bin nicht in der Verfassung, eine wichtige Entscheidung zu treffen, und du bist es auch nicht. Montag bin ich an Hogans Büro vorbeigekommen. Die Wand war mit Blut bespritzt. Mir ist übel geworden. Jedes Mal, wenn ich nach unten ging, kam ich daran vorbei. Wenn du das Blut gesehen hättest, wärst du genauso erschüttert.« Er schauderte. »Ich halte das nicht aus.«
»Die Zeit wird dir nicht helfen, Aysha zu lieben.«
»Ich habe sie früher geliebt.«
»Das hast du dir nur eingebildet.«
»Aber wenn ich sie nun doch liebe? Ich weiß nicht, was ich fühle.«
Kerry schlug die Arme um ihn und küsste ihn leidenschaftlich. Er erwiderte ihren Kuss. »Und was fühlst du jetzt?«
»Verwirrung. Ich liebe dich noch immer.« Er zuckte die Achseln. »Oh Gott, ich weiß nicht mehr ein noch aus. Ich will einfach für eine Weile weg von allem.«
Er nahm sie in die Arme und küsste sie wieder. Sie hörten das leise Knirschen nicht, das sich ihnen näherte.
»Kerry, du Flittchen.« Aysha holte aus und knallte ihr eine. »Eine Mörderin und ein Flittchen.«
Norman packte seine Frau und zog sie weg. »Schlag sie nicht. Schlag mich. Es ist meine Schuld.«
»Halt den Mund, Norman. Ich kenn diese Schlampe in- und auswendig. Sie muss alles haben, was ich habe. Sie hat schon mit mir konkurriert, da waren wir noch ganz klein. Es hört eben nie auf, stimmt’s, Kerry?«
»Ich hab ihn zuerst gehabt!«
Das Geschrei wurde lauter. Harry und Miranda kamen auf den Lärm hin aus
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