Mrs Murphy 04: Virus im Netz
Bei ihren kurz geschnittenen Naturlocken genügte es, wenn sie nur rasch mit den Fingern durchfuhr, solange sie nass waren.
»Was macht sie da drin?« Tucker wälzte sich träge auf der Erde und blieb mit dem Bauch nach oben liegen.
»Sich aufdonnern.«
»Ob sie an Rouge gedacht hat? Das vergisst sie jedes zweite Mal«, bemerkte Tucker.
»Ich geh mal nachsehen.« Mrs Murphy tappte leise in das kleine Badezimmer. Harry hatte das Rouge vergessen. Die Katze sprang auf das kleine Waschbecken und stieß das Rouge ins Becken. »Du brauchst ein bisschen Rosa auf den Wangen.«
»Murphy.« Harry hob das schwarze Döschen auf. »Schätze, das könnte nicht schaden.« Sie betupfte ihre Wange mit dem Pinsel. »Na also. Eine hinreißende Schönheit. Die Männer werden bei meinem Anblick erbeben. Die Augen der Frauen werden sich zu Schlitzen verengen. Man wird mir Königreiche bieten für einen Kuss.«
»Mäuse! Maulwürfe! Katzenminze, alles zu deinen Füßen.« Mrs Murphy genoss diesen Traum.
»Wer ist da? Wer ist da?« Tucker sauste zur Hintertür.
Fair klopfte, stieg dann über den kleinen Hund, der sofort zu bellen aufhörte.
»Hi, Schnuckelpuckel.« Fair strich mit der Hand über Tuckers anmutige Ohren, dann rief er: »Ich bin’s.«
»Ich wusste nicht, dass du kommst«, rief Harry aus dem Badezimmer.
»Ah, ich hätte anrufen sollen, aber heute ist wieder mal so ein vertrackter Tag. Musste Tommy Bolenders alte Stute einschläfern. Sechsundzwanzig Jahre alt. Er hat die Stute geliebt, und ich hab ihm gesagt, er soll einfach losheulen. Hat er auch gemacht, und da kamen mir auch die Tränen. Dann hat das teure Fohlen drüben bei Dolan einen Zaun zertrümmert. Große Risswunde an der Brust. Und Patty hat Soor.«
Auf Patty, einem braven Schulpferd der Mountain-Hollow-Farm von Sally und Bob Taylor, hatten zwei Menschengenerationen reiten gelernt.
Harry trat zu Fair. Sie trug einen langen Rock, Sandalen und eine gestärkte Baumwollbluse.
»Ich glaub, ich hab dich seit dem Tag unserer Hochzeit nicht mehr in einem Rock gesehen.«
»So lange?« Sie hielt inne. »Aber Fair, du hättest mich anrufen sollen, weil ich nämlich mit Blair zu Freelys gehe und -«
Fair hob abwehrend die Hand. »Wir gehen beide mit dir hin.«
»Vielleicht gefällt ihm die Idee aber nicht.«
Wieder hob er die Hand. »Lass ihn mal eine Minute aus dem Spiel. Gefällt dir die Idee?«
»Wenn ihr beide euch benehmt.«
»Was sagt man dazu.« Tucker wedelte mit ihrem Stummelschwänzchen. »Mom wird von den zwei bestaussehenden Männern des Bezirks begleitet. Die Telefondrähte werden heiß laufen.«
»Boom Booms werden am heißesten sein.« Mrs Murphy saß jetzt neben Tucker.
»Es wird dich sicher freuen zu hören, dass ich Blair von unterwegs angerufen habe, weil ich so was ahnte.«
»Warum hast du mich nicht angerufen?«
»Und wenn du Nein gesagt hättest? Dann hätte ich eine Chance vertan, dich zu sehen, noch dazu im Rock.«
Wieder kam ein Auto die Zufahrt hinauf. Tucker lief bellend zur Tür. Sie blieb sogleich stehen. »Blair, im Mercedes.«
Harry küsste Katze und Hund und ging mit Fair nach draußen. Beide stiegen in Blairs Mercedes und fuhren los.
»Wie gefällt dir das?« Tucker sah den roten Rücklichtern nach.
»Gefällt mir sehr. Es beweist, dass Fair und Blair lernen können, sich zu vertragen und Harrys Interessen obenan zu stellen. Darum geht es mir. Ich wünsche mir jemand für Mom, der ihr das Leben leichter macht. Liebe soll doch keine Mühe machen.«
29
Blumen, überwiegend pastellfarben und weiß, füllten im Haus der Freelys sämtliche Räume. Laura saß in dem großen Ohrensessel am Wohnzimmerkamin. Manchmal erkannte sie die Leute. Zuweilen verfiel sie in einen gequälten Trancezustand.
Dudley begrüßte dumpf die Leute an der Tür. Er hatte sich zusammengerissen. Einige Leute zeigten Ned Tucker die kalte Schulter, weil er den Fall Kerry McCray übernommen hatte.
Unterstützt von Mrs Hogendobber, Mim und Little Marilyn, nahm Thea Beileidswünsche entgegen, tauschte Erinnerungen aus, vergewisserte sich, dass die Leute zu essen und zu trinken hatten. Ottoline Gill, die sich in ihrer selbst ernannten Stellung gefiel, führte die Gäste zu Laura und geleitete sie dann still zum Buffet. Alles war gut organisiert.
Im Esszimmer sorgte Market Shiflett auf eigene Kosten für Verpflegungsnachschub. Hogan hatte ihm zu seinem Geschäftsdarlehen verholfen. Im Salon unterhielten sich Aysha und Norman mit den Leuten. Von
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