Mrs Murphy 04: Virus im Netz
Lawn, Wohnsitz von James Monroe. Wir biegen auf die Route 20 nach Süden ab, dann nach links auf die Straße, die an Monticello vorbeiführt. Ich habe fast hundertfünfzig drauf, aber auf der Bergstraße kann ich nicht viel schneller als fünfundsechzig fahren. In fünfzehn, zwanzig Minuten sind wir da.« Sie griff nach ihrem Piepser und sagte auf dem Revier Bescheid, wohin sie fuhr. Sie bat um Verstärkung – nur für alle Fälle.
»Sie ist eine richtige Giftschlange.«
»Ich weiß.«
Drei Kilometer vor Ash Lawn stellte Cynthia die Sirene ab. Sie fuhr die kurvige, von Bäumen gesäumte Zufahrt hinauf, bog nach links auf den Parkplatz und hielt direkt vor dem Andenkenladen. »Fertig?«
»Ja.« Frank war beglückt, dem Wagen zu entkommen.
Harry fiel auf, dass Little Marilyn außerordentlich angespannt war. Sie hoffte, der Grund war nicht, dass sie von ihr als Fremdenführerin enttäuscht war. Harry führte ihre Gruppe durchs Haus, sagte den Leuten, wo sie auf eine Stufe achten und wo sie den Kopf einziehen mussten. Sie wies auf Möbelstücke hin und gab Anekdoten aus Monroes Amtszeit zum Besten.
Mrs Murphy und Tucker hatten sich unter den großen Buchsbaumsträuchern verkrochen. Die Erde war kühler als die Luft.
Aysha war im Untergeschoss des Hauses und suchte die Reste von Laura Freelys historischen Kostümen sowie ihre eigenen Sachen zusammen. Ottoline half ihr.
Cynthia und Frank gingen so nonchalant wie möglich zum Vordereingang. Harry öffnete im selben Moment den Nebeneingang, um ihre Gruppe herauszulassen, als Cynthia und Frank durch die Vordertür eintraten.
Da es Mittagszeit war, hatten sich die Besucher von Ash Lawn, die für den nächsten, von Marilyn geführten Rundgang vorgesehen waren, unter die herrlichen ausladenden Bäume gesetzt und labten sich an eiskalten Getränken.
Harry war überrascht, Cynthia dort zu sehen.
»Dies ist Frank Kenton aus San Francisco.«
Harry streckte die Hand aus. »Willkommen in Ash Lawn.«
»Schon gut, Harry, Sie brauchen ihn nicht herumzuführen.« Cynthia lächelte verkrampft.
Little Marilyn, von Miranda vorgewarnt, zügelte ihre Nervosität, so gut sie konnte. »Soll ich sie jetzt rufen?«
»Ja«, antwortete Cynthia.
Die Kerzenständer zitterten in ihren Halterungen, als Little Marilyn vorbeiging. Nach wenigen Minuten kam sie mit Aysha und Ottoline zurück.
Aysha erstarrte bei Franks Anblick.
»Das ist Malibu«, sagte er leise.
»Nein!«, kreischte Ottoline.
Aysha drehte sich blitzschnell um, packte Harry und zerrte sie ins Wohnzimmer. Ottoline knallte die Tür zu. Als Cynthia ihr folgen wollte, durchschlug eine Kugel die Tür und verfehlte knapp Cynthias Kopf.
»Raus hier, alle!«, befahl Cynthia.
Marilyn und Frank eilten nach draußen. Pflichtbewusst scheuchte Marilyn rasch die Besucher zum Parkplatz. Das Heulen einer Sirene verkündete, dass Verstärkung unterwegs war.
Mrs Murphy sprang auf. »Mom, Mom, alles in Ordnung?«
Tucker flitzte geräuschlos unter dem Buchsbaum hervor und stürmte zum Haus.
Mrs Murphy quetschte sich durch die Vordertür, die leicht angelehnt war. Tucker tat sich schwerer, aber sie schaffte es.
Cynthia stand geduckt mit dem Rücken zur Wand neben der Tür zum Wohnzimmer. Ihre Pistole hielt sie schussbereit. »Kommen Sie raus, Aysha. Das Spiel ist aus.«
»Ich hab eine Pistole in der Hand.«
»Die wird Ihnen nichts nützen.«
Aysha lachte. »Wenn ich zuerst schieße, schon.«
Ottoline rief heraus: »Cynthia, lassen Sie sie laufen. Nehmen Sie mich an ihrer Stelle fest. Sie hat ihren Mann verloren. Sie ist nicht ganz bei sich.«
Cynthia bemerkte die Katze und den Hund. »Raus mit euch.«
Mrs Murphy schoss zum Vordereingang hinaus. Tucker wartete einen Moment, warf Cynthia einen schmachtenden Blick zu, dann folgte sie ihrer Katzenfreundin.
»Tucker, hintenrum. Vielleicht kann ich durch ein Fenster rein.«
Sie hörten Harrys Stimme. »Aysha, ergib dich. Vielleicht machst du es dir dadurch leichter.«
»Halt den Mund!«
Harrys geliebte Stimme spornte beide Tiere an. Mrs Murphy raste zu dem niedrigen Sprossenfenster. Geschlossen. Ash Lawn hatte eine Klimaanlage. Katze und Hund sahen Harry mitten im Zimmer; eine Pistole war auf sie gerichtet.
Ottoline stand abseits neben der Tür.
»Tucker, diese alten Fenster sind ganz niedrig. Meinst du, du kannst da durchkrachen?«
»Ja.«
Sie rannten knapp fünfzig Meter zurück, drehten dann um und sausten auf die alte mundgeblasene Scheibe zu. Tucker hob einen
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