Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
durchnässt, als sie an der Hintertür ankamen.
Katze und Hund schüttelten sich auf der Veranda. Harry bekäme einen Anfall, wenn sie dies in der Küche tun würden. Auch Harry schüttelte sich. Drinnen setzte sie sogleich Teewasser auf. Sie war durchgefroren.
Pewter, die sich auf dem Sofa lümmelte, den Kopf auf einem bunten Kissen, schnurrte: »Bin ich froh, dass ich drinnen geblieben bin.«
»Du bist immer froh, dass du drinnen geblieben bist«, antwortete Tucker.
Harry hantierte herum. Sie trank etwas Tee, ging dann in ihr Schlafzimmer. »Oh nein.« In der Hektik des Tages war sie mit Susan und Brooks hinausgestürmt und hatte das Chaos vergessen, das sie hinterlassen hatte. Der Inhalt ihrer Kommodenschubladen lag auf dem ganzen Bett verstreut. »Ich lass mich doch von Unterhosen nicht unterkriegen.«
Sie stürzte ihren Tee hinunter und warf erbarmungslos alles weg, was Löcher hatte oder fadenscheinig war. Das bedeutete, dass sie nur eine halbe Schublade voll Socken, einen Satin-BH und drei Schlüpfer übrig behielt.
»Mom, du musst einkaufen gehen«, sagte Mrs Murphy, die liebend gern einkaufte, allerdings selten Gelegenheit dazu bekam.
Harry betrachtete den Altkleiderhaufen. »Auftragen, abnutzen, ausbessern oder rauspfeffern.«
»Du kannst diese Sachen nicht mehr anziehen. Sie sind am Ende«, sagte Pewter, die jetzt mitten in dem Haufen saß. »Ich bin auch am Ende.«
Murphy lachte. »Du hast doch überhaupt nichts getan.«
Harry stapfte in die Vorratskammer und kam mit einer großen Schere bewaffnet zurück.
»Was hat sie vor?«, wunderte Pewter sich laut.
»Putzlappen machen. Mutter kann einfach nichts wegwerfen, wenn es noch für etwas zu gebrauchen ist. Sie schneidet alles in Quadrate oder Rechtecke und teilt den Haufen dann zwischen Haus und Stall auf.«
»Auch die BHs?«
»Nein, ich glaube, die sind total hinüber«, erwiderte Mrs Murphy.
»Harry ist ein sparsamer Mensch«, bemerkte Pewter. Sie selbst war verschwenderisch.
»Muss sie sein.« Tucker putzte ihre Hinterpfoten, kein leichtes Unterfangen für einen Corgi. »Von dem Job im Postamt kann sie Essen und Benzin bezahlen, das ist alles. Zum Glück hat sie die Farm geerbt, als ihre Eltern starben. Die ist schuldenfrei, aber sonst hat sie nicht viel. Ein paar Ersparnisse und ein paar Wertpapiere, die ihr Vater ihr hinterlassen hat, aber er war auch kein Finanzgenie. Ihr einziger Luxus, falls man es so nennen kann, sind die Pferde. Klar, sie helfen die Wiesen ›mähen‹.«
»Menschen sind komisch, nicht?«, meinte Pewter nachdenklich. »Big Mim suhlt sich in ihrem Hab und Gut, und Harry hat so wenig. Warum gibt Mim ihr nicht was ab?«
»Sie hat ihr Poptart geschenkt, vergiss das nicht. Sie und Fair haben sich die Ausgabe geteilt.«
»Hatte ich vergessen. Aber ihr wisst schon, was ich meine.«
Tucker zuckte die Achseln. »Sie sind komisch, was Sachen betrifft. Auf Sachen legen sie großen Wert. Wie wir auf Knochen, vermute ich.«
»Mir sind Knochen schnuppe. Katzenminze, das ist was anderes«, sagte die Tigerkatze aufgekratzt und wünschte, sie hätte eine Katzenminzeleckerei.
»Schon mal das T-Shirt gesehen? Wo draufsteht › Wer mit dem meisten Spielzeug stirbt, hat gewonnen‹?«, fragte Pewter, die sich in den Lumpenhaufen kuschelte.
»Ja. Samson Coles hat das getragen – bevor er in Ungnade fiel, weil er sich an Treuhandvermögen vergriffen hatte.« Tucker kicherte.
»Blödes T-Shirt«, sagte Mrs Murphy munter. »Wenn man tot ist, ist man tot. Man kann nichts gewinnen.«
»Dabei fällt mir ein, der Luchs ist heute Abend da draußen«, sagte Tucker zu Pewter.
»Ich geh nicht raus.«
»Das ist uns bekannt.« Mrs Murphy schnippte mit dem Schwanz. »Ob die Fletchers wohl rauskriegen, wer die falsche Todesanzeige in die Zeitung gesetzt hat? Wenn nicht, kriegt Mutter es raus. Ihr wisst ja, wie gern sie herumschnüffelt.«
Das Telefon klingelte. Harry legte ihre Schere weg, um den Hörer abzunehmen. »Hi.«
Blair Bainbridges tiefe Stimme hatte etwas Beruhigendes. »Verzeih, dass ich nicht gleich angerufen habe, als ich nach Hause kam, aber ich war hundemüde. Ich war zufällig im Café, als Marilyn hereinkam, und da hat sie mir von Roscoes Tod erzählt. Wir sind zu ihm nach Hause gefahren, und ich -«
»Blair, ist schon gut. Sie ist verrückt nach dir, wie du sicher weißt.«
»Na ja, sie ist einsam.« Als eines der bestbezahlten männlichen Models im Land wusste er ganz genau, dass die Frauen in seiner Gegenwart
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