Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
wohlerzogen, um jemanden herunterzuputzen. Er lächelte vielmehr und vergaß, was er Brooks hatte sagen wollen.
Zum Glück eröffnete sie das Gespräch. »Arbeitest du noch in der Autowaschanlage?«
»Ja.«
»Brauchen die noch Leute? Ich möchte mir nämlich einen Job suchen, und -« Ihre Stimme verklang.
»Jimbo braucht immer Leute. Ich frag ihn.« Nun war Roger von einer Mission erfüllt: Brooks zu helfen.
Jimbo C. Anson, der so breit war wie hoch, gehörten die Autowaschanlage, die hiesige Heizölfirma und eine kleine Asphaltfabrik, die er gekauft hatte, als der Besitzer Kelly Craycroft unerwartet gestorben war. Jimbo, die Verkörperung der kapitalistischen Weltanschauung, hatte gleichwohl ein weiches Herz. Brooks würde den Job bestimmt bekommen.
Brooks war erstaunt, als sie an diesem Nachmittag zur Hintertür ihres Hauses hereinkam und ihre Mutter gerade mit Roger telefonierte. Er hatte ihr den Job bereits verschafft. Sie brauchte nur noch zu entscheiden, ob sie nach der Schule oder am Wochenende arbeiten wollte oder beides.
Nachdem Brooks sich überschwänglich bei Roger bedankt hatte, sagte sie, sie würde zurückrufen, weil sie erst mal mit ihrer Mutter reden müsse.
»Das will ich meinen.« Susan starrte sie an, nachdem Brooks aufgelegt hatte.
»Mom, St. Elizabeth ist teuer. Ich will Geld verdienen.«
»Schatz, wir leben nicht von Sozialhilfe. Jedenfalls noch nicht.« Susan seufzte; sie gab nur widerwillig zu, dass es bei den wenigen Auseinandersetzungen, die sie mit Ned hatte, immer um Geld ging.
»Wenn ich für meine Klamotten selbst aufkommen kann, würde das doch schon helfen.«
Susan sah ihr in die sanften, haselnussbraunen Augen, die sie von Ned hatte. So froh sie über Brooks’ Bereitschaft war, Verantwortung zu übernehmen, so wurde sie doch seltsam traurig oder vielleicht wehmütig: Ihre Küken wurden erwachsen. Irgendwie wischte das Leben vorbei. Hatte sie nicht erst gestern diese schöne junge Frau auf den Armen getragen und die winzigen Finger und Zehen bewundert?
Susan räusperte sich. »Ich bin stolz auf dich.« Sie hielt inne. »Gehen wir uns die Waschanlage erst mal ansehen, bevor du dich festlegst.«
»Super.« Brooks lächelte und enthüllte dabei die Wunderwerke der Kieferorthopädie.
»Juhuh!«, brüllte es von der Hintertür.
»Ich bin auch da«, bellte Tucker.
Weder Mrs Murphy noch Pewter lag daran, ihre Anwesenheit so unverfroren zu verkünden.
Der Corgi der Tuckers, Tee Tuckers Bruder Owen Tudor, raste zur Hintertür, als diese aufschwang. Die Mutter der beiden war in diesem Frühjahr an Altersschwäche gestorben. Es war jetzt ein Single-Corgi-Haushalt.
»Tucker.« Owen küsste seine Schwester. Er hätte auch die beiden Katzen geküsst, wenn sie seinen Annäherungsversuchen nicht geschickt ausgewichen wären.
»Ich hab deinen Wagen nicht gehört«, sagte Susan.
»Kaputt. Diesmal ist es der Vergaser.« Harry seufzte. »In nicht allzu ferner Zeit kauf ich mir einen neuen Transporter.«
»Wenn Ostern und Pfingsten auf einen Tag fallen«, setzte Pewter ironisch hinzu.
»Mom gewinnt vielleicht im Lotto.« Tucker, stets optimistisch, spitzte die Ohren.
»Soll ich dich nach Hause fahren?«, erbot sich Susan.
»Ich geh zu Fuß. Tut mir gut und den Tieren auch.«
»Mir tut es nicht gut«, widersprach Pewter sogleich. »Meine Pfoten sind zu zart.«
»Du bist zu fett«, sagte Mrs Murphy unverblümt.
»Ich hab schwere Knochen.«
»Pewter -« Tucker wollte etwas sagen, wurde jedoch von Susan unterbrochen, die sich bückte, um sie zu streicheln.
»Springt doch alle in meinen Wagen, und wir fahren zu der Autowaschanlage. Brooks hat dort einen Job angenommen, aber ich will mir die Sache erst mal ansehen. Wenn du mitkommst, ist mir wohler.«
»Klar.«
Alle drängten sich in den Audi. Mrs Murphy fuhr gern Auto. Pewter ertrug es. Die beiden Hunde liebten es über alles, hatten aber so kurze Beine, dass sie nur aus dem Fenster sehen konnten, wenn sie auf Menschenschößen saßen, an denen nie Mangel herrschte.
Sie winkten Big Mim in ihrem Bentley Turbo R zu, die auf dem Weg nach Crozet war.
Mrs Murphy, die im Rückfenster lag, sah das prachtvolle, machtvolle Vehikel vorübergleiten. »Sie hat noch ihre bayerische Phase.«
»Was?«, fragte Tucker.
»Hüte mit Pfauenfedern, Walkjanker. Soviel ich weiß, trägt sie sogar Lederhosen oder einen von diesen langen Röcken, die glatt eine Tonne wiegen.«
»Also, wenn ich Deutsche wäre, wäre es mir peinlich, wenn
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