Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
und die Katzen fütterte.
Harry hatte vom Morgen noch Donuts übrig.
Sie setzten sich und genossen das bescheidene Mahl. Immer noch besser als gar nichts.
»Und -?«
»Was, und?« Sie schluckte; denn sie wollte nicht mit vollem Mund sprechen.
»Was ist los?«
Sie legte den Rest ihres glasierten Donuts auf den Teller. »Jody Miller hatte ein blaues Auge und wollte keinem erzählen, woher. Das Mädchen hat so bitterlich geweint, dass es schmerzte, das mit anzusehen.«
»Wie hast du es denn erfahren?«
»Sie hat die Schule geschwänzt und saß auf der Veranda hinter Markets Laden.«
»Ich hab sie zuerst gefunden.« Pewter hob den Kopf aus der Futterschüssel.
»Pewter, du bist so selbstgefällig.«
»Das musst ausgerechnet du sagen«, entgegnete die graue Katze gehässig auf Mrs Murphys Vorwurf. »Du denkst, die Sonne geht auf deinem Pelz auf und unter.«
»Miranda hat sie zu Larry Johnson gebracht. Sie ist dort geblieben, bis Irene kam. Irene war nicht eben hilfreich, sagte Miranda, die eine sehr zuverlässige Quelle ist.«
»Jody ist ein sprunghaftes Mädchen.«
»Sind sie das nicht alle?«
»Ja, wahrscheinlich.« Er stand auf, um sich noch einen Kaffee einzuschenken. »Langsam wird mir warm. Könnte natürlich auch an deiner Gegenwart liegen.«
»Ich muss gleich kotzen.« Pewter würgte.
»Du hast aber auch nicht einen romantischen Knochen im Leib«, klagte Tucker.
»Genau genommen, Pewter, kann keiner die Knochen in deinem Leib sehen.«
»Haha«, sagte die graue Katze trocken.
»Meinst du, es wirkt aufdringlich, wenn ich Irene anrufe? Ich mache mir Sorgen.«
»Harry, in Crozet sind alle aufdringlich, also ist das kein Thema.« Er lächelte. »Außerdem habt du und Miranda sie gefunden.«
»Ich hab sie gefunden«, warf Pewter wütend dazwischen.
»Du kriegst nicht einen Krümel mehr zu fressen.« Harry drohte der grauen Katze mit dem Finger, worauf diese ihr den Rücken zukehrte und nichts mehr mit diesen Menschen zu tun haben wollte.
Harry nahm den Hörer des alten Wandtelefons ab und wählte. »Hi, Irene, ich bin’s, Mary Minor.« Sie machte eine Pause. »Ach was, überhaupt keine Umstände. Ich weiß, Miranda hat nur zu gerne geholfen. Ich rufe bloß an, um zu hören, wie’s Jody geht.«
Am anderen Ende der Leitung erklärte Irene: »Sie ist sich beim Training mit einem Mädchen in die Haare geraten – sie will nicht sagen, mit wem –, und dann ist sie zum Chemieunterricht gegangen und hat in einem unangekündigten Test eine Fünf bekommen. Jody hatte noch nie in ihrem Leben eine Fünf. Es geht ihr ganz gut, und danke, dass du angerufen hat. Tschüs.«
»Tschüs.« Langsam hängte Harry den Hörer ein. »Sie weiß nicht mehr als ich. Sie sagt, die Mädchen sind sich beim Hockeytraining in die Haare geraten, und Jody hat bei einem Chemietest eine Fünf gekriegt.«
»Jetzt weißt du Bescheid. Du kannst also ganz beruhigt sein.«
»Fair« – Harry breitete die Arme aus –, »es ist unvorstellbar, dass dieses eitle Mädchen mit einem blauen Auge in den Chemieunterricht geht. Jody Miller kleistert sich mehr Schminke ins Gesicht als ein Filmstar. Außerdem hätte Ed Sugarman sie ins Krankenzimmer geschickt. Irene Miller ist entweder strunzdumm, oder sie sagt nicht die Wahrheit.«
»Ich tippe auf strunzdumm.« Fair lächelte. »Du machst aus einer Mücke einen Elefanten. Wenn Jody Miller ihre Mutter angelogen hat, ist das kein Fall für den Kadi. Ich darf dich daran erinnern, dass auch du deine Mutter gelegentlich beschwindelt hast.«
»Nicht sehr oft.«
»He, deine Nase wächst.« Er lachte.
Harry rief Ed Sugarman an, den Chemielehrer. »Hi, Ed, ich bin’s, Mary Minor Haristeen.« Sie hielt einen Moment inne. »Ob ich Chemieunterricht brauche? Kommt drauf an, von welcher Art Chemie Sie reden.« Sie wartete.
»Zunächst, entschuldigen Sie, dass ich mich einmische, aber ich möchte wissen, ob Jody Miller heute bei Ihnen im Unterricht war.«
»Jody war heute nicht im Unterricht«, antwortete Ed.
»Schön – damit ist meine Frage beantwortet.«
»Ich war tatsächlich drauf und dran, ihre Eltern anzurufen. Ich weiß, dass sie beim Hockeytraining war, denn ich bin heute Morgen am Platz vorbeigefahren. Ist etwas nicht in Ordnung?«
»Ah – ich weiß nicht. Sie war heute Morgen hinter Markets Laden, mit einem blauen Auge und in Tränen aufgelöst.«
»Das tut mir leid. Sie ist ein kluges Mädchen, aber ihre Noten sacken ab …« Er zögerte. »So etwas sieht man oft, wenn es zu
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