Mrs Murphy 06: Tödliches Beileid
er an diesem Morgen seine Post holte.
»Eine verderbte Persönlichkeit mit ungelösten Autoritätskonflikten«, salbaderte Boom Boom Craycroft. »Eine starke Mixtur aus Kamille und Petersilie würde helfen, diese gemarterte Seele zu läutern.«
»Widerwärtig und kein bisschen komisch«, erklärte Big Mim Sanburne.
»Ein übler Scherz«, sagte Lucinda Payne Coles, die ihre Post und die für die Kirche abholte.
»Hat Maury nicht mit dir an den Vorbereitungen für das große Benefizdinner der Ehemaligen gearbeitet?«, fragte Harry.
»Ja«, antwortete Little Mim.
»Was geht an St. Elizabeth vor?« Harry machte keine Umschweife.
»Nichts. Dass Roscoe und Maury an der Schule arbeiten, macht die Schule noch lange nicht verantwortlich für diese – diese – was soll man dazu sagen –?«, brauste Little Mim auf.
Ihre Mutter, von oben bis unten in marineblauen Kaschmir gehüllt, klopfte Little Mim mit einer zusammengerollten Illustrierten auf die Hand.
»Vorzeitige Todesanzeigen.« Mim lachte. »Früher oder später werden sie zutreffen. Sean Hallahan hat sich bei allen Betroffenen entschuldigt. Das hat mir zumindest sein Vater erzählt. Wer trägt die Zeitungen aus? Das ist die naheliegende Frage.«
Marilyn schniefte. Ihre Mutter konnte sie schneller auf die Palme bringen als sonst jemand auf Erden. »Roger Davis trägt die Zeitungen aus.«
»Ruf seine Mutter an«, fauchte Mim. »Und … hörst du mir überhaupt zu?«
»Ja, Mutter.«
»Wer immer diese schauderhaften Sachen schreibt, weiß genau über beide Männer Bescheid.«
»Oder kann gut recherchieren«, ertönte Herbs ernste Stimme.
»Gucken Sie mich nicht so an«, witzelte Harry. »Ich habe nie gelernt, wie man korrekte Fußnoten schreibt. Das muss man aber, wenn man gut recherchieren will.«
»Seien Sie nicht albern. Sie könnten Ihren Abschluss am Smith College nicht mit Auszeichnung gemacht haben, ohne zu lernen, wie man Fußnoten schreibt.« Big Mim rollte die Illustrierte auseinander, verzog beim Anblick des Fotos von einem explodierten Bus das Gesicht und rollte sie wieder zusammen. »Ich sage Ihnen, was schlimmer ist als falsche Fußnoten … fehlende Manieren. Unsere Umgangsformen sind so marode, dass die Leute nicht mal mehr Dankesbriefe schreiben … und wenn sie es täten, würden sie die Orthografie nicht beherrschen.«
»Mutter, was hat das mit Roscoes und Maurys falschen Todesanzeigen zu tun?«
»Ungehobelt. Schlechte Manieren.« Sie schlug mit der Illustrierten heftig auf die Kante des Postschalters.
»He!«, entfuhr es Little Mim, und sie wandte den Kopf zur Tür.
Maury McKinchie schlenderte herein, gewahrte die Stille und scherzte: »Wer ist gestorben?«
»Sie«, antwortete Harry trocken.
»Ach, kommen Sie, so schlecht war mein letzter Film nicht.«
»Haben Sie die Zeitung noch nicht aufgeschlagen?« Little Mim schob sich an ihn heran.
»Nein.«
Herb reichte Maury das Beiblatt. »Sehen Sie mal.«
»Alle Achtung.« Maury stieß einen Pfiff aus.
»Was glauben Sie, wer das getan hat?« Miranda kam unverzüglich zur Sache.
Er lachte herzhaft. »Ich kann mir zwei Exfrauen denken, die das tun würden, aber die würden mich vorher erschießen. Die Anzeige wäre echt.«
»Sie haben wirklich keine Ahnung?« Herb kniff die Augen zusammen.
»Nicht die geringste.« Maury zog die buschigen Augenbrauen hoch und hob die Stimme.
Big Mim sah auf ihre teure Schaffhausen-Uhr. »Ich werde im Gartenklub erwartet. Wir stimmen darüber ab, welche Bereiche wir heute verschönern. Das wird ein großes Gerangel, wie üblich. Wiedersehen, alle miteinander. Ich hoffe, Sie kommen der Sache auf den Grund.«
»Wiedersehen«, riefen ihr alle nach.
Maury sah zwar gut aus, hatte sich aber eine beträchtliche Wampe zugelegt. Er hoffte, sie mit Laufen wegzubekommen. Als Regisseur war er es gewohnt, die Fäden in der Hand zu haben, Anweisungen zu geben. Er hatte feststellen müssen, dass er damit in Crozet nicht weit kam. Einen noch größeren Schock versetzte es ihm, als Darla anfing, für sie beide die Brötchen zu verdienen. Er war auf der Suche nach dem richtigen Projekt, um seine Karriere wieder flottzumachen. Einmal im Monat flog er nach Los Angeles, die übrige Zeit ließ er die Telefon- und Faxdrähte heiß laufen.
»Mutter möchte einen Garten um den alten Bahnhof anlegen. Wetten, dass sie sich durchsetzt?« Little Mim sprang zu einem neuen Thema über. An der falschen Todesanzeige konnte sie ohnehin nichts mehr ändern.
»Das ist
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