Mrs. Pollifax macht Urlaub
aufzutreiben.«
»Die sollten wir ihm bezahlen!«, sagte sie fest.
»Werden wir. Jetzt trinken Sie erst einmal eine Tasse Tee, und dann holen Sie Ihre Reisetasche herunter. Wir dürften in der Wüste sicher sein; Hanan sagt, daß beim Zelt ihres Großvaters immer Männer sind, und vergessen Sie nicht, Awad ist Polizist im Ruhestand und müßte aus seiner Zeit in der Wüstenpatrouille bestimmt noch eine Pistole oder zwei haben.«
Beunruhigt fragte sie: »Kann man sich in Jordanien ebenso einfach Schußwaffen besorgen wie in den Vereinigten Staaten?«
Farrell war froh, das Thema wechseln zu können. »Nein«, antwortete er. »Zweifellos ist das auch der Grund für die niedrige Kriminalitätsrate hier. Nach dem, was Josef mir erzählt hat, muß zunächst ein Antrag gestellt werden, der genauestens überprüft wird. Danach dauert es eine Weile, bis eine Schußwaffe gekauft werden darf. Dem Käufer werden mit der Waffe drei Patronen ausgehändigt, nicht mehr. Seine Fingerabdrücke werden genommen und sein Name in einem Computer gespeichert.« Farrell sah auf seine Uhr. »Ich gehe jetzt besser und kümmere mich um mein Gepäck.«
Mrs. Pollifax, die bereits ihre Reisetasche heruntergeholt hatte, spazierte zu Awad hinüber, um ihm einen guten Morgen zu wünschen. Er schlug die Motorhaube seines Kleintransporters zu und erwiderte Mrs. Pollifax' Gruß mit einem Nicken. »Okay, kein Schaden.«
»Verraten Sie mir eines«, sagte sie neugierig, »wie konnten Sie so viel über die beiden Männer sagen, nur indem Sie sich den Boden ansahen?«
Er lächelte ihr anerkennend zu. »Ich zeige es Ihnen. Wissen Sie, sogar in der Wüste gibt es Tau, und vergangene Nacht gab es besonders viel. Kommen Sie, so früh hat die Sonne den Tau noch nicht getrocknet.« Sie folgte ihm zum Anfang der holprigen Einfahrt neben dem Haus und kniete sich neben ihn, als er auf den Kies deutete.
»Was sehen Sie?«
»Nichts«, gestand sie und lächelte ihn an.
»Schauen Sie noch einmal. Der Kies glitzert vom Tau, na'am?«
Sie nickte.
»Aber sehen Sie hierher...« Er deutete. »Der Kies wurde bewegt, da ist kein Tau.«
»Sie haben recht! Die Steinchen sind trocken«, rief sie aufgeregt. »Heißt das...?«
»Na'am ja. Die Spitze oder der Absatz eines Stiefels bewegte den Stein und drehte ihn um. Und wegen dem Tau kann man dort zwei leichte Eindrücke sehen, wo ein Mann lange genug gestanden hat, um den Kies tiefer in den Boden zu drücken.«
»Es ist schwer zu sehen«, gestand sie. »Aber ja, ich glaube, ich sehe es jetzt.«
Er richtete sich auf und ging ein paar Schritte die Einfahrt hinauf, bis zu einer Stelle, wo drahtiges Gras zwischen den Steinen gewachsen war. »Und hier?«
Triumphierend rief Mrs. Pollifax: »Hier wurden ein paar Grashalme niedergetreten!«
Er strahlte sie an. »Ja, durch einen schweren Schuh. Wenn die Sonne es erst wärmt, wird alles verschwinden.« Er führte sie zur Hintertür. »Und hier?« Er blickte sie verschmitzt an.
»Ein kompletter Fußabdruck!«
»Na'am ja, weil die Wüste nicht nur aus Steinen besteht, sondern hier auch Sand ist. Ich werde diesen Schuhabdruck wiedererkennen, wenn ich noch einen sehe. Er ist nicht von einer Sandale, sondern von einem Straßenschuh. Ein Mann von mittlerer Größe und mittlerem Gewicht, nicht so groß wie Mr. Farrell, aber schwerer.«
»Unglaublich!« staunte Mrs. Pollifax.
Sie drehte sich um, als Hanan mit einem kleinen Sack erschien. Sie hatte ihre Schuluniform ausgezogen und war in eine abgetragene schwarze Pumphose und einen grauen Kittel geschlüpft, der ihr bis zu den Knien reichte, und trug selbstverständlich ihre Cowboystiefel. Ihre dichten dunklen Locken waren unter einem neonpinken Kopftuch verborgen. Sie sah Mrs. Pollifax ernst an. »Juseff sagt, daß uns gestern ein Wagen folgte. Awads Cousine nebenan könnte Ihnen ein Gewand und einen Schleier leihen, wenn Sie möchten. Als Tarnung, wissen Sie. Sie ist sehr religiös.«
»Würde Nancy Drew sich so verkleiden?« fragte Mrs. Pollifax.
Hanan dachte darüber nach. »Ich glaube schon, Sie nicht? Das Thobe und der Schleier würden in der Wüste zwar sehr heiß für Sie sein, aber es wäre klug.«
»Noch klüger von dir, daran zu denken«, lobte Mrs. Pollifax. »Ich sehe schon, daß du uns in Notlagen sehr nützlich sein wirst.«
Hanan, die zum Lieferwagen blickte, sagte bedauernd: »Leider bleibt uns keine Zeit mehr zum Umkleiden. Sehen Sie? Juseff winkt uns, wir müssen gleich losfahren.«
»Wir unterhalten uns später weiter«,
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