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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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versprochen hatte. Durch die Ventilatoren sah die Wolke eher aus wie ein waberndes Knäuel Glaswolle, deren Ausläufer in der heißen Luft bedrohlich züngelten, um sich dann zu verflüchtigten.
    Eine nach der anderen traten Sharons Schwestern aus dem Nebel heraus. Jede von ihnen trug das gleiche neongrüne Knittersamtkleid mit Puffärmeln und bauschiger Zierschleife an der Taille. Nur jemand wie Veronica konnte auf die irrwitzige Idee kommen, diese reizlosen jungen Frauen auch noch in solch scheußliche Ungeheuerlichkeiten zu stecken.
    Als sie die Brautjungfern den Gang entlangtrampeln sah, dachte Clarice: Ich kann nicht die Einzige sein, die bei diesem Anblick an Gorillas im Nebel denken muss.
    Den Brautjungfern folgte das Blumenmädchen, Veronicas neunjährige Enkelin Latricia. Veronica hatte Latricia ausgewählt, weil sie die Hübscheste unter ihren drei Enkelinnen war und folglich ihr Liebling. Clarice hatte so diplomatisch wie möglich versucht, Veronica von dieser Entscheidung abzubringen. Latricia war zwar unbestritten ein niedliches Mädchen, aber niemand würde behaupten, sie verfüge auch nur über einen Funken Intelligenz. Latricias Blumenmädchen-Technik erschöpfte sich also darin, ein paar hastige Schritte zu machen und dann abrupt stehenzubleiben. Jedes Mal wenn sie stoppte, vergrub sie ihre Hand tief in dem mit grünem Toile-de-Jouy bezogenen Weidenkorb, den sie trug. Sie nahm eine Handvoll grüner Nelkenblüten heraus und schleuderte sie so kraftvoll sie konnte mitten in die Gesichter der Gäste, die gerade das Pech hatten, ihr am nächsten zu sitzen. Das machte sie so lange, bis ihre Mutter, die außerdem als Trauzeugin der Braut fungierte, brüllte: »Hör auf, Latricia! Sofort!« Daraufhin brachte Latricia ihren Gang in einem gleichmäßigen Tempo zu Ende. Aber auf dem Weg starrte sie die Hochzeitsgäste wütend an und stopfte sich Blütenblätter in den Mund.
    »Dieses Kind ist aber nicht gerade helle«, stellte Odette sachlich fest.
    Eine Trompetenfanfare ertönte, und Reverend Briggs hob den Arm, um den Gästen zu signalisieren, dass sie sich nun für den Einzug der Braut erheben sollten.
    Sharon tauchte am Arm ihres Vaters aus der rosa Wolke auf. Ihr Erscheinen wurde begleitet von den Ahs und Ohs der Gäste.
    »Meine Güte, sie ist so dünn, dass ich sie gar nicht erkannt hätte! Sie sieht ja hinreißend aus«, sagte Barbara Jean.
    Es stimmte. Sharon sah traumhaft aus. Mit Hilfe ihres Hypnotiseurs hatte Sharon fünfzig Pfund in nur ein paar Monaten verloren. Das Kleid, das ihre Mutter einige Nummern zu klein gekauft hatte, saß nun perfekt. Obwohl Clarice im Zuge ihres neuen Lebens auch den Diäten für immer abgeschworen hatte, ertappte sie sich bei dem Gedanken, dass sie Veronica, sobald sie wieder miteinander sprachen, nach der Telefonnummer dieses Hypnotiseurs fragen müsse.
    Als sich die Türen hinter Sharon und ihrem Vater wieder schlossen, endete die Fanfare, und eine schmalzige Melodie setzte ein. Nachdem sie ein paar Schritte aus der rosa Wolke herausgetreten war, hob Sharon ihren Brautstrauß ans verschleierte Gesicht und fing an »We’ve Only Just Begun« in das Mikrofon zu singen, das zwischen den Blumen versteckt war.
    Der Song war ganz klar auf Veronicas Mist gewachsen, da war sich Clarice sicher. Eine junge Frau in Sharons Alter hätte sich nie ausgesucht, auf ihrer Hochzeit so einen alten Carpenters-Titel zu singen, der lange vor ihrer Geburt populär gewesen war. Und natürlich sang ihn Sharon auch nicht so, als wäre er ihr persönlicher Favorit. Überall im Garten wanden sich die Leute auf ihren Stühlen und verzogen die Gesichter angesichts ihrer Stimme. Die frisch erschlankte Sharon mochte in ihrem elfenbeinfarbenen, figurbetonten Kleid zwar aussehen wie ein Engel, aber sie sang wie ein kreischender Dämon, der gerade erst aus den finstersten Tiefen der Hölle entlassen wurde. Clarice dachte: Warum nur hat Veronica Sharon zu der Hypnose nicht auch noch ein paar Gesangsstunden spendiert?
    Wie aufs Stichwort flatterten ein Dutzend weiße Tauben aus einem Käfig, der hinter dem speienden Fischspringbrunnen versteckt war, als Sharon gerade A kiss for luck and we’re on our way heulte. Dann, in etwa drei Metern Höhe, bildeten die Tauben einen Kreis und flogen in Formation entsprechend der gepfiffenen Kommandos des Vogeltrainers, der hinter einer der größeren pseudo-römischen Säulen kauerte. Der Effekt war beeindruckend genug, um sporadischen Applaus zu ernten.
    Leider

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