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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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bis Clarice dem »Unitarierkult«, dem sie beigetreten war, abschwor, hatten seit Wochen kein Wort mehr gewechselt. Das war einem weiteren Streit über theologische Fragen geschuldet. Allem Anschein nach hatte es Glory gutgetan, nicht mehr mit Beatrice zu sprechen. Daraus sollte man, dachte Clarice, so seine Lehren ziehen.
    Nach Glory stolzierte Minnie McIntyre den Mittelgang entlang. Getreu der Farbvorgaben der Hochzeitsfeier trug sie einen leuchtend gelbgrünen Anzug. Es war das erste Mal seit Monaten, dass man sie in etwas anderem als ihrer Wahrsagerkluft zu Gesicht bekam. Sie schritt gemessen und ohne Begleitung über den Ziegelsteinweg zu ihrem Platz in der ersten Reihe. Auf dem Weg dorthin würdigte sie ihre Bekannten aus der Menge mit einem leichten Kopfnicken. Doch jedes Mal, wenn sie das Haupt neigte, runzelte sie unwillig die Stirn. Allen Zuschauern war klar, dass diese unverwechselbare Bewegung ohne Turban und Glöckchen nicht zu ihrer Zufriedenheit gereichte.
    Als Nächstes traten die Eltern des Bräutigams, Ramsey und Florence Abrams, auf. Ramsey grinste, als wäre er der Star einer Zahnpastawerbung. Florence lächelte ebenfalls, auch wenn man das bei ihr nie so genau erkennen konnte. Über die Jahre hatten sich ihre Gesichtszüge zu einer Miene verzerrt, die eher darauf schließen ließ, sie hätte gerade etwas Unangenehmes gerochen, als auf den Ausdruck von Freude. Die Muskeln, die fürs Lächeln zuständig waren, waren schon vor langer Zeit verkümmert. Dennoch erschien ihr übliches gequältes Grinsen an diesem Tag weniger leidvoll als sonst.
    Direkt nachdem Ramsey und Florence Platz genommen hatten, wechselte die Musik zu Händels Die Ankunft der Königin von Saba , was Clarices Vorschlag für den Auftritt der Braut gewesen war. Doch es erschien: Veronica.
    Clarice musste zugeben, dass Veronica hübsch aussah. Grün mochte zwar bisher niemandem sonst aus der Hochzeitsgesellschaft vorteilhaft zu Gesichte stehen, aber an ihr sah es gut aus. Veronica lächelte, winkte und formte hier und da mit den Lippen ein an einzelne Gäste gerichtetes Hallo, während sie mit ihren abgehackten, hastigen Schritten den Weg durch die Menge zurücklegte. Als sie an Clarice vorbeikam, trug sie das Kinn demonstrativ hoch. Damit wollte sie ihre Cousine daran erinnern, dass sie den Zusammenstoß auf ihrer Terrasse nicht vergessen hatte.
    Doch als sie beinahe ihren Platz erreicht hatte, wurde Veronicas eindrucksvoller Aufmarsch jäh ruiniert. Florence Abrams fing an zu schreien und hastete panisch vor dem Hochzeitsbogen hin und her. Zuerst konnte niemand verstehen, was sie kreischte. Doch der Grund der ganzen Aufregung wurde offensichtlich, als Florence an Reverend Briggs vorbeirannte, der mit einem Ansteckmikrofon ausgestattet war. Sie schrie: »Ich wurde gestochen. Ich wurde gestochen!«, und hielt sich den Unterarm, wo sie gerade von einer Biene gestochen worden war. Ein paar Sekunden später lag Florence, noch immer schreiend, auf dem Boden. Es war wirklich beängstigend, denn jeder, der Florence kannte, wusste, dass sie auf Bienen extrem allergisch reagierte.
    Sofort holte Ramsey die Allergiker-Fertigspritze aus ihrer Handtasche und verabreichte ihr einen Schuss Adrenalin, damit Florence nicht vor dreihundert Hochzeitsgästen an ihrer eigenen Zunge erstickte. Nachdem er sich um seine Frau gekümmert hatte, ging er hinüber zu Reverend Briggs. Er rief ins Kragenmikro des Pastors, dass sie das schon oft erlebt hätten und dass es Florence gleich wieder gutgehen werde. Doch Florence blieb noch eine Weile am Boden liegen, bis die Injektion ihre Wirkung zeigte. Alles, was die anderen Gäste von ihr sehen konnten, waren ihre Füße, die hinter einem Beet aus himmelblauen Flammenblumen hervorragten.
    Odette beugte sich an Clarice vorbei, die den Platz am Mittelgang hatte, um bessere Sicht zu bekommen. Wie immer gefeit vor jeglicher Art von Hysterie sagte sie: »Aber ihre Schuhe gefallen mir.«
    Beifall entbrannte, als Florence vom Boden hochgezogen und wieder auf ihren Stuhl verfrachtet wurde. Dann nahmen auch der Pastor, der Bräutigam und die Trauzeugen wieder ihre Plätze ein, und die Lautsprecher erwachten zu neuem Leben. Ein Trommelwirbel ertönte.
    Die Türen gingen auf, und plötzlich wurde der Blumenduft von Lavendelgeruch übertrumpft. Aus der Tür kam eine rosa Wolke. Sie entsprach nicht ganz dem runden, wattebauschartigen Gebilde, das die Broschüre, in der das Wolke-Neun-Hochzeitspaket beworben worden war,

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