Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)
Gegenstand gestochen worden, und jammerte über seinen verlorenen Sohn. Vater Nummer vier legte den Arm um seinen neuen Freund und fasste dann ihrer beider Gefühle Loretta gegenüber in Worte. Er beugte sich vor und hob zu einer sehr lauten und ziemlich kreativen Schimpfworttirade an. Die anderen Gäste des Lokals schauten zu ihnen herüber und fragten sich, was der Aufruhr zu bedeuten hatte.
Loretta war der festen Überzeugung, dass sich eine kluge Frau bei Tageslicht immer wie eine Dame zu benehmen hatte, ganz gleich, was sie nach Sonnenuntergang tat. Diese Situation, mit einem Vater, der sich die Augen ausheulte, und dem anderen, der die Grenzen seines Vokabulars ausreizte, entsprach genau den Umständen, für die man von der respektablen Gesellschaft geächtet wurde. Also von der Sorte von Leuten, mit denen sie ihre Zeit zu verbringen plante, sobald sie ihr Kind in der Universitätsklinik zur Welt gebracht und damit ihren sozialen Status verbessert hatte. Loretta eilte aus der Nische und sagte für alle, die zuhören mochten: »Ich sehe, dass ihr beide nicht beabsichtigt, euch wie Gentlemen zu benehmen. Ich werde nicht hierbleiben und riskieren, aufgrund eures groben Verhaltens mir gegenüber noch die Fassung zu verlieren.« Was sie sich selbst jedoch sagte, war: »Scheiß drauf. Ich hab immer noch Vater Nummer eins und Vater Nummer drei.«
Sie machte sich auf den Weg zu Forrest Paynes Laden, um ihm die Meinung zu geigen, und war bereits auf halbem Wege, als ihre Fruchtblase platzte. Sie steuerte zielstrebig auf das gepflegteste Haus der Straße zu, da sie dachte, dass seine Besitzer wahrscheinlich ein Telefon hätten – was in den 1950er Jahren nichts Selbstverständliches war. Der schön gestaltete Ziegelbungalow, den sie sich ausgesucht hatte, gehörte Mrs Carmel Handy, einer Lehrerin, die Loretta gekannt hätte, wenn sie nicht in der sechsten Klasse von der Schule abgegangen wäre. Miss Carmel reagierte schließlich auf das beharrliche Klopfen und fand sich mit einer sehr attraktiven, hochschwangeren jungen Frau konfrontiert, die sich am Türpfosten abstützen musste.
Unterbrochen von Lauten des Unwohlseins sagte das Mädchen auf ihrer Schwelle: »Guten Tag. Mein Name ist Loretta Perdue, ich habe Ihren Vorgarten bewundert und mir gesagt, dass wer auch immer hier wohnt, eine Person sein muss, die Klasse hat und sicher auch ein Telefon. Ich für meinen Teil besitze ein Telefon, aber ich bin weit entfernt von meinem Zuhause und fühle mich gerade nicht wohl. Wenn Sie nichts dagegen hätten, könnten Sie bitte meinen Bekannten Mr Forrest Payne in seinem Geschäft anrufen und ihm sagen, er möchte mich abholen und in die Universitätsklinik fahren, wo ich mein Kind zur Welt zu bringen gedenke wie die vermögenden Leute auch. Das ist wirklich das mindeste, was Forrest für mich tun kann, denn meine Situation ist allein seine Schuld.«
Da sie gerade dabei gewesen war, ihr Haar zu glätten, und sie nicht an der offenen Tür herumstehen wollte, wo sie jeder Passant mit halb gemachten Haaren sehen konnte, erlaubte Carmel Handy Loretta, in ihr Haus zu kommen. Bemüht, sie nicht mit dem noch rauchenden Glätteisen zu verbrennen, half sie ihr hinein. In ihrer Diele angekommen hörte Miss Carmel höflich zu, als Loretta ihr Forrest Paynes Telefonnummer aufsagte, und fand es die ganze Zeit über sehr amüsant, dass das Mädchen so bemüht war Forrest als etwas anderes erscheinen zu lassen als den Zuhälter, der er, wie jeder in Plainview wusste, war.
Miss Carmel führte Loretta zu ihrem Wohnzimmersofa, damit sie sich ausruhen konnte, während sie den Anruf tätigte. Doch anstatt Forrest Payne zu verständigen – sie hatte nicht vor, ihre Nachbarn sehen zu lassen, wie dieser Mann bei ihr ein und aus ging, nein, vielen Dank auch –, rief sie eine Krankenschwester an, die ein Stück die Straße hinunter wohnte.
Diese Krankenschwester holte Barbara Jean direkt dort auf dem Kanapee zur Welt, während Carmel Handy die ersten von Dutzenden von Anrufen an diesem Tag machte, um all ihren Bekannten zu erzählen, was in ihrem Haus geschehen war, und die Vorteile von Plastikschonbezügen für Möbel zu preisen. Der erste Anruf begann folgendermaßen: »Irgendein Mädchen hat gerade mitten in meinem Wohnzimmer eines von Forrest Paynes Bastarden geworfen.« Und damit brachte sie ein Gerücht in Umlauf, das Barbara Jean ihr Leben lang verfolgen würde.
Das Kind bekam den Namen Barbara Jean: Barbara für die Mutter von Vater
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