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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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Straßenseite hinüber. James und Little Earl kamen gerade erst vor Big Earls Haus an. Sie stürmten die Eingangstreppe hinauf und direkt an Mama vorbei, die neben der Hollywoodschaukel stand. Big Earl und Thelma McIntyre saßen auf der Schaukel und hielten sich bei der Hand, während Miss Thelmas Kopf auf der Schulter ihres Mannes ruhte. An Mamas vertrauten Gesten konnte ich erkenne, dass sie gerade einen ihrer Witze erzählte. Ich hatte diese Bewegungen schon hunderte Male gesehen. Ich wusste sogar, welchen Witz sie erzählte und dass sie gerade zur Pointe kam. Wie aufs Stichwort krümmten sich Big Earl und Miss Thelma vor Lachen, stampften mit den Füßen auf die gestrichenen Verandabohlen und lehnten sich auf der Schaukel aneinander. Selbst aus dieser Entfernung konnte ich sehen, wie sich die Sonne in den Tränen spiegelte, die über Big Earls grinsendes Gesicht liefen.

6
    Erma Mae weinte sich an Barbara Jeans Schulter aus, während eine Schar von Freunden sie umringte und Worte der Anteilnahme und des Beistands murmelte. Barbara Jean spürte, wie ihr eine Hand über den Rücken strich. Sie wandte den Kopf und sah Carmel Handy hinter sich stehen, geschrumpft und knochendürr in ihrem besten Sonntagskleid. Barbara Jean wusste, was Miss Carmel gleich sagen würde, also hielt sie den Atem an und machte sich darauf gefasst. Miss Carmel enttäuschte sie nicht. Mit ihrer quietschigen, fedrigen Stimme sagte sie: »Liebchen, wusstest du, dass du auf meinem Kanapee geboren wurdest?«
    Barbara Jeans Mutter, Loretta Perdue, war betrunken, als sie auf dem Wohnzimmersofa von Miss Carmel entband, einer Frau, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Ihre Freunde hatten an jenem Tag in Forrest Paynes Laden, wo sie als Tänzerin arbeitete, eine Babyparty für sie geschmissen. Sie hatte Barbara Jean oft erzählt, dass sie immer nur Whiskey Sours getrunken habe, als sie guter Hoffnung war, da schließlich jeder wisse, dass Biertrinken während der Schwangerschaft das Kind krausköpfig mache. »Siehst du, Herzchen«, sagte sie, »deine Mutter hat sich immer gut um dich gekümmert.«
    Loretta hatte den Plan gefasst ihrer Tochter – und sich selbst – auf der sozialen Leiter nach oben zu verhelfen. Nachdem sie die Nachricht von Clarices Geburt in der Zeitung gelesen und mitbekommen hatte, dass die Leute die ganze Zeit darüber redeten, beschloss sie, dass ihr Kind das zweite schwarze Baby sein sollte, dass im Universitätskrankenhaus geboren werden würde. Clarices Mutter war schließlich bloß die Frau eines zwielichtigen Anwalts, also auch nichts Besseres als sie selbst, befand Loretta. Nun, da die Rassenschranken gefallen waren, würde sie einfach im Krankenhaus auftauchen, wenn die erste Wehe einsetzte, und ihren rechtmäßigen Platz unter den Leuten einer besseren Gesellschaft einnehmen. Doch wie die meisten von Lorettas Plänen, ging auch dieser nicht auf.
    Die Dinge liefen für Barbara Jeans Mutter aus dem Ruder, als der Mann, mit dem sie sich an jenem Abend verabredet hatte, eine Überraschung für sie parat hielt. Sie hatte ihm fünf Monate zuvor eröffnet, dass er Vater werden würde, und er schien erfreut gewesen zu sein. Oder vielmehr war er froh darüber, dass Loretta es seiner Frau nicht sagen wollte. Sie erklärte sich einverstanden damit, bloß eine geringe monatliche Zahlung als Gegenleistung für ihre Diskretion zu erhalten. Das gleiche Arrangement kam auch den anderen drei Männern gelegen, die Loretta darüber informiert hatte, dass sie die Väter ihres ungeborenen Kindes seien.
    Loretta hatte, im Anschluss an die Babyparty, ein Treffen mit Vater Nummer vier (der Reihenfolge nach, in der sie ihn über ihre Schwangerschaft informiert hatte) in einem verschwiegenen Straßenlokal in Leaning Tree vereinbart. In diesem Lokal wollte sie ihn daran erinnern, wie rücksichtsvoll sie doch war. Und dann, wenn er erst genug Dankbarkeit dafür empfände, dass sie so fair spielte, würde sie ganz nebenbei erwähnen, wie viel leichter ein neuer Chevrolet das Leben für sie und das Baby machen würde. Wenn sie es richtig anstellte, hätte sie bei Sonnenaufgang ein neues Auto, und er würde zu seiner Frau und der Familie in Louisville zurückfahren und Gott dafür danken, dass er eine so vernünftige Frau geschwängert hatte.
    Sie nahm in einer Nische des Restaurants Platz, trank einen Kaffee, um von ihrem Whiskey-Sour-Schwips herunterzukommen, und wartete auf Vater Nummer vier. Als er jedoch mit Vater Nummer zwei durch die Tür

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