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Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition)

Titel: Mrs Roosevelt und das Wunder von Earl’s Diner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Kelsey Moore
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zwanzig Jahren geschenkt, nachdem er ihr etwas besonders Schmachvolles angetan hatte, dessen Hintergründe Clarice jedoch nie erfuhr. In ihren Händen, die in roten ledernen Handschuhen steckten, hielt Beatrice ein Megaphon. Sie brüllte: »Du bist ein Kind Gottes. Halte inne in deinem Tun. Dein sündiger Lebenswandel wird das Tosen des Höllenfeuers über dich bringen. Wende dich zum Herrn, und du wirst gerettet werden.«
    Clarice hatte die Bergpredigt ihrer Mutter schon dutzende Male gehört. Sie begann immer gleich. Dann folgte ein Bibelvers. Als Clarice sich ihr auf dem Hügel näherte, posaunte ihre Mutter gerade Römer 8:13 heraus: »Denn wenn ihr nach dem Fleisch lebt, so werdet ihr sterben, wenn ihr aber durch den Geist die Handlungen des Leibes tötet, so werdet ihr leben.« Beatrice hatten es besonders die Unheil verkündenden Bibelsprüche angetan.
    Zur ersten Megafonpredigt von Clarices Mutter vor dem Pinken Pantoffel kam es während eines Besuchs in der Heimat, kurz nachdem sie nach dem Tod ihres Mannes weggezogen war. Clarice wartete zu Hause auf die Ankunft ihrer Mutter. Gespannte Erwartung war gerade in Sorge umgeschlagen, die sie dazu veranlasst hatte, sich am Fenster zu postieren, um nach dem Mietwagen ihrer Mutter Ausschau zu halten, als das Telefon klingelte. Forrest Payne, der Zuhälter mit der schönen Stimme, teilte ihr mit, dass ihre Mutter sich mit einem Megafon vor seinem Etablissement befinde. Sie hatte es nicht glauben wollen, bis er das Telefon nach draußen trug, und sie hörte, wie eindeutig die verstärkte Stimme ihrer Mutter Ankündigungen der Verdammnis krächzte.
    Mr Payne sagte: »Clarice, aus Respekt vor der Tatsache, dass dein Vater, Gott hab ihn selig, so viele Jahre mein Anwalt war, rufe ich dich an und nicht die Polizei.« Clarice jedoch hegte den Verdacht, dass es in Wahrheit aus Respekt davor geschah, dass ihr Vater, Abraham Jordan, so viel Geld im Pinken Pantoffel gelassen hatte, dass Forrest Payne ihm zu Ehren eigentlich einen Raum oder zumindest eine Stripperstange nach ihm hätte benennen müssen.
    Nachdem Clarice ihre Mutter beim ersten Mal davon hatte überzeugen können, ihre Predigt zu beenden, und sie nach Hause geschafft hatte, eröffnete Beatrice ihrer Tochter, dass sie nun endlich so weit war, die Untreue ihres verstorbenen Ehemanns offen anzuerkennen. Aber Clarice merkte schnell, dass sie bloß zu einer neuen Art der Verleugnung übergegangen war. Sie weigerte sich noch immer, Abraham für sein Fehlverhalten verantwortlich zu machen. Stattdessen schob sie seine Betrügereien auf die leichten Mädchen und die schlecht gewählten Freunde, die ihn, wie sie glaubte, auf den Pfad der Sünden geführt hatten. Also konzentrierte sie ihren gerechten Zorn auf Forrest Payne und seine kleine Lasterhöhle am Rande der Stadt.
    Ein- oder zweimal im Jahr schaute Clarices Mutter, der Inbegriff alles Damenhaften und Anständigen, seither bei Forrest Paynes Herrenclub vorbei, bewaffnet mit ihrem Megafon und einem unstillbaren Durst nach Rache. Es ist doch erschreckend, dachte Clarice, was die Ehe mit einer Frau machen kann.
    Was die ganze Situation noch schlimmer machte: Beatrice erkannte Clarice zuerst gar nicht. Als sie sah, dass Clarice auf sie zukam, statt in den Club zu gehen, hielt sie ihre Tochter zunächst für eine frisch Bekehrte. Sie richtete das Megafon auf Clarice und sagte: »So ist es gut, Schwester, wende dieser Heimstatt des Bösen den Rücken zu, und höre das Wort Gottes.« Als sie schließlich sah, dass es Clarice war, sagte Beatrice ohne Megafon: »Hallo, Herzchen, ich nehme an, er hat dich wieder angerufen.«
    Clarice nickte.
    »Tja, ich wollte hier sowieso gerade aufhören.« Aber sie war noch nicht ganz fertig. Just in diesem Moment bog ein LKW auf den Parkplatz ein, und der Fahrer, ein korpulenter, bärtiger Mann mit Cowboyhut, der sich bewegte, als habe er bereits ein paar Drinks intus, ging schwankend auf die fuchsiafarbene Eingangstür des Clubs zu. Beatrice erhob wieder ihr Megafon und quäkte: »Du bist ein Kind Gottes. Halte inne in deinem Tun. Dein sündiger Lebenswandel wird das Tosen des Höllenfeuers über dich bringen. Wende dich zum Herrn, und du wirst gerettet werden.« Als der Mann dennoch im Pinken Pantoffel verschwand, klemmte sie sich ihr Megafon unter den Arm und stieg von ihrem Hügel herab.
    Sie blieb direkt vor Clarice stehen und musterte sie kritisch von oben bis unten. Clarice trug einen grauen Daunenparka und Winterstiefel, die sie

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