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Mucksmäuschentot

Mucksmäuschentot

Titel: Mucksmäuschentot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Reece
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sagte Mum.
    »Welchen meinst du?«
    »Du hast gesagt:
Ich habe ihn höchstens mit dem Hinterteil angestoßen.
«
    Ich hatte völlig vergessen, dass ich das gesagt hatte, und brach in hysterisches Gelächter aus. Mum und ich schrien vor Lachen. Wir lachten und lachten, bis uns die Tränen übers Gesicht liefen. In diesem Augenblick waren die Worte
Ich habe ihn höchstens mit dem Hinterteil angestoßen
das Komischste, was ich jemals gehört hatte.
    Wir redeten so lange, dass wir erst um kurz vor elf die Sachen durchgingen, die wir aus dem Auto mitgenommen hatten. Die Werkzeuge in der Stofftasche sahen wie normale Arbeitsgeräte aus, doch wir vermuteten, dass der Einbrecher sie für andere Zwecke benutzt hatte. In den Taschen eines Anoraks, den Mum ebenfalls aus dem Kofferraum mitgenommen hatte, fanden wir ein Teppichmesser, ein schmutziges Taschentuch, eine zerbröselte Zigarette und eine Kinokarte. Wir blätterten den Straßenatlas durch, doch es war nirgendwo etwas markiert, nur einige Telefonnummern waren auf der Innenseite des Umschlags notiert. Wie ich schon vermutet hatte, war der Notizblock mit mathematischen Berechnungen gefüllt. Mum lehnte sich zurück und ging sie durch.
    »Das hat mit Drogen zu tun. Viertel, Achtel, Sechzehntel. Er war nicht nur süchtig, er hat wohl auch damit gehandelt. Kein großer Verlust für die menschliche Gesellschaft.«
    Dann wurde sie nachdenklich. Sie setzte sich mühsam auf, und ich merkte, dass sie ziemlich betrunken war.
    »Shelley, wir könnten wirklich Glück haben.«
    »Wie meinst du das?«
    »Denk doch mal nach. Die Leitung des
Farmer’s Harvest
wird der Polizei den abgestellten Wagen melden. Die Polizei wird versuchen, den Fahrer zu kontaktieren – natürlich vergeblich –, und den Wagen beschlagnahmen. Sie durchsuchen ihn und finden die Drogen.«
    Ich war mir nicht sicher, warum uns das helfen sollte. Sie bemerkte meine Verwirrung.
    »Nun ja, wie gründlich wird die Polizei wohl nach einem vermissten Dealer suchen? Werden sie sich ebenso anstrengen, wie wenn ein kleines Kind verschwunden wäre? Ich könnte mir vorstellen, dass ständig Dealer verschwinden. Sie tauchen einfach unter, sobald die Polizei ihnen auf den Fersen ist.«
    »Und wenn sie nun glauben, er sei –
ermordet
worden?« Das Wort wollte mir nicht so leicht über die Lippen.
    »Dann werden sie wohl eher andere Dealer verdächtigen, oder? Warum denn uns? Nichts im Wagen könnte sie zu uns führen, und der Wagen ist ihr einziger Anhaltspunkt.«
    »Aber was ist mit dem Geländewagen-Typen? Er hat gesehen, wie wir ausgestiegen sind. Nach der Sache mit der Alarmanlage und allem wird er uns so schnell nicht vergessen. Er hat mich ziemlich genau angesehen. Er wird sich bestimmt an mich erinnern.«
(Er wird sich an meine Narben erinnern.)
    »Du verstehst mich nicht, Shelley. Ich glaube, dass die Polizei sich keine große Mühe bei der Suche geben wird. Sie haben seine Drogen sichergestellt. Er würde doch alles daransetzen, dass ihn die Polizei nicht findet.«
    »Aber
irgendjemand
wird nach ihm suchen, Mum. Ihn als vermisst melden.«
    (Wieder hörte ich die acht fröhlichen Noten, die furchtbare Musik, die selbst die Toten noch spielen konnten.)
    »Schön«, sagte Mum, die sich sichtlich für das Thema erwärmte, »sagen wir mal, die Polizei geht davon aus, dass er nicht einfach aus der Stadt verschwunden ist, sondern tatsächlich vermisst wird. Im schlimmsten Fall liest der Geländewagen-Typ in der Zeitung von einem Wagen, der auf dem Parkplatz des
Farmer’s Harvest
abgestellt wurde, und erinnert sich daran, dass wir beide ausgestiegen sind. Glaubst du wirklich, dass ausgerechnet er der Polizei bei ihren Ermittlungen hilft?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Ich meine, du hast ihn doch gesehen. Du hast selbst gesagt, er sähe aus wie ein Gangster, und damit liegst du vermutlich nicht so falsch. Ich kenne diese Leute, Shelley, seit zwei Jahren sind sie meine Mandanten. Die gehen wegen gar nichts zur Polizei. Basta.«
    Ein schwaches Fundament, auf das Mum große Zuversicht gründete, und ich fragte mich, ob der Wein dazu beigetragen hatte.
    Mum warf den Notizblock zu den anderen Sachen, beugte sich vor und streichelte meine Hand.
    »Alles wird gut, Shelley.« Sie lächelte. »Ich glaube, wir kommen damit durch.«
    Ich zuckte unwillkürlich zusammen. Sicher, es war Aberglaube, und ich hatte auch die Angewohnheit, immer mit dem Schlimmsten zu rechnen, doch dieses Gerede behagte mir nicht. Es schien eine

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