Muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen - Zum Glueck bin ich keins
Das Schnitzel war wie der Gewinn der Meisterschaft in der D-Jugend – nur viel besser. Mein Kumpel Holger war immer leicht genervt, denn er wusste, dass wir zu spät zum Training kommen würden. Ich konnte dem Schnitzel nicht widerstehen. Wenn er schlau gewesen wäre, dann wäre er ohne mich gegangen. Trotz vollem Magen war ich auf dem Platz immer noch besser als er, sodass er selbst beim Trainingsspiel draußen sitzen musste. Wohlgemerkt: beim Trainingsspiel.
Ich kann einem Schnitzel einfach nicht widerstehen. Es ist gold, und es glitzert. Ich finde, das Wiener Schnitzel ist durchaus in der Lage, es mit dem Goldrausch in Amerika im 19. Jahrhundert aufzunehmen. Es glitzert und funkelt, und wenn man einmal reinstes feinstes Wiener Schnitzel gefunden hat, dann kommt man nicht mehr davon los – dann ist jede Speisekarte überflüssig. Dann wird alles reduziert auf eine Entscheidung: Schmeckt es oder schmeckt es nicht. Andere Speisen werden nebensächlich. Sagen wir es anders – ich kenn sie nicht einmal.
Schnitzel waren immer meine geheime Leidenschaft. Schnitzellokale und zu vergebende Schnitzelnoten waren das Wichtigste in meinem Kopf. Es fehlte mir bloß jemand, der dieses Hobby mit mir teilte. Ich esse als Hauptmahlzeit eigentlich nur Schnitzel. Aber ich variiere immerhin zwischen »Wiener Schnitzel« und »Schnitzel Wiener Art«. Ich will ja weder am Aussterben der Schweine noch der Kälber schuld sein. So verteil ich das Risiko.
Es gibt ja viele Schnitzeljunkies, aber die verzehren das Schnitzel um des Schnitzels willen. Die wirkliche Kultur eines Schnitzels erahnen sie gar nicht. Sie wissen nicht mal, dass die Beziehung zu einem Schnitzel inniger und in tensiver sein kann als die zu der Frau, der Geliebten, der Bett geschichte. Ein Schnitzel, das kann alles auf einmal sein: Sinn des Lebens, Orgasmus und Hochschulabschluss zugleich. Wie sinnlos ist das Leben, wenn man niemanden hat, mit dem man diese Gedanken teilen kann? Doch seit 10 Jahren nun arbeite ich mit einem Autor zusammen, der teilt diese Leidenschaft. Er ist fast schnitzelverrückter und schnitzel verfressener, als ich es je sein werde. Aber daher auch ein aus gewiesener Schnitzelexperte. Er futtert mehr Schnitzel auf der Welt als ich. Insofern bin ich eigentlich nur die Nummer 2. Für ihn existieren Speisekarten gar nicht mehr. In die Hand nimmt er sie auch erst, seitdem er mit dem Rauchen aufgehört hat. Und dann nur, um etwas in der Hand zu halten. Was er wählt, ist von vorneherein klar. Bei mir auch – wenn ich mit ihm essen gehe. Aber wehe, das Schnitzel schmeckt nicht, dann kann aus einem sonst ganz netten Menschen ein Biest werden. Seine Laune hängt extrem vom Geschmack des Schnitzels ab. Und heiß sollte es sein. Wehe, es kommt nicht ganz frisch aus der Pfanne auf den Tisch. Dann beginnen seine Gesichtszüge zu entgleiten, und er stellt nur eine Frage: »Do you have that in hot?« Das ist jetzt ein Insider-Gag, aber das darf ich mir in meinem Buch auch mal gönnen.
Es gibt nur einen Laden, bei dem wir uns wortlos einig sind. Ein absoluter Pflichttermin, wenn wir zusammen in Berlin sind. Doch soll ich den hier nennen? Das wäre ja Werbung. Und passen meine Leser in das Restaurant? Ich gehe jetzt mal davon aus, dass sie üblicherweise eher nicht neben Michel Friedman und Angela Merkel dinieren. Aber eigentlich ist das doch eine geile Idee. Meine Leser schlagen auf der Suche nach mir und dem besten Schnitzel Berlins von nun an im Borchardt auf. Ich dachte auch erst, in dem Laden habe ich nichts verloren. Von außen kann man auch nur denken, dass man da nicht hingehört. Ich musste mich auch erst trauen. Aber so schwer ist die Überwindung nicht. Der Service ist unfassbar nett und zuvorkommend, und das Schnitzel ein Traum. Hier speisen Normalos neben hohen Politikern und Topstars der Unterhaltungsbranche. Alles ist ganz relaxed und sehr großstädtisch. Und ich muss es noch mal sagen, das Schnitzel ist der absolute Oberhammer. Das beste in ganz Deutschland. Die paar Euro mehr lohnen sich allemal, denn günstig ist es leider nicht.
Aber zurück zu den »Schlag den Raab«-Samstagen. Da spar ich mir das Geld, das ich in Berlin verfuttere, dann wieder, denn bei einer so besonderen Show gibt es natürlich auch lecker Essen. Und das ist umsonst. Auch deswegen mag ich diese Wochenenden, wenn »Schlag den Raab« auf der Tagesordnung steht. Da verwöhne ich meinen Magen. Oder verwöhnt man seinen Gaumen? Oder beides? Egal.
An diesen Samstagen in
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