Mueller, Carin
immer noch im Büro, aber am Wochenende werden sie bestimmt niemanden auftreiben. Am Ende werden sie wohl selbst versuchen, die Kissen und Vorhänge zu nähen. Antonella haben sie jedenfalls nichts gesagt.«
»Aber da könnte sich doch Kathi nützlich machen!«, rief Rosi vom Herd aus. Offensichtlich war sie die ganze Zeit auf Empfang geblieben. »Du brauchst gar nicht so zu schauen«, tadelte sie ihren Enkel, »sie hat vorhin dieses Kleid und einen Rock geändert. Da sind so ein paar Vorhänge ein Klacks für sie.«
»Könntest du das wirklich?«, fragte er ungläubig.
»Klar, ich kann mir die Sachen ja mal ansehen. Wenn es tatsächlich nur Vorhänge und Kissenbezüge sind, wird es schon nicht so schwierig sein.«
»Dann sag ich gleich den Kids Bescheid, dass sie das ganze Material ins Loft schaffen. Die werden überglücklich sein! Und wer weiß, wenn du deine Sache gut machst, muss dir Hugo’s Affairs am Ende einen Job anbieten.« Er strahlte sie an. »Ist fürs Erste vielleicht besser, als gleich zu heiraten …«
KAPITEL 7
Eierdiebe
K atia, Telefon!«, rief Jenny quer durchs Loft. Am anderen Ende des großen Raums saß Katia an ihrem improvisierten Schneidertisch und nähte Kissenbezüge. Sie stand auf und ging zu Jennys Schreibtisch. Wer das wohl war? Es wusste doch keiner, dass sie seit gut vier Wochen bei Hugo’s Affairs arbeitete – bisher noch als Aushilfe für die verletzte Näherin, aber ehrlich gesagt hoffte sie auf einen richtigen Job. Denn der Umgang mit den wunderschönen Stoffen machte ihr enorm viel Spaß, und sie sprühte nur so vor Ideen. Fragend sah sie Jenny an, die ihr mit den knappen Worten »Ein Damos oder so für dich!« den Hörer reichte und anschließend interessiert zuhörte.
»Damianos? – Was willst du? – Woher hast du überhaupt diese Nummer? – Das hatten wir doch schon geklärt. – Und daran hat sich auch nichts geändert! – Ruf hier nicht wieder an, verstanden?« Katia legte auf und atmete tief durch.
»Probleme?« Jenny hatte ein boshaftes kleines Lächeln in den Mundwinkeln. Es war ihr ein Riesendorn im Auge, dass Katia sich jetzt offenbar hier bei Hugo’s Affairs einnistete. Sie hielt sie exakt für die Schwarze Witwe, als die sie in der Presse dargestellt wurde. Erst letzte Woche hatte sie gelesen, wie Annalena die Asche von Katias Mann im Meer verstreut hatte. Das war so was von romantisch gewesen … Aber am meisten ging ihr auf die Nerven, dass nicht nur Giovanni einen Riesentanz um Katia machte, sondern inzwischen sogar Christian die Seiten gewechselt hatte. Erst war er ja auch der Meinung gewesen, dass sie ein berechnendes Biest sei, seit sie aber vor vier Wochen den Stoffauftrag gerettet hatte, fraß er ihr aus der Hand. Heute Morgen hatte er sie sogar gefragt, ob sie ihm ein paar neue Sofakissen nähen könnte. Unfassbar!
Probleme? Die Kleine hatte ja keinen Schimmer, dachte Katia, antwortete jedoch forciert fröhlich: »Nein, nein, alles in Ordnung. Ich mag es nur nicht, wenn ich bei meiner Arbeit unterbrochen werde …«
»Nicht schon wieder!« Antonella hatte nicht weiter auf Katia und Jenny geachtet, sondern intensiv über einem Entwurf gebrütet. Jetzt hatte sie wildes Gebell aus dem Hof hochgeschreckt, dem dramatisches Geheul aus Christians Büro folgte. »Halt die Klappe, Hugo!«, brüllte sie »Und hör auf, an der Tür zu kratzen!!« Sie sah aus dem Fenster. Im Hof rannte aufgeregt bellend ein roter Setter hin und her. Giovanni versuchte – erfolglos – das Tier zu verscheuchen. »So geht das echt nicht weiter«, sagte sie genervt in Richtung Katia.
»Was soll ich denn machen?« Katia zuckte mit den Schultern und deutete vage auf Olga, die Ursache des Tumults. Die Hündin war gerade heiß und versetzte die Rüden der Umgebung seit etwa zehn Tagen in schlimme Liebesräusche. Aktuell räkelte sie sich aber ganz entspannt mitten im Raum, offensichtlich völlig unbeeindruckt von dem Aufruhr, den sie verursachte. »In einer Woche ist der Zauber vorbei.«
»Ich weiß nicht, ob ich das noch eine Woche durchhalte. Hugo jedenfalls ganz sicher nicht! So viel Temperament hätte ich dem Zwerg gar nicht zugetraut … Ich wollte gestern schon einen Tierarzttermin machen und ihn kastrieren lassen, aber da ist Adrian auf die Barrikaden gegangen. Der Hund müsse unversehrt bleiben, so stehe es im Testament. Blablabla. Das steht da natürlich überhaupt nicht. War nur wieder eine typisch männliche Reaktion: Frau sagt was von ›Eier ab‹, und Mann
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