Mueller, Carin
dreht durch.« Antonella rollte gereizt mit den Augen. »Aber wie auch immer, das kann jedenfalls kein Dauerzustand werden. Dann muss halt Olga sterilisiert werden.«
»Auf gar keinen Fall!«, empörte sich Katia. »Erstens heißt es auch kastriert und würde akut sowieso nicht gehen, und zweitens soll sie doch mal Babys haben …«
»Olga? Babys?« Das Konzept, dass auch Haustiere sich vermehren konnten, war Antonella völlig fremd. Sie hatte sich zwar inzwischen an ihr pelziges Erbe gewöhnt, und Olga mochte sie auch gerne, aber mehr als die beiden musste nun wirklich nicht sein.
»Na ja, sie kommt aus einer tollen Zucht und ist sogar englische Jugendsiegerin geworden.«
»Bitte erzähle mir jetzt nicht, dass du mit dem Tier auf Ausstellungen warst!«
»Natürlich war ich auf Ausstellungen! Das haben alle meine Freundinnen in London mit ihren Zwergpudeln, Jack Russells oder Französischen Bullys gemacht. Die haben über meinen ›ungehobelten Riesenterrier‹ erst dumme Witze gemacht und dann groß geschaut, als wir so erfolgreich waren. Und ich hätte das bestimmt noch ausgeweitet, wenn nicht – du weißt schon – dazwischengekommen wäre. Ich muss mich mal hier beim deutschen Zuchtverband informieren und …« Sie sprach nicht weiter, weil Antonella sich die Ohren zuhielt.
»Gnade!!! Bitte keine weiteren Tieranekdoten-Hundeausstellungs-Zuchtschönheiten-Welpenplanungs-Geschichten mehr! Dafür habe ich echt keinen Nerv. Gestern hat mich Franziska gefragt, ob sie einen Stall für ihre verwöhnten Meerschweinchen im Hinterhof aufstellen dürfte, damit die Biester an der frischen Luft sind. Vermutlich hat sie keine Lust mehr auf den Mief in der Wohnung.«
»Das hast du ihr doch hoffentlich nicht erlaubt?« Katia riss entsetzt die Augen auf.
»Doch. Warum auch nicht?«
»Es ist dir vielleicht noch nicht aufgefallen, aber Olga ist ein großer Hund mit vielen großen Zähnen und einem ausgeprägten Jagdtrieb. Die wird bestimmt begeistert sein von einem kleinen Nagersnack zwischendurch.«
»So schlimm wird es schon nicht werden«, beschwichtigte sie Antonella. »Dann muss die großartige Airedale-Schönheit halt statt eines weiteren Beautyprogramms einen Benimmkurs absolvieren.«
»Antonella, ich weiß nicht, ob dir das schon mal jemand gesagt hat, aber du hast wirklich überhaupt keine Ahnung von Hunden!«, stöhnte Katia.
»Da magst du Recht haben. Und ehrlich gesagt wünsche ich mir oft, dass Hunde ein Thema wären, mit dem ich mich zurzeit nicht so intensiv beschäftigen müsste. Aber wie es oft ist im Leben: Man bekommt nur selten, was man will. Kommt dir das irgendwie bekannt vor?«
»Ich gebe auf.« Katia winkte ab. »Die große Meisterin hat gesprochen, und das dumme Fußvolk hat sowieso nichts zu melden. Warum wundert mich das überhaupt? Das war doch schon immer so …« Sie drehte sich um und ging an ihren Arbeitsplatz zurück. Ganz so einfach schien das Freundschaftsrevival dann doch nicht zu werden.
»Das ist wieder einmal typisch, wenn dir nichts mehr einfällt, geht’s ab in den Schmollwinkel!«, rief ihr Antonella hinterher.
Jenny hatte den Disput mit wachsender Begeisterung verfolgt. Würde sich am Ende also doch noch alles zum Guten wenden und Katia wieder rausfliegen? Jetzt räusperte sie sich vernehmlich und sah Antonella erwartungsvoll an.
»Was ist?«, blaffte diese zurück.
»Ich wollte nur sagen, dass ich finde, dass du absolut Recht hast. Das mit Olga ist echt eine Zumutung. Vor allem für den armen Hugo. Der leidet wie ein Tier.«
»Was wohl in erster Linie daran liegt, dass er eines ist«, stellte Antonella mürrisch fest. »Übrigens, Jenny, ich finde deine ständigen Versuche, schlechte Stimmung gegen Katia zu machen, ziemlich daneben. Und vor allem nutzlos! Denn sie ist leider um Klassen besser als unsere alte Näherin. Wie es aussieht, werden wir ihr hier wohl ein richtiges Atelier einrichten müssen …« Sie starrte ihre Sekretärin an, die etwas eingeschüchtert wirkte. »Also keine weiteren Intrigen mehr, und den Ausdruck ›Schwarze Witwe‹ will ich auch nicht mehr hören. Ist das klar?«, fügte sie leiser hinzu. Jenny nickte.
»Ein richtiges Atelier?« Katia saß inmitten ihrer Stoffmassen und starrte mit tellergroßen Augen in Richtung Antonella.
»Ich wollte es eigentlich feierlicher machen, aber ihr habt mir ja keine Chance gelassen …« Antonella seufzte melodramatisch, musste sich aber schon wieder ein Lächeln verkneifen. Die Mienen von Jenny und Katia
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